Analyse vom China-Versteher - Harris oder Trump? Für Xi gibt es bei der US-Wahl einen klaren Favoriten

Der chinesische Präsident Xi Jinping in Peking, China.<span class="copyright">Getty Images / Lintao Zhang / Staff</span>
Der chinesische Präsident Xi Jinping in Peking, China.Getty Images / Lintao Zhang / Staff

In den Vereinigten Staaten sind die letzten hundert Tage des Präsidentschaftswahlkampfs angebrochen. Was wäre China wohl lieber: Eine Präsidentin Kamala Harris oder ein Präsident Donald Trump?

Seit Richard Nixon das Verhältnis Washingtons zur Volksrepublik Anfang der 1970er Jahre entspannte, haben zahlreiche weitere US-Präsidenten die Beziehungen zu China geprägt.

Höhen und Tiefen gab es zu jeder Zeit, unabhängig von der parteipolitischen Provenienz der jeweiligen Männer im Weißen Haus. Jetzt stehen die nächsten US-Präsidentschaftswahlen an.

Und es gibt mehrere Gründe, aus denen Chinas Machthaber Xi jinping eher Kamala Harris die Daumen drücken dürfte als Donald Trump.

Aber von vorne: Seitdem Xi im Jahr 2013 in die höchsten Ämter in der kommunistischen Partei und im chinesischen Staat gekommen ist, hat sich das Verhältnis Amerikas zu China maßgeblich verschlechtert.

Ansehen Chinas unter Xi weltweit angeschlagen

Die eklatanten Menschenrechtsverletzungen in Tibet, Xinjiang, der Inneren Mongolei und Hongkong sowie die ständigen Kriegsgebärden gegen die asiatischen Nachbarn, die Xi zu verantworten hat, haben das Ansehen der Volksrepublik in der gesamten Welt ramponiert.

Die gleichzeitige Aufrüstung und Modernisierung der chinesischen Armee sowie das Investitionsprogramm „Neue Seidenstraße“, über das Peking politischen Druck aufbaut, haben während der ersten Präsidentschaft Trumps dazu geführt, dass die USA die Volksrepublik als revisionistische Macht und strategischen Rivalen bezeichnen.

Harris wird das in der Sache teilen, aber eher als Trump nach Themen suchen, bei denen beide Länder zusammenarbeiten können. Wenn es beispielsweise um wirtschaftliche Sanktionen geht, steht Harris für „kleines Feld, hoher Zaun“.

Das heißt, dass es wenige sicherheitsrelevante Bereiche wie Chip-Technologie geben soll, bei denen Amerika den Aufstieg Chinas bremsen wird. Trump hingegen spricht sich für „großes Feld, hoher Zaun“ aus, was Xi angesichts seiner taumelnden Wirtschaft große Bauchschmerzen bereitet.

Harte Linie gegenüber China wird bestehen bleiben

Es gibt in Zeiten maximaler Polarisierung in der amerikanischen Politik wenige Themen, bei denen Republikaner und Demokraten einer Meinung sind. Das Verhältnis zur totalitären Volksrepublik ist einer dieser raren Bereiche.

Von daher ist zu erwarten, dass die bisherige Sanktions- und Strafzoll-Politik Washingtons unter einem Präsidenten Trump oder einer Präsidentin Harris gleichermaßen fortgesetzt werden wird. Vor allem, wenn Xi weiterhin den Angriffskrieg Wladimir Putins gegen die Ukraine unterstützt.

Ein Silberstreif am Horizont dürfte lediglich sein, dass eine Präsidentschaft Harris' weniger chaotisch und nutzengetrieben sein dürfte als eine zweite Präsidentschaft Trumps.

Das heißt, dass internationale Normen, die Beständigkeit der Diplomatie und der Vorrang des Konstruktiven, wie unter Joe Biden, die US-Außenpolitik gegenüber China bestimmen würden. Xi möchte keine militärische Konfrontation mit den USA. Deshalb dürfte er am Wahltag Harris und nicht Trump die Daumen drücken.

Taiwan: Xi muss mit einer US-Intervention rechnen

Beide, Trump und Harris, würden gleichermaßen die amerikanischen Wählerinnen in den Mittelpunkt stellen und die sind und bleiben China gegenüber skeptisch.

Solange ein Krieg über Taiwan eine Option bleibt (US-Militärexperten gehen davon aus, dass Xi im Jahr 2027, also während der nächsten Legislaturperiode, einen Angriff auf die demokratische Inselnation beginnen könnte) und die Amerikaner eine Intervention zugunsten des befreundeten Staates befürworten, müsste Xi damit rechnen, dass die US-Armee eingreift und Taiwan verteidigt.

Einige Strategen in Peking mögen, nicht völlig zu Unrecht, denken, dass sie Trump eher als Harris zu einem Deal bezüglich Taiwan überreden könnten. Doch der Preis, den ein Präsident Trump verlangen würde, könnte für Peking zu hoch sein, was einem Gesichtsverlust Xis gleichkäme.

Erstmals realistische Chancen auf eine weitere demokratische Präsidentschaft

Im Moment liegen Harris und Trump mit 47 Prozentpunkten in den Umfragen nahezu gleichauf. Seit Bidens Rückzug aus dem Wahlkampf besteht zum ersten Mal eine realistische Chance auf eine weitere demokratische Präsidentschaft.

So lange sich das geopolitische Karussell in Israel und Gaza, in Bezug auf den Iran, Nordkorea und Russland täglich weiterdreht, dürfte es für Xi Jinping und seine Nomenklatura schwer sein, Amerikas Strategie vorwegzunehmen.

Fest steht allerdings, zumindest aus der Sicht der freien Welt, dass Xi es ist, der bestimmt, wie es im Verhältnis zwischen der Supermacht und der ökonomisch strauchelnden Volksrepublik weitergeht.

Sollte Chinas Machthaber seine Unterstützung für Kreml-Diktator Putin aufgeben, könnte das das Ende der Eiszeit zwischen Amerika und China einläuten.