Analyse vom China-Versteher - Ein Wort zeigt, wie sehr es zwischen China und der Nato brodelt
Beim Nato-Gipfel in der vergangenen Woche wurde China deutlich wie nie als Gefahr für den Frieden in Europa bezeichnet. Das Land sei der „Ermöglicher“ des Krieges in der Ukraine. Pekings Reaktion fiel entsprechend empört aus. Droht eine Eskalation zwischen China und der Nato?
Die 32 Mitglieder der Nato nannten bei ihrer Zusammenkunft in Washington DC in der vergangenen Woche China zum ersten Mal eine Gefahr für den Frieden in Europa. Außerdem drohten sie der Pekinger Diktatur mit Sanktionen.
Das Regime von Xi Jinping sei der „Ermöglicher” des Krieges des Kremls gegen die Ukraine. Peking könne nicht damit rechnen, einen Krieg in Europa zu befördern und gleichzeitig ein Handelspartner oder gar Freund der freien Alten Welt zu sein.
Chinas Machthaber Xi Jinping hat kurz vor dem Überfall Putins auf die Ukraine Ende Februar 2022 eine “No limits”-Freundschaft mit dem Kreml-Diktator ausgerufen.
Der kann sich seitdem sicher sein, dass Peking seinen Krieg am Laufen hält: zum einen nimmt China dem russischen Regime Gas und Öl billig ab, so dass Putin Geld in die Kasse gespült wird.
Pekings diplomatische und militärische Unterstützung für Moskau
Zum anderen liefern chinesische Firmen alles, was Moskau zu Hause in Waffen ein- oder zu Kriegsgerät zusammen bauen kann. Ohne China, so das Fazit der Nato-Partner, könnte Putin seinen Krieg nicht führen.
Auch auf diplomatischem Parkett erhält Moskau maximale Unterstützung aus Peking. So übernehmen die Regierungsstellen Chinas Russlands Propaganda und behaupten, dass die Nato den Krieg begonnen habe. Sie fordern - wie der Kreml -, dass die Ukraine bereit sein müsse, auf Territorium zu verzichten.
Zudem kommen Putin die Terror-Allianzen Xis mit Nordkorea und Teheran zu Gute. Auch von dort werden, im Schulterschluss mit der Pekinger Diktatur, Drohnen und Munition an die Front in der Ukraine geliefert.
kalkulierte Reaktionen und die wirtschaftliche Realität
Trotz der klaren Faktenlage kam aus Peking prompt Empörung. Diese erreichte Washington, Paris und London dieses Mal aber kalibriert. Chinas Nomenklatura muss zunehmend einsehen, dass es sich im Systemstreit mit der freien Welt zu verheben droht.
Extrazölle auf Batterien, Solarpanels und Elektroautos als Antwort auf Pekings wettbewerbsverzerrende Subventionspraktiken wurden zuerst von der Kommunistischen Partei mit scharfen Drohungen zurückgewiesen. Wenig später allerdings ließ Peking Gesprächsbereitschaft entdecken. Grund dafür dürfte vor allem die nach wie vor angespannte Wirtschaftslage im Land sein.
Die Stimmung zwischen Nato und China ist schon eine Weile eingetrübt. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass asiatische Länder wie Taiwan, Korea, Japan und die Philippinen sich gegen die zunehmende Aggression und militärische Bedrohung Pekings schützen wollen.
Unter anderem durch gefestigte Allianzen mit der freien Welt, zu der die Demokratien Asiens auch gehören. Vertreter Japans und Korea waren deshalb bei den jüngsten Nato-Zusammenkünften auch als Freunde und Beobachter eingeladen.
Pekings Vorwürfe und Asiens wendige Allianzen
Peking behauptet, dass die Nato eine Expansion in Asien plane. Wahr ist, dass alle Länder Asiens, die von China bedroht werden, sich untereinander und mit der freien Welt besser militärisch vernetzen wollen.
Es gibt in dieser Weltregion mittlerweile etliche kleine, wendige Bündnisse, die sich, so sieht es im Moment aus, nicht zu einem großen Monolith zusammenwürfeln lassen wollen. Diese „mini-laterals” existieren zwischen Ländern wie Indien und Japan, Australien und Amerika, oder regionalen Playern wie Korea und Japan.
Aber Xi und seine Nomenklatura sehen eine Möglichkeit, von ihrem Tun abzulenken, indem sie die Nato für ihre zunehmende Aggression verantwortlich machen.
Dies könnte bereits ein Hinweis darauf sein, wie Xi in der Zukunft seine Angriffskriege in Asien rechtfertigen wird. Jüngst soll der Machthaber bei einem Termin allerdings gesagt haben, dass einen Krieg gegen Taiwan zu beginnen, bedeutete würde, “in die Falle der Amerikaner zu gehen”.
Eine neue Strategie und der Zusammenhalt der freien Welt
Auch diese Aussage lässt sich in Richtung deuten, dass man den Konflikt mit der freien, demokratischen Welt nicht über die Gebühr anheizen und das Verhältnis strapazieren will, da man diese Länder als Handelspartner und Absatzmärkte braucht.
Letztlich hat Peking vielleicht seine Strategie auch geändert, weil der ursprüngliche Plan, US-Amerikaner und Europäer über der Ukraine-Frage zu spalten, misslungen ist.
Auch wenn Peking in Ungarn und Serbien Vasallenstaaten etabliert hat, deren politische Führung Peking hörig sind, ist es Xi nicht gelungen, die freie Welt grundsätzlich zu spalten.
Im Gegenteil, sein Tun hat zu mehr Zusammenhalt und einem neuen Schulterschluss der Demokratien geführt, womit Xi eindeutig gegen die Interessen der Menschen in China operiert hat, die sich um ihre wirtschaftliche Zukunft und ihre Arbeitsplätze sorgen und nicht von einem selbsterklärten Kaiser in einen globalen Konflikt geführt werden wollen.