Analyse von Hugo Müller-Vogg - „Gut gegen Böse“: Mit diesem Wahlkampf-Plan will Scholz Kanzler bleiben
Neuwahlen finden wohl Ende Februar statt, soviel ist jetzt klar. Noch-Kanzler Olaf Scholz will Kanzler bleiben. Seine Chancen sind schlecht, die will er nutzen. Die Scholz-Strategie umfasst acht Punkte.
Noch-Kanzler Olaf Scholz traut sich zu, die vorgezogenen Bundestagswahlen zu gewinnen. Der große Vorsprung der CDU/CSU in den Umfragen sieht er nicht als Problem; jedenfalls tut er so.
Tatsache ist: Scholz „kann Wahlkampf“. Das hat er 2021 bewiesen. Scholz hat auch keine Hemmungen, mit allerlei Tricks und „Schmutzeleien“ zu arbeiten. Auch deshalb steht uns ein harter Wahlkampf ins Haus. Hier acht Elemente der Scholz-Strategie, mit denen die Wähler rechnen müssen.
1. Scholz will nicht als größter Loser aller Zeiten abtreten
Wenn jetzt gewählt würde, könnten Scholz und die SPD mit 15 oder 16 Prozent rechnen. Das wäre das mit Abstand schlechteste SPD-Ergebnis seit 1949. Es bliebe noch unter dem von Martin Schulz, mit dem die Genossen 2017 auf 20,5 Prozent abgestürzt sind.
Nach dem Verlust der Kanzlerschaft wäre das für Scholz die größte denkbare Schmach: größter Verlierer aller Zeiten zu sein und 80 oder 100 Genossen um ihr Bundestagsmandat gebracht zu haben. Deshalb wollten Scholz und die SPD möglichst spät wählen, um Zeit zu gewinnen für das eigene „Narrativ“.
2. Scholz setzt auf die Vergesslichkeit der Wähler
Was hat Scholz nicht alles versprochen? Fortschritt allerorten, Wachstumszahlen wie zu Zeiten Ludwig Erhards - also 8 bis 12 Prozent im Jahr. Stattdessen schmiert die Wirtschaft ab, Deutschland ist beim Wirtschaftswachstum das Schlusslicht in Europa.
Das Scholzsche Kalkül lautet deshalb: „So lange ich noch im Kanzleramt bin, muss ich so tun, als wäre ich Herr der Lage. Vielleicht vergessen die Wähler dann mein Scheitern und glauben mir dann sogar meine neue Versprechen“.
3. Scholz wird dem Volk seine Glanztaten erläutern
So schlecht wie diese Kanzler haben die Bürger noch keinen deutschen Regierungschef bewertet. Der Noch-Kanzler in seiner Parallelwelt ist freilich davon überzeugt, er müsse dem Volk nur besser erklären, dass seine Regierung viel mehr erreicht habe, als die „dummen Wähler“ bisher erkannt haben.
Wer Scholz zuhört, muss den Eindruck gewinnen, seine dreijährige Amtszeit wäre eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Doch ist es mehr als zweifelhaft, dass dieser Kanzler nach seinem offenkundigen Scheitern seinen Ruf wenigstens etwas aufpolieren kann. Wahrscheinlich hofft Scholz insgeheim auf Fehler seines Herausforderers Friedrich Merz, wie sie Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) 2021 gemacht haben.
4. Scholz imitiert Trump
Der Noch-Kanzler versucht das Land zu spalten, spielt die vermeintlich kleinen Leute gegen „die da oben aus“, versucht FDP-Chef Christian Lindner und CDU-Mann Merz als herzlose Ausbeuter darzustellen. Der rüde Rauswurf des bisherigen Finanzministers samt der äußerst abfälligen, persönlichen Vorwürfe erinnerten an die Praktiken eines gewissen Donald Trump. Der log, dass sich die Balken bogen - und hatte damit Erfolg.
Scholz unterstellt, assistiert von seiner schrill auftretenden Parteivorsitzenden Saskia Esken, Christian Lindner habe die Renten kürzen wollen und Steuersenkungen für ein paar Superreiche angestrebt. Beides ist frei erfunden. Aus den „Scheidungspapieren“ des FDP-Vorsitzenden lässt sich das nicht ablesen. Doch Scholz setzt auf die Methode, es werde schon was hängen bleiben.
5. Scholz wertet die AfD auf, um der Union zu schaden
Scholz will das umstrittene Rentenpaket noch im Bundestag zur Abstimmung stellen lassen. Dabei geht er selbst davon aus, dass die CDU/CSU nicht zustimmen werde, wie er bei „Miosga“ in der ARD verriet. Er weiß aber auch, dass die AfD ebenfalls die Zustimmung verweigern wird.
Daraus werden er und seine Genossen folgende Legende stricken: Die CDU/CSU habe zusammen mit den „Nazis“ von der AfD verhindert, das Rentensystem auf eine sichere Basis zu stellen. Im Klartext: Scholz wird versuchen, die AfD für seine parteipolitischen Zwecke zu instrumentalisieren. Wenn nichts mehr geht: „Gegen Rechts“ geht für Linke immer.
6. Scholz spricht von „staatspolitischer Verantwortung“, meint aber sozialdemokratische Interessen
Scholz und die Ampel sind gescheitert. Jetzt erwartet er von der CDU/CSU „staatspolitische Verantwortung“, um im Wahlkampf noch einige Male eine Mehrheit für seine Lieblingsprojekte zustande zu bringen.
Mit anderen Worten: Friedrich Merz und die CDU/CSU, von Scholz stets mit größtmöglicher Herablassung behandelt, sollen dem Noch-Kanzler zu ein paar Erfolgen verhelfen. Das handelt Scholz nach der Methode: Erst meine Partei, dann das Land.
7. Scholz will möglichst lange den Wahlkämpfer hinter dem Staatsmann verstecken
Mit Scholz sitzt im Kanzleramt eine „lame duck“, die nur noch matt mit den Flügeln schlägt und nicht mehr abheben kann. Gleichwohl versuchen Scholz und die SPD, möglichst lange die Fassade aufrecht zu erhalten, sie säßen nicht nur an den Hebeln der Macht, sondern hätten noch die Kraft, diese zu bedienen.
Netter Nebeneffekt: Wer den Regierungsapparat hinter sich weiß, hat als Wahlkämpfer erhebliche Vorteile. Auch deshalb kam für Scholz wohl die „friedliche“ Übereinkunft mit der FDP über vorgezogene Bundestagswahlen nicht in Frage. Lindners Rauswurf bedeutet nämlich: Scholz hat im Wahlkampf eine Staatskarosse zur Verfügung, Lindner nur einen geleasten Kleinwagen.
8. Scholz will Wahlkampf „Gut gegen Böse“
Der Noch-Kanzler tat bei „Miosga“ so, nichts wäre leichter, als den Vorsprung der CDU/CSU in den Umfragen (32 bis 34 Prozent zu 15 bis 16 Prozent) aufzuholen. Das erinnert an die DDR-Parole, man werde die kapitalistische Bundesrepublik wirtschaftlich „überholen, ohne einzuholen“.
Es war ein verzweifeltes Wortgeklingel von SED-Funktionären, die ihre Werktätigen so trösten wollten: Ihnen ginge es zwar wirtschaftlich schlechter als den Westdeutschen, dafür seien sie aber die besseren Menschen.
Scholz und seine Genossen werden den Wahlkampf nach der Methode führen, es stünden nicht etwa unterschiedliche politische Konzepte zur Wahl, sondern es gehe um Gut (=rot) und Böse (=schwarz). So will er eine „Wählerwende“ bewerkstelligen, ein Wahlkampfwunder.
Wunder gibt es laut Katja Ebstein zwar immer wieder. Nur: Mit diesem Song landete sie beim „Eurovision Song Contest“ nur auf Platz 3. Kein gutes Omen für Scholz.