Analyse von Ulrich Reitz - Die Gründe für das Ampel-Scheitern: Jetzt versucht sich Scholz an doppelter Erpressung
Die derzeitige Ampel steht vor dem Aus. Noch nie scheiterte eine deutsche Regierung am Tag einer amerikanischen Präsidentschaftswahl. Und dennoch: Dieser Untergang ist nur folgerichtig.
Eine deutsche Bundesregierung scheitert am Tag der amerikanischen Präsidentschaftswahl. So etwas hat es in der deutschen Geschichte noch nicht gegeben. Und so lautet die Nachricht von diesem welt- und deutschlandpolitischen Doppelschlag so:
Die Wucht des Wahlsieges von Donald Trump hat die sogenannte Fortschrittskoalition in Deutschland hinweggefegt. In leichter Abwandlung der Karikaturisten Greser und Lenz und eines Wahlversprechens von Trump über den Ukrainekrieg:
Das Scheitern der Ampel ist Trumps erster großer Erfolg
Trump hat nicht einmal einen Tag gebraucht, um das Problem der deutschen Ampelregierung zu beseitigen. Es ist genau genommen sein erster großer außenpolitischer Erfolg.
Denn ein Erfolg ist es: die Bevölkerung in Deutschland hatte die Nase von der Koalition dieser Ungleichen und Streitverliebten und Moralversessenen schon lange voll. Noch nie hat es ein Bundeskanzler geschafft, das in ihn gesetzte Vertrauen binnen so kurzer Zeit so nachhaltig zu zerstören. Das Scheitern ist konsequent, der Anlass nur allzu berechtigt.
Die Deutschen waren und sind fertig mit Scholz, sein von Zweifeln an der eigenen Leistung völlig freier Auftritt an diesem Dienstagabend bestärkt das Urteil der Bevölkerung noch. Wie abgehoben und wirklichkeitsentfremdet muss man sein, um die persönliche Verantwortung für das eigene, einmalige politische Scheitern derart kaltschnäuzig und arrogant rundheraus zu leugnen?
Der brisante Lindner-Verdacht
Der Regierungschef ist toll, aber der Bundesfinanzminister ist doof? Olaf Scholz hat versucht, den Bürgern, an die er sich mehrfach direkt gewendet hat, eine Geschichte auf dem Streitniveau einer kindlichen Sandkastenauseinandersetzung aufzutischen. Tatsächlich liegt die allererste Verantwortung für das Scheitern dieser Regierung vor allem bei einem Mann:
Olaf Scholz. Der Sozialdemokrat hat es nicht vermocht, die widerstreitenden Interessen in seiner Koalition zusammenzubinden. Zur Wahrheit gehört auch, dass zuletzt vor allem die Grünen laut Zweifel anmeldeten an der Führungsfähigkeit des Kanzlers. Dessen Behauptung, Lindner sei alleine Schuld, ist allein deshalb schon lächerlich.
Eine schnöde Wahlkampflüge – vielleicht die erste in einem ganz offensichtlich heraufziehenden Schmutzwahlkampf. Das übrigens schadet der Würde des Amtes weit mehr als das Beharren von Lindner auf den Koalitionsvereinbarungen, die der Kanzler immerhin gegengezeichnet hat.
Im übrigen wird auch noch zu klären sein, ob Christian Lindners Verdacht richtig ist: Dass der Bundeskanzler seine Erklärung lange schon fertig hatte, dass es ihm überhaupt nicht mehr darum ging, aufrichtig nach einer Lösung zu suchen, sondern um eine Inszenierung, um einen Schauprozess gegen Lindner.
Die Gründe für Scholz' Scheitern liegen auf der Hand
Ohne historisches Vorbild wäre dies übrigens nicht. Genau das, diese Sündenbock-Taktik, hat Helmut Schmidt beim Bruch der Koalition 1982 versucht. Schmidt wollte – aus Rache – die Liberalen vernichten. Er ist damit gescheitert. Das ist auch diesmal, 40 Jahre später, die Hoffnung der Liberalen.
Das Scheitern von Scholz hat Gründe, sie liegen auf der Hand, die Bevölkerung kennt sie längst: Diesem Kanzler fehlt es an Charisma wie an Demut gleichermaßen. Ihm geht ganz einfach die nonchalante Gelassenheit ab, die man als öffentlich exponierte Führungspersönlichkeit in schwieriger Zeit eben auch haben sollte, um die anderen hinter sich zu scharen.
Die anderen: Die Mitregierenden und das Volk. Für beides hat es nicht gereicht. Mit anderen Worten: Scholz ist nicht an Christian Lindner gescheitert. Scholz ist vor allem an Scholz gescheitert.
Scholz versucht sich an einem doppelten Akt der Erpressung
Noch einmal zur Klarstellung: Scholz und seine Regierung sind nicht an Trump gescheitert, sondern: an der Wucht, die dessen klarer Wahlsieg auslöste. Diese Wucht bestand in der Erkenntnis, dass Deutschland einem Donald Trump, der so mächtig aufspielen kann wie noch nie, nicht mit einer Torso-Regierung gegenübertreten kann.
Wie hat der Sozialdemokrat Sigmar Gabriel trocken festgestellt: Deutschland hat keine Regierung. Das war wenige Tage vor deren Bruch. Gabriel ist seit fünf Jahren Vorsitzender der Atlantikbrücke. Sein Vorgänger war – zehn Jahre lang – Friedrich Merz. Kluge Leute, diese beiden.
Scholz versucht sich jetzt an einem gleich doppelten Akt der Erpressung. Er will den Oppositionsführer nötigen, seine sozialdemokratische Kanzlerschaft über die Zeit zu retten. Und er will die Bevölkerung nötigen, ihm frisches Geld zu geben. Man kann nur sagen:
Vertrauensfrage: Weshalb nicht heute schon?
Bloß das nicht. Kein Privatmann würde schlechtem Geld gutes hinterherwerfen. Noch nie hatte eine Bundesregierung so viel Geld wie diese. Und trotzdem kommt sie mit Geld nicht aus. Fast eine Billion – und trotzdem neue Schulden?
Es wäre komplett unseriös, dieser Regierung in Auflösung, diesem Bundeskanzler der fehlenden Einsicht noch Geld zu geben. Aus einem ganz einfachen Grund: Es ist nicht irgendwelches Geld, sondern das Geld, das den Bürgern gehört. Ihnen und ihren Kindern. Neue Schulden aufnehmen für Scholz – im Ernst jetzt?
Diese Truppe hatte ihre Chance. Sie hat das Vertrauen der Bevölkerung verspielt. Und hat daher nicht verdient, mit frischem Geld der Bürger weiter künstlich am Leben gehalten zu werden.
Olaf Scholz mag seine Vertrauensfrage stellen, aber: Weshalb nicht heute schon?