Analyse von Ulrich Reitz - Provokant gefragt: Stehen wir in Nahost gar vor einer Befreiung?

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Israelische Soldaten arbeiten im Norden Israels an Panzern.Baz Ratner/AP/dpa

Die Bundesaußenministerin windet sich in der Israel-Politik, der Bundeskanzler spricht dagegen Klartext. Wir sollten nicht nur über drohende „Eskalation“ reden. Sondern auch über eine Freiheits-Chance, die Israels konsequentes Vorgehen eröffnet.

Es ist jetzt auch schon ein halbes Jahrhundert her, als sich der legendäre amerikanische Außenminister Henry Kissinger nach der Telefonnummer Europas erkundigte. Das war seine unnachahmliche Art, den Europäern mitzuteilen, dass es auf sie im Rest der Welt nicht ankomme.

Entscheidendes hat sich seitdem nicht geändert. Man sieht es daran, wie sich die Europäer bei Israel positionieren. Man kann Ursula von der Leyen zwar jetzt anrufen, die Kommissionspräsidentin hat eine Telefonnummer.

Nur: Genauso kann man es auch lassen. Die CDU-Politikerin, gerne als „mächtigste Frau Europas“ überschätzt, verurteilte den iranischen Angriff auf Israel in den „schärfsten Worten“, und das waren dann diese: Solche Aktionen bedrohten die regionale Stabilität und verstärkten die Spannungen in einer ohnehin extrem wackligen Lage.

Sie dränge „alle Parteien“, das Leben von Zivilisten zu schützen. Die EU fordere weiterhin einen Waffenstillstand entlang der Grenze zum Libanon und in Gaza und verlangt die Freilassung der Geiseln.

Scholz erinnert auch an die „schreckliche Attacke“ der Hamas

Nichtssagender und blutleerer geht es kaum. Mit anderen Worten. So etwas braucht niemand. Schon gar nicht Israel.

Während von der Leyen es noch nicht einmal schaffte, den – völkerrechtlich eindeutigen – Urheber der Angriffe auf Israel auch nur zu benennen, war der deutsche Bundeskanzler hier klarer. „Der Iran riskiert einen Flächenbrand – dieser muss unbedingt verhindert werden.“ Und:

Der Iran und sein terroristisches Werkzeug, die Hisbollah, müssten ihre Angriffe auf Israel „sofort einstellen“. Man setze sich für einen Waffenstillstand ein, danach müsse die Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats „vollständig“ umgesetzt werden – die Hisbollah müsse sich „aus der an Israel grenzenden Region zurückziehen“.

Scholz erinnert auch an die „schreckliche Attacke“ der Hamas auf Israel – gemeint ist der Anschlag in Jerusalem, bei dem acht Israelis starben – unter ihnen eine Mutter, die erschossen wurde, als sie ihren Säugling, den sie vor der Brust in einer Trage hatte, mit  ihrem Körper vor den tödlichen Kugeln der Hamas-Schergen schützte.

Klar war auch die Stellungnahme des Generalsekretärs der Vereinten Nationen

Anders als die gewundenen Erklärungen der Außenministerin ist Scholz bei Israel klar und eindeutig – und er verweist auf die Perspektiven: eine Rückkehr der durch die Angriffe der von Iran finanzierten Hisbollah nach Israel und eine „Konsolidierung“ des libanesischen Staates.

Klar war auch die Stellungnahme des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Antonio Guterres. Der schaffte es nicht, den Angreifer Iran zu benennen – ebenso wie von der Leyen. Weil allerdings der UN-Vorsteher, anders als die Brüsseler CDU-Frau, eine deutlich anti-israelische Spur hinter sich herzieht, reagierte Israel ebenso klar:

Außenminister Israel Katz erklärte den UN-Generalsekretär zur unerwünschten Person. Wer es nicht schaffe, Iran für seinen völkerrechtswidrigen Angriff klar zu verurteilen, habe es nicht verdient, „einen Fuß auf israelischen Boden zu setzen“.

Guterres sei ein UN-Generalsekretär, der „Terroristen, Vergewaltiger und Mörder der Hamas unterstützt, Hamas, Hisbollah, die Houthis und nun Iran – die Mutter allen globalen Terrors“. Man werde sich an den Spitzendiplomaten als „Schandfleck“ der UN-Geschichte erinnern.

Israel: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott

Israel hat in den Jahren seiner Geschichte als zigfach angegriffener Staat als Lebensversicherung die Weisheit verinnerlicht: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.

Der einzige Staat weltweit, auf den für Israel noch Verlass ist, sind die Vereinigten Staaten. Deutschland ist es jedenfalls nicht mehr, wie die jüngst halbierte Militärhilfe zeigt, ebenso wie die von Baerbock veranlasste Enthaltung Deutschlands bei den Vereinten Nationen bei zwei gegen Israel gerichteten Resolutionen.

Dass Baerbock sich erst jüngst zu einem Abendessen mit Antisemitismus-Verharmlosern und, wie die Jüdische Studierendenunion kritisierte, „Terror-Apologeten“ traf, hat das Vertrauen Jerusalems in Deutschland weiter belastet.

Iran ist ein Menschenschlächter-Staat

Ebenso wie die Erklärung Baerbocks, die Eliminierung des Hisbollah-Führers Nasrallah sei eine „Eskalation“ und diene nicht Israels Sicherheit. Dazu gehört die zwielichtige Haltung des Außenamts zur UN-Hilfsorganisation UNWRA, die immer wieder – begründet – in den Verdacht der Terror-Unterstützung gerät.

Die zunehmend äquidistante oder kühle Haltung Baerbocks zu Israel verwundert angesichts der Ausgangslage – und der deutschen Interessen. Die Eskalations-Rhetorik schiebt den geostrategischen Status-Quo in den Vordergrund. Aber der ist schon unter humanitären Gesichtspunkten nicht tolerierbar.

Iran ist ein Menschenschlächter-Staat, der jede Opposition blutig zu unterdrücken versucht. Eine Religionsdiktatur, die nicht nur Israel vernichten will und die USA zum „großen Satan“ erklärt hat, sondern andere Regionen der Welt destabilisiert, etwa Libanon oder Jemen.

Eine „Regime Change“ im Iran, ein Ende der Theokratie, wie sie Israels Regierungschef Benjaminm Netanjahu anstrebt, wäre eindeutig im Interesse Deutschlands. Eigentlich müsste die Perspektive der „Befreiung“ die Status-Quo-Haltung der „Eskalation“ ersetzen.

Scholz pocht auf Einhaltung der Resolution 1701

Iran bildet mit Russland im Ukraine-Krieg eine Achse des Bösen. Es hintertreibt einen Frieden in Syrien und verhindert oder erschwert die Rückkehr illegaler Asylbewerber dorthin. Iran bedroht über die von ihm gesteuerten Houthi-Terroristen die freie Schifffahrt im Roten Meer.

Und Iran steht unmittelbar davor, Atomwaffen zu besitzen. Die – auch – deutschen Versuche, das Atomabkommen mit dem Iran wie auch immer zu retten, haben die Welt nicht sicherer gemacht. Genau dies hatte von Jahren schon Netanjahu vorhergesagt, nun tritt es offenbar genau so ein.

Scholz pocht jetzt auf die Einhaltung der Resolution 1701 der Vereinten Nationen. Die sah – vor 18 Jahren – nicht nur den Abzug der Israelis aus Libanon vor, sondern auch eine Entwaffnung der Hisbollah und deren Rückzug aus dem Süden Libanons.

Scholz markiert hier einen wichtigen, aber eben auch für Deutschland peinlichen Punkt. Denn hinter der Resolution 1701 liegt eine militärische Mission, an der Deutschland beteiligt ist – Unifil. Deutschlands Aufgabe war es, Waffenimporte für die Hisbollah zu verhindern. Was erkennbar nicht gelungen ist.

Israels Vorgehen könnte zu „Neustart“ führen

Freiheit als Perspektive für Iran und eine ganze unter dem Joch Irans stehenden Region zu betonen, statt Eskalationsgefahren zu dramatisieren, an denen man als Bundesregierung ohnehin nichts ändern kann: Das wäre deutsche Interessenpolitik.

Denn Israels Vorgehen könnte zu „einem Neustart für die ganze Region“ führen. Das ist die konstruktive Perspektive, die der Unions-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter in einem  Namensbeitrag für FOCUS online aufmacht. Ausdrücklich empfehlen wir Ihnen, liebe Leser, dieses Klartext-Stück aus der Feder eines bewährten Klartext-Außenpolitikers.