Andrew Jackson: Die Debatte um Trumps Lieblingspräsidenten
Donald Trumps Lieblingspräsident Andrew Jackson gerät in den Fokus der Antirassismus-Debatte. Doch der US-Präsident hält an seinem Idol fest, das auch bei seinen Anhängern beliebt ist.
Das Oval Office im Weißen Haus ist das Aushängeschild der US-amerikanischen Demokratie. Es ist sozusagen das Herzstück des Mythos USA. Und es ist auch: Ein Stück Visitenkarte des amtierenden US-Präsidenten. Mit viel Bedacht wird ausgewählt, was und wer dort zu sehen ist, denn die politische Landschaft der USA basiert auf starken Symbolen. Im Oval Office von Barack Obama stand ab 2009 eine Büste des Bürgerrechtsaktivisten Martin Luther King neben einer Büste von Abraham Lincoln, jenem Präsidenten, unter dem die Sklaverei in den USA abgeschafft wurde. Hinter Donald Trump hängt an prominenter Stelle ein Ölgemälde von Andrew Jackson.
Nun ist im Zuge der Proteste gegen rassistische Polizeigewalt und der “Black Lives Matter”-Bewegung eine heftige Diskussion um Symbole und Statuen entbrannt. Sie ist sogar bis nach Europa geschwappt, wo nun über den Umgang mit dem kolonialen Erbe und der Symbolkraft von Statuen diskutiert wird. In vielen US-Staaten wurden Statuen bereits abgebaut, manche von Demonstranten, andere auch von den Behörden. Bei den beliebten Nascar-Rennen wird nun nicht mehr die Flagge der Konföderation wehen, auch aus der Landesflagge des US-Bundesstaates Mississippi wurde sie entfernt.
Diese Flagge steht für all jene Staaten, die für die Beibehaltung der Sklaverei waren und die den amerikanischen Bürgerkrieg verloren haben. Für viele US-Amerikaner ist sie ein Symbol von Unterdrückung und Rassismus und eine schmerzliche Erinnerung daran, dass Folgen dieses Systems die Gesellschaft bis heute prägen. Besonders in den Südstaaten verbinden aber viele, zumeist weiße Menschen, die Flagge und die Generals-Statuen dennoch mit Tradition und stolzer Geschichte.
Mann des Volkes oder gnadenloser Rassist?
Hier kommt auch Andrew Jackson ins Spiel. Der siebte Präsident der Vereinigten Staaten war von 1829 bis 1837 im Amt. Er war angetreten, um für den “einfachen Mann” einzutreten und eine “korrupte Aristokratie” zu bekämpfen. Das klingt irgendwie vertraut, auch wenn Jackson seine Botschaft ohne Twitter an den Wähler bringen musste. Es ist auch ein Hauptgrund dafür, warum Jackson lange einer der beliebteren historischen Figuren der USA war. Er war der erste Präsident, der nicht dem elitären Zirkel der Gründerväter entstammte und stand für den Aufbruch in eine neue politische Epoche. Er entmachtete die Zentralbank, die er als korrupt ansah und befreite die junge Nation von allen nationalen Schulden. Auch in der vielbeachteten “Petticoat-Affäre” positionierte sich Jackson liberal an der Seite seines Kriegsministers Eaton, dessen Frau Peggy in den Washingtoner Kreisen heftig für ihre angeblich promiskuitive Vergangenheit angegangen wurde. Der Ruf des Präsidenten des einfachen Volkes hielt sich weit über seinen Tod hinaus.
Doch er ist nicht nur für diese simple Botschaft bekannt, die ihn ins Weiße Haus trug. Mit dem sogenannten “Indian Removal Act” besiegelte er 1830 das Schicksal fast aller im Süden heimischen indigenen Völker. In Folge des “Trail of Tears”, der Zwangsumsiedlung zum Landgewinn, starben alleine über 5000 Cherokee, unter allen betroffenen Völkern schätzen Historiker die Opferzahlen auf 12.000 bis 17.000 Tote. Jackson selbst profitierte als Landspekulant von Ländereien, die eigentlich der indigenen Bevölkerung zugesprochen waren. Zudem war Jackson selbst Sklavenbesitzer und überzeugter Gegner der Abolitionismus-Bewegung, die sich für die Abschaffung der Sklaverei einsetzte.
Diese Aspekte sind in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in den Vordergrund gerückt und haben dafür gesorgt, dass Jackson bei vielen US-Amerikanern nicht mehr so beliebt ist, wie zuvor. Auf die Jackson-Statue vor dem Weißen Haus haben Demonstranten nun jüngst das Wort “Killer” gesprüht. Sie versuchten sogar, den berittenen Jackson umzustürzen. Trump sprach von einem Angriff auf ein “großartiges Monument”: “Das sind böse Menschen, die unser Land nicht lieben. Sie werden unsere Monumente nicht stürzen.” Dazu drohte er harte Strafen für Statuen-Beschädigung an. Die Frage ist bei solchen Äußerungen immer, von wem spricht Trump, wenn er “wir” sagt und welches Amerika meint er mit “unser Land”?
Wem er mit seiner offen zur Schau getragenen Zuneigung zu Andrew Jackson in die Karten spielt, ist klar. Es sind die rechtskonservativen Wähler, die White Supremacists und die Südstaaten-Nostalgiker, die einen guten Teil seiner radikaleren Basis ausmachen. Nur zwei Monate nach seinem Amtsantritt pilgerte Trump zum Grab von Andrew Jackson in Nashville. Er traute dem siebten US-Präsidenten sogar zu, den Bürgerkrieg vorausgesehen zu haben und darüber “sehr verärgert” gewesen zu sein. Jackson starb allerdings 16 Jahre vor Beginn des Bürgerkrieges.
Thank you Andrew Jackson! #POTUS7 #USA🇺🇸 pic.twitter.com/GToWsWXiNv
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) March 15, 2017
Als es darum ging, die Sklaven-Befreierin Harriet Tubman anstelle von Jackson auf der 20-Dollar-Note abzubilden, war Donald Trump empört. Tubman sei “fantastisch”, sagte Trump, Jackson durch sie zu ersetzen aber sei “pure Political Correctness”. Trump sieht sich als Nachfolger Jacksons, im Sinne eines Mann des Volkes. So stellte sein Ex-Berater Steve Bannon immer wieder Parallelen zwischen den beiden Präsidenten her. Die Gemeinsamkeit, dass beide sich zwar als Vertretung des einfachen Mannes gerieren, aber selbst durchaus zum reicheren Teil der Bevölkerung zählten, unterschlug er allerdings lieber.
Historiker sehen die Vergleiche auch sonst skeptisch. Schließlich sei Andrew Jackson ein überzeugter Demokrat gewesen, der fest an egalitäre Grundsätze geglaubt habe. Die Diskussion um dessen Statuen und Trumps Festhalten an seinem Lieblingspräsidenten zeigen einmal mehr, wie weit sich der US-Präsident der aktuellen Debatte um strukturellen Rassismus in seinem Land entzogen hat.
Video: Demonstranten wollen Jackson-Statue vor dem Weißen Haus stürzen