Anfield Road als Festung - Nach Klopps Abschied erlebt der FC Liverpool ein Déjà-vu - für Leverkusen ein mieses Omen
Bayer Leverkusen muss am Dienstag in der Champions League beim FC Liverpool ran. Der Verein erlebt nach dem Abschied von Jürgen Klopp als Trainer ein Déjà-vu. Wiederholt sich die Geschichte?
Déjà-vu in Liverpool. Kann sich eine Ära tatsächlich wiederholen? Die erfolgreichste Zeit der Stadt? Es würden nur die Klänge der Beatles fehlen. „Little darling, the smile's returning to the faces…“
Der FC Liverpool thront derzeit an der Spitze der Premier League. Im Pokal ging es souverän eine Runde weiter und auch in der Champions League sind die „Reds“ vor dem Duell mit dem deutschen Meister Bayer Leverkusen noch ungeschlagen an der Tabellenspitze. Der LFC ist eine Macht.
Klopp hinterließ eine Leere in Liverpool
Dabei hatten viele Fans im Sommer noch große Sorgen, das weiß auch Liverpool-Insider und Kolumnist Graham Agg. Jürgen Klopp legte sein Amt nieder, ein Trauertag im Nordwesten Englands.
Der deutsche Trainer brachte dem Verein nach 30-jähriger Abstinenz den Meistertitel zurück, dazu ein Triumph in der Königsklasse. Das einstige Fußballschwergewicht war zurück, Klopp wurde zur Legende.
„Klopps Abschied hat eine große Leere hinterlassen“, beschreibt Agg sein Gefühl in den Wochen nach dem letzten Spieltag im Mai. „Was machen wir nur ohne ihn?“, dachte er sich. Heute, rund ein halbes Jahr später, fühlt er sich an die erfolgreichste Ära der Vereinsgeschichte erinnert.
Klopp und Slot wie einst Shankly und Paisley
Es ist das Jahr 1959 als ein gewisser Bill Shankly den damaligen Zweitligisten als neuer Trainer übernimmt. „Ein charismatischer Schotte“, beginnt Agg seine Erinnerung. Shankly führte den Verein gleich im ersten Jahr ins Oberhaus und formte innerhalb weniger Saisons eine der besten Mannschaften ihrer Zeit.
Drei Meistertitel holte er nach Liverpool, das in den 1960er und 1970er dank des LFC und der Beatles zur fußballerischen und popkulturellen Hauptstadt Europas wurde.
Dann der Schock: Shankly trat zurück. Was sollte nur aus den „Reds“ werden? In Bob Paisley übernahm ein deutlich weniger charismatischer Engländer, aber jemand, der vom Sport besessen war. Ein Taktiker und Revolutionär. Das Spiel mit den Medien und Fans spielte er aber nie mit.
Unter Paisley war der Club sogar noch erfolgreicher. Sechs Meisterschaften in acht Jahren, dazu drei Titel im Europapokal der Landesmeister, einmal der Uefa-Pokal. Liverpool blieb das Maß aller Dinge.
Klopp ist Slots größter Fans
Graham Agg sah schon zu Klopps Anfangszeit die Reinkarnation von Bill Shankly. Beim Nachfolger des Deutschen, dem Niederländer Arne Slot, kann er die Vergleiche zu Bob Paisley nicht leugnen.
„Im Vergleich zu Klopp ist er sehr zurückhaltend“, beschreibt Agg. „Er hat eine unaufgeregte, souveräne und selbstbewusste Art. Er kann zwar auch aus sich herauskommen, aber gegenüber Klopp ist das alles sehr seriös“, sagt der langjährige LFC-Fan.
Die ersten Heimspiele an der berühmten Anfield Road fielen noch verhalten aus. „Die Stimmung war noch nicht so gut“, sagt Agg und ergänzt: „Die Zuschauer wussten noch nicht, was sie erwartet.“
Dabei war es Klopp bei seinem emotionalen Abschied selbst, der groß Werbung für seinen Sukzessor machte und sogar ein Lied für den Niederländer anstimmte: „Arne Slot, na, na, na na na“, gab er i den Tönen von Opus‘ „Live ist Life“ an und die Fans auf „The Kop“ stiegen sofort ein. „Es fühlt sich nicht wie das Ende an, sondern wie ein Start“, kündigte Klopp an.
Auf Leverkusen wartet eine Macht
Er sollte recht behalten. Der 57-Jährige übergab das Team im besten Zustand und Slot führt den erfolgreichen Fußball nun fort. 15 Spiele, 13 Siege, nur eine Niederlage. „Gegen Chelsea und Brighton waren die Anhänger wieder voll da. Sie haben sich von Slot mitreißen lassen“, sagt Agg und erkärt: „Liverpool-Fans müssen ihren Trainer erst kennenlernen.“ Viele sind noch immer gezeichnet von der jahrelangen Erfolgsdürre und der sich stets wechselnden Trainerbank.
Nun muss Bayer Leverkusen beim formstärksten Teams Europas ran – an der Anfield Road: Noch nie hat eine deutsche Mannschaft dort gewonnen. 19 Spiele, 15 Pleiten, 4 Remis aus deutscher Sicht. Selbst der FC Bayern hat in vier Anläufen nicht ein einziges Tor in Liverpool erzielt. Eine Festung. Auch unter Slot?