Angebliche Einreisebefragung - Fiese Fangfrage für Ausländer? Bundespolizist räumt mit neuen Grenz-Vorwürfen auf

Polizisten an einer Kontrollestelle an der Grenze zu Österreich.<span class="copyright">picture alliance / dpa</span>
Polizisten an einer Kontrollestelle an der Grenze zu Österreich.picture alliance / dpa

Wer darf unter welchen Umständen einreisen? Die Debatte über Grenzkontrollen und Zurückweisungen ist in vollem Gange. Jetzt ist Kritik an einem Formular aufgekommen, das die Bundespolizei angeblich einigen Ausländern bei der Einreise vorlegt.

CDU-Chef Friedrich Merz hat mehrfach dazu aufgerufen, sogar die Teilnahme der Union   am Migrationsgipfel davon abhängig gemacht: umfassende Zurückweisungen an den deutschen Grenzen.

Das sei „kurzfristig der einzig effektive Weg, um die irreguläre Migration nach Deutschland zu beenden“, sagte er am Donnerstag bei einer Debatte im Bundestag. Dann machte er der Bundesregierung einen Vorschlag: „Wenn es der Ampel so schwer fällt, das zu akzeptieren, dann schlage ich vor, dass wir diese Zurückweisungen ab dem 1. Oktober zunächst für drei Monate lang vornehmen.“

Nach Ansicht der Unionsfraktion sollen auch Migranten zurückgewiesen werden, die schon in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des Schengen-Raums aufgenommen wurden „oder die einen Asylantrag auch in einem Staat, aus dem sie einreisen wollen, stellen können“.

Heftige Diskussionen über Forderungen der Union

Ob das mit geltendem Recht vereinbar ist, ist umstritten. „Grundsätzlich besagen die Dublin-Regeln, dass Asylsuchende an der Grenze nicht abgewiesen werden dürfen“, sagte Constantin Hruschka, Experte für internationales und europäisches Migrationsrecht, zuletzt im ZDF.

Asylbewerber, so erklären es die meisten Experten, haben Anspruch auf ein ordentliches Verfahren, ehe sie in ihr Heimatland zurückgeschickt werden dürfen. Jeder Fall muss ordentlich geprüft und - sollte der Betroffene tatsächlich abgewiesen werden - die Abschiebung angedroht sowie eine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt werden. Der frühere Verfassungsrichter Hans Jürgen Papier sieht es anders, Menschen aus sicheren Drittstaaten sei die Einreise zu verweigern.

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Binnen- und Außengrenzen der EU. Während Zurückweisungen an den Außengrenzen durchaus möglich sind, gilt eine Person, wenn sie EU-Binnengrenzen überschreitet, bereits als eingereist.

Derzeit sind Zurückweisungen an den deutschen Grenzen nur unter ganz bestimmten Bedingungen möglich - zum Beispiel, wenn eine Person mit einer Einreisesperre belegt ist oder keinen Asylantrag stellt. Wer Asyl beantragen will, darf wiederum nicht ohne Verfahren abgewiesen werden.

2023 wurden 35.618 Personen in Nachbarländer zurückgeschickt

Wie aus einem Bericht des „Handelsblatts“ hervorgeht, schickte die Bundespolizei im vergangenen Jahr 35.618 Personen zurück. Der „Spiegel“ hat sich das Vorgehen der Grenzschützer genauer angesehen - und macht ihnen schwere Vorwürfe.

Konkret geht es um einen „Bogen zur grenzpolizeilichen Einreisebefragung, internes Kürzel GP 25 A“, wie der „ Spiegel “ unter dem Titel „Name, Anschrift, Fangfrage“ schreibt. Den müssten, so steht es in dem Bericht, unter anderem Ausländer ausfüllen, deren Identität unklar ist.

Neben Daten wie Name, Geburtstag oder Beruf wird demnach auch nach dem Einreisegrund gefragt. Es gebe vier Antwortvorschläge: Urlaubsreise, Geschäftsreise, Besuch bei Bekannten/Familie und Arbeitsaufnahme. Nicht zur Auswahl steht demnach „Asylgesuch“.

Bundespolizist widerspricht „Spiegel“-Darstellung

Migranten, die das Formular vorgelegt bekommen, könnten verunsichert sein - und aus Gutmütigkeit oder Unwissen einfach eine der vier Optionen ankreuzen, heißt es im Beitrag weiter. Wer das tut, hat aber angeblich keine Chance auf Asyl mehr. „Erklärt auch das die steigenden Zurückweisungszahlen?“, fragt der „Spiegel“ düster und zitiert eine Linken-Politikerin, für die der Fragebogen ein „Riesenskandal“ ist. Wird der Fragebogen also vielen Migranten zum Verhängnis?

Manuel Ostermann, deutscher Polizeibeamter bei der Bundespolizei, seit 2023 erster stellvertretender Bundesvorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft und Mitglied der CDU, ist empört. Denn das angebliche Dokument gibt es nach seinen Informationen überhaupt nicht. Mehrere Experten aus der Bundespolizei hätten ihm das bestätigt, sagt er im Gespräch mit FOCUS online.

Auch könne er das Verfahren, welches im „Spiegel“-Bericht beschreiben wird, so nicht bestätigen. Es gebe zwar vorgedruckte Formulare, aber keines mit den vom „Spiegel“ erwähnten Fragen. Vielmehr gebe es ein Formular für Personen, die keinen Asylgesuch stellen und eines für Personen, die ein solches Begehren vorbringen. Die entsprechenden Formulare liegen FOCUS online vor.

„Es gibt Dolmetscher, die den Bogen übersetzen“

Auch sagt Ostermann, das die betreffenden Personen die Formulare nicht ausfüllen müssen -  noch seien er oder sie wegen einer möglichen Sprachbarriere der Bundespolizei ausgeliefert.

„Es gibt Dolmetscher, die den Bogen übersetzen. Und Migranten haben jederzeit die Möglichkeit, ihn in ihrer Muttersprache auszufüllen - oder gar nicht, wenn sie das nicht wollen.“