Angriff auf türkischen Journalisten in Berlin
Viele Journalisten in der Türkei können nicht frei berichten und sind Repressionen ausgesetzt. Manche leben daher im Exil in Ländern wie Deutschland. Ganz sicher können sie sich hier aber auch nicht fühlen.
Berlin (dpa) - Der regierungskritische türkische Journalist Erk Acarer, der im deutschen Exil lebt, ist in Berlin angegriffen worden. Nach Angaben der Polizei wurde Acarer im Bezirk Neukölln von mehreren Angreifern verletzt.
Er erlitt eine Wunde am Kopf und wurde medizinisch behandelt. Der Angriff ereignete sich demnach gegen 21.50 Uhr im Innenhof seines Wohnhauses im Stadtteil Rudow. Zwei Männer hätten den 48-jährigen Journalisten geschlagen und getreten, ein dritter Mann habe die Umgebung beobachtet. Als Zeugen aufmerksam wurden, seien die Männer geflohen, teilte die Polizei mit.
Landeskriminalamt ermittelt
Der für politisch motivierte Taten zuständige Staatsschutz im Landeskriminalamt (LKA) ermittelt. Zahlreiche Journalisten und Politiker erklärten sich solidarisch mit Acarer. Die Polizei äußerte sich zunächst nicht dazu, wer hinter dem Angriff stecken könnte.
Nach dem Angriff twitterte Acarer am Mittwochabend ein Foto von sich und schrieb dazu auf Türkisch: «Ich bin in meinem Haus in Berlin mit Messer und Faust angegriffen worden.» Er sei nicht in Lebensgefahr, habe einige Schwellungen am Kopf und sei im Krankenhaus. «Ich kenne die Täter. Ich werde niemals vor dem Faschismus kapitulieren.» Er und seine Familie stünden unter Polizeischutz.
Tweet Acarer
«Du wirst nicht schreiben»
In einem Video von Donnerstagmorgen sprach der Journalist von drei Angreifern mit Waffen. Einer von ihnen habe gesagt: «Du wirst nicht schreiben.» Weil viele Zeugen im Hof gewesen seien, hätten die Angreifer die Waffen nicht benutzen können. Weiter sagte er: «Dieser Angriff ist der Beweis dafür, dass alles, was wir gegen die islamistische und faschistische AKP-MHP-Regierung geschrieben und gesagt haben, korrekt ist.»
Die AKP ist die Partei des regierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Sie bildet ein Regierungsbündnis mit der ultranationalistischen MHP, ohne die sie im Parlament keine Mehrheit hätte.
Acarer, der schon länger in Berlin lebt, wurde zusammen mit anderen Journalisten in der Türkei angeklagt. Vorgeworfen wurde ihnen die Veröffentlichung von geheimen Informationen zur staatlichen Sicherheit und zu Geheimdienstaktivitäten. Hintergrund waren nach Angaben von Amnesty International unter anderem Berichte über einen in Libyen getöteten Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes.
Schwere Vorwürfe gegen Erdogan
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir twitterte: «Es ist ungeheuerlich, dass Exilanten aus der Türkei hierzulande Angst haben müssen um ihre Sicherheit. (...) Bin auf die Reaktion der Bundesregierung gespannt.» Die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen schrieb: «Erdogans Schergen greifen in Berlin einen Exil-Journalisten in seiner Wohnung mit Messern an. Wie lange will die Bundesregierung dem lebensgefährlichen Treiben des Erdogan-Netzwerks noch zuschauen?» Auch viele türkischstämmige Journalisten warfen Erdogan vor, für den Angriff verantwortlich zu sein.