"Anne Will": Ärztechef spricht von "Tyrannei der Ungeimpften"

Frank Ulrich Montgomery, Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes, wählte bei "Anne Will" harsche Worte: "Momentan erleben wir ja wirklich eine Tyrannei der Ungeimpften, die über das zwei Drittel der Geimpften bestimmen." (Bild: ARD)
Frank Ulrich Montgomery, Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes, wählte bei "Anne Will" harsche Worte: "Momentan erleben wir ja wirklich eine Tyrannei der Ungeimpften, die über das zwei Drittel der Geimpften bestimmen." (Bild: ARD)

Weltärztechef Frank Ulrich Montgomery sorgte mit scharfen Aussagen über Ungeimpfte bei "Anne Will" für Aufsehen. Auch CSU-Chef Markus Söder hadert mit der Impfquote: "Wir könnten mit allem durch sein." Die Plfegeratspräsidentin schoss derweil gegen die ZDF-Show "Wetten, dass ..?"

Die Reaktionen reichten von Zustimmung bis zu empörter Entrüstung: Auf Twitter überschlugen sich am Sonntagabend die Diskussionen zum Thema Corona-Schutzimpfung. Grund dafür waren Aussagen des Vorstandsvorsitzenden des Weltärztebundes (WMA), Frank Ulrich Montgomery, im ARD-Talk bei "Anne Will".

Insbesondere an der drastischen Wortwahl des Mediziners störten sich viele Userinnen und User: "Momentan erleben wir ja wirklich eine Tyrannei der Ungeimpften, die über das zwei Drittel der Geimpften bestimmen", erklärte Montgomery in Bezug auf die wieder stärker ins Blickfeld gerückten Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.

Gastgeberin Anne Will sprach Montgomery auf die Wortwahl noch in der Sendung an. "Ich benutze Bewusst den Begriff der Tyrannei", bekräftigte der WMA-Chef. In Ländern wie Portugal, mit einer hohen Impfquote, gäbe es diese Maßnahmen nicht mehr, da man sie schlicht nicht mehr brauche. Impfdurchbrüche hingegen seien immer noch verhältnismäßig selten. "Das sind gerade einmal zwei Promille der Geimpften, die einen Impfdurchbruch haben", so Montgomery.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erwartete, dass 2G künftig eine noch größere Rolle spielen wird. Er warnt: "Lassen Sie sich nicht täuschen, es geht erst richtig los. Es ist noch lange nicht der Höhepunkt erreicht." (Bild: ARD)
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erwartete, dass 2G künftig eine noch größere Rolle spielen wird. Er warnt: "Lassen Sie sich nicht täuschen, es geht erst richtig los. Es ist noch lange nicht der Höhepunkt erreicht." (Bild: ARD)

"Wie die das am Ende regeln, ist mir eigentlich egal"

"Alle impfen" sei deshalb nun gefragt. "Dann haben wir genügend Sicherheit, um uns dann auch über mehr Freiheitsgrade unterhalten zu können." Die Niederlande und Dänemark - beide Länder hatten ihren Bürgerinnen und Bürgern weitreichende Freiheit gewährt - würden nun mit Maßnahmen auf gestiegene Inzidenzen reagieren. "Das müssen wir auch tun."

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Frank Ulrich Montgomery ließ zudem verlauten, er sehe aktuell kein Ende der pandemischen Lage. Angesichts der politischen Diskussionen umdie Rechtslage entgegnete er: "Wie die das am Ende regeln, ist mir eigentlich egal." Allerdings müsse man damit aufhören, "dass sich jemand hinstellt und sagt: 'Mit mir wird es nie eine Impfpflicht geben, mit mir wird es nie einen Lockdown geben'". Einschränkungen auf lokaler Ebene, in einem Bundesland und falls nötig in der gesamten Bundesrepublik könnten weiterhin kommen.

Die 2G-Regelung sieht er als den richtigen Weg an, "und wenn die Bevölkerung das nicht anders versteht, dann müssen wir das vielleicht auch mal bundesweit machen", um ein "Wirrwarr der Maßnahmen" endlich zu beenden.

Pflegerats-Präsidentin Christine Vogler sprach sich gegen berufsbezogene Impfpflichten aus: "Wenn wir nur den Fokus auf die Pflegenden richten, dann sind wir hier im Fadenkreuz. Wir sind Bürger dieses Landes, für uns gelten genau dieselben Rechte." (Bild: ARD)
Pflegerats-Präsidentin Christine Vogler sprach sich gegen berufsbezogene Impfpflichten aus: "Wenn wir nur den Fokus auf die Pflegenden richten, dann sind wir hier im Fadenkreuz. Wir sind Bürger dieses Landes, für uns gelten genau dieselben Rechte." (Bild: ARD)

Söder: "Wir könnten mit allem durch sein"

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, live ins Studio zugeschaltet, erklärte, in Bayern werde die 2G-Regelung teilweise schon umgesetzt. "Das sind vor allem die Regionen, wo es die mit Abstand größte Impfverweigerung gibt." Dies seien nach Angaben des CSU-Politikers auch "Ecken, wo es mehr Querdenker gibt, Reichsbürger und andere". Argumente gegen das Impfen verstehe Söder einfach nicht. "Wir könnten mit allem durch sein", hätte man alle beziehungsweise so viele wie nötig geimpft, ist er sich sicher. Wenn die Ampel, welche in Bayern die Krankenhausbelegung abbildet, auf Rot springe, sei 2G auf Veranstaltungen nötig. "Ansonsten ist die Überlastung des Gesundheitssystems nicht zu verhindern."

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Ob denn doch noch ein Lockdown komme, wollte Anne Will von Söder wissen. "Nein, der Lockdown selber, der wäre in der Tat verfassungsrechtlich kritisch", entgegnete der bayrische Ministerpräsident. Dies gelte gerade gegenüber den Geimpften. Der CSU-Politiker erwartet gleichwohl, dass sich die pandemische Lage in naher Zukunft weiter zuspitzen wird. "Lassen Sie sich nicht täuschen, es geht erst richtig los. Es ist noch lange nicht der Höhepunkt erreicht."

Medizinethikerin Alena Buyx hält eine allgemeine Impfpflicht für nicht umsetzbar. "Hat man eine besondere Verantwortung?", fragte sie rhetorisch. "Diese Unterscheidung finde ich schon sehr wichtig."  (Bild: ARD)
Medizinethikerin Alena Buyx hält eine allgemeine Impfpflicht für nicht umsetzbar. "Hat man eine besondere Verantwortung?", fragte sie rhetorisch. "Diese Unterscheidung finde ich schon sehr wichtig." (Bild: ARD)

"Wenn ich gestern Abend 'Wetten, dass..?' geguckt habe ..."

Des Weiteren wurde in der Runde leidenschaftlich über eine mögliche Impfpflicht diskutiert, besonders im Fokus: die Pflegekräfte. Vertreten wurde selbige von Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, die eine Zuspitzung auf ihren Berufszweig als ungerecht empfindet: "Wenn wir aber nur den Fokus auf die Pflegenden richten, dann sind wir hier im Fadenkreuz", befürchtet Vogler. Es gäbe, so ihre Argumentation, noch weitere Berufe mit ähnlich viel Kontakt. Keine Sonderrolle also? "Wir sind Bürger dieses Landes, für uns gelten genau dieselben Rechte." Daher forderte Vogler: "Wir wollen die Impfpflicht für alle."

Alena Buyx, die Vorsitzende des Ethikrates, stimmte ihr zwar in der Hinsicht zu, dass nicht alles auf den Schultern der Pflegenden lasten sollte und auch weitere Berufe vergleichbar wären. Allerdings betonte Buyx auch die besondere Situation: "Hat man eine besondere Verantwortung?", fragte sie rhetorisch. "Diese Unterscheidung finde ich schon sehr wichtig." Zu einer allgemeinen Impfpflicht habe sich der Ethikrat schon mehrfach geäußert, selbige sei verfassungsrechtlich schwierig. Frank Ulrich Montgomery fügte an: "Aber wir haben doch eine moralische Verpflichtung, weil uns doch die Patienten anvertraut werden."

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Auch zu den geforderten Freiheiten für Geimpfte und Genesene hatte Christine Vogler eine klare Meinung: "Wir sind für 2G in allen Veranstaltungen, die nicht sein müssen", erklärte sie in Bezug auf die Rückkehr einer großen Samstagabendshow. "Wenn ich gestern Abend 'Wetten, dass ..?' geguckt habe ....", leitete sie mit Blick aufs fröhliche ZDF-Publikum ein. "Wirklich! Ich konnte das nicht ansehen!"

Frank Ulrich Montgomery schildert Gastgeberin Anne Will und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) seine Sicht der Dinge. Auch in puncto Impfpflicht: "Aber wir haben doch eine moralische Verpflichtung, weil uns doch die Patienten anvertraut werden." (Bild: ARD)
Frank Ulrich Montgomery schildert Gastgeberin Anne Will und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) seine Sicht der Dinge. Auch in puncto Impfpflicht: "Aber wir haben doch eine moralische Verpflichtung, weil uns doch die Patienten anvertraut werden." (Bild: ARD)