Annegret Kramp-Karrenbauer vor dem Narrengericht: Ganz schlechter Witz
CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich vor dem Narrengericht mit einem schlechten Witz über vermeintlich verweichlichte Männer und Intersexuelle zum Narren gemacht.
Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich beim “Stockacher Narrengericht” in Konstanz an einem satirischen Auftritt probiert und dabei vor allem schlechten Humor bewiesen. Vor dem Publikum machte sie sich über Männer und Intersexualität lustig.
Verräterischer Humor
In dem Karnevalswitz, der nun auf Twitter die Runde macht, sagt sie: “Wer war denn von euch vor Kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen. Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür, dazwischen, ist diese Toilette.”
Frau mit Doppelnamen beweist, dass es noch ein Karnevalsniveau unter Doppelnamen-Witzen gibt. Tädää! Tädää!#AKK #Steltergate via @queer_de pic.twitter.com/BPB88maJLE
— extra3 (@extra3) March 2, 2019
An dem Witz ist einiges extrem schief, allem voran AKKs Bild von Intersexualität. Intersexuelle Menschen weisen entweder anatomisch, hormonell oder genetisch sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsmerkmale auf. Seit Januar ist “divers” neben “männlich” und “weiblich” offiziell die dritte Geschlechteroption.
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Dass das natürlich rein gar nichts mit der Pinkelpraxis von Männern zu tun hat, dürfte auch AKK klar sein. Und trotzdem entschied sie sich, mit dem Witz die Lebensrealität von laut “SZ” schätzungsweise 100.000 Intersexuellen in Deutschland falsch darzustellen und ein sensibles Thema mit unsinnigen Vorurteilen weiter zu belasten.
Heftige Twitter-Reaktionen
Verboten sind Witze über Minderheiten nicht – aber lustig finden das offenbar immer weniger, wie man an den Twitter-Reaktionen sieht. Dort meldeten sich auch viele Politiker zu Wort.
Ein Karnevalsgag kann gut oder schlecht sein, komisch oder eher mäßig – aber auch hinter Humor steht immer eine Haltung. Es ist ebenso irritierend wie bedauerlich, dass @akk offenbar in Diskriminierungsfragen eine dem Amt und der Funktion angemessene Haltung fehlt. #Karneval
— Der Regierende Bürgermeister von Berlin (@RegBerlin) March 3, 2019
Ja, es ist wirklich ein Trauerspiel. Die Vorsitzende der größten Bundestagspartei findet es lustig, auf Stammtischniveau am Karneval Menschen zu denunzieren, die nicht der geltenden Machonorm entsprechen. Ein Jammer. @CDU @cducsubt #Homophobie #lgbtqi https://t.co/L9q80lmNNz
— Klaus Lederer (@klauslederer) March 2, 2019
„Erstens: Ihre Äußerungen zeugen von Unkenntnis in der Sache. Zweitens: Ihre Äußerungen sind diskriminierend und verächtlich machend.“
Ich habe @akk einen Offenen Brief zu ihren „Witzen“ über Intersexuelle geschrieben. Eine Entschuldigung wäre angemessen. pic.twitter.com/Sirj4WQSB0
— Sven Lehmann 🏳️🌈 (@svenlehmann) March 3, 2019
Die heftigen Reaktionen dürften auch damit zusammenhängen, dass Kramp-Karrenbauer schon einmal mit ihrer Intoleranz für Schlagzeilen sorgte. So ist sie bis heute gegen die Ehe für alle, weil diese weitere “Forderungen” nach sich ziehen könnte “…etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen”, so Kramp-Karrenbauer in einem Interview 2015.
Rollenbilder aus dem Mittelalter
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Übrigens war schon die Einleitung zu dem Witz problematisch: “Wird uns Frauen vorgeworfen: Selbst ist die Frau. Ja, natürlich ist die Frau selbst. Weil sie es sein muss. Guckt euch doch mal die Männer von heute an…“ Dann ging es weiter mit der “Latte-Macchiato-Fraktion”. Subtext: Die Männer von heute trinken ihren Kaffee mit aufgeschäumter Milch, setzen sich beim Pinkeln hin und sind keine “richtigen” Männer mehr.
Wenn man nach dem Mittelalter-Weltbild von #AKK geht dürfte die nicht in der Politik sein, sondern in der Küche. #CDU
— Fussfall (@Fussfall) March 2, 2019
Fehlte nur noch, dass AKK sich über Väter lustig macht, die in Elternzeit gehen. Eigentlich sollte es ihr klar sein: Solange wir an veralteten Rollenbildern hängen bleiben, wird das nie was mit der gelebten Gleichberechtigung.
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