Kontroverse Debatte um Viertagewoche zum Tag der Arbeit

Der Arbeitgeberverband BDA hat Forderungen nach einer Viertagewoche ohne Lohneinbußen zurückgewiesen.
Der Arbeitgeberverband BDA hat Forderungen nach einer Viertagewoche ohne Lohneinbußen zurückgewiesen.

Zum Tag der Arbeit am 1. Mai ist die Debatte über die Viertagewoche wieder voll entbrannt. Die Arbeitgeber warnten nach einem Vorstoß von SPD-Chefin Saskia Esken für eine Einführung samt Lohnausgleich vor Wettbewerbsnachteilen für die deutsche Wirtschaft. Union und FDP befürchten ihrerseits eine Verschärfung des Fachkräftemangels. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte, er könne sich eine Viertagewoche nicht für alle Branchen vorstellen.

"Deutlich weniger Arbeit bei vollem Lohnausgleich - wirtschaftlich ist das eine Milchmädchenrechnung", sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands BDA, Steffen Kampeter, der "Bild am Sonntag". "Nur mit mehr Bock auf Arbeit und Innovationen werden wir unseren Sozialstaat und den Klimaschutz auf Dauer finanzieren können."

SPD-Chefin Saskia Esken hatte am Samstag gesagt, sie könne sich eine Viertagewoche mit Lohnausgleich "gut vorstellen". Sie verwies dabei insbesondere auch auf die Bedürfnisse von Eltern und auf Studien, nach denen Menschen bei einer Viertagewoche effektiver arbeiteten.

Arbeitsminister Heil sagte im ZDF, er kenne Bereiche oder Unternehmen, in denen es eine Viertagewoche schon gebe. Er könne sich aber "nicht vorstellen, dass das für alle Bereiche der Wirtschaft und Arbeitswelt gelten wird". Er wolle "kein starres System".

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zeigte sich skeptisch. "Die Frage einer Viertagewoche muss zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt werden", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Voraussetzungen in den Branchen seien "sehr unterschiedlich".

Der Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, Hermann Gröhe (CDU), warnte, eine Viertagewoche werde Deutschlands Wirtschaft schaden. "In Zeiten von Fachkräftemangel die Arbeitszeit zu verkürzen und die Arbeit zu verteuern, würde der Wettbewerbsfähigkeit einen Bärendienst erweisen", sagte er dem "Tagesspiegel".

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner (CDU), warnte, Deutschland sei "im Vergleich zu anderen Industrienationen bereits von Platz 18 auf Platz 21 abgerutscht". Nötig sei "ein wirtschaftliches Sofortprogramm". "Arbeitszeitkürzungen zählen nicht dazu", erklärte sie.

Ähnlich äußerte sich die FDP. "In Hinblick auf den eklatanten Fachkräftemangel ist der Vorschlag einer Viertagewoche unverständlich", sagte Fraktionschef Christian Dürr den Funke-Zeitungen. "Verkürzte Arbeitszeiten würden Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit nicht stärken, sondern schaden."

Der FDP-Vizechef und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki sagte Funke, "eine bloße Reduzierung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich wäre ökonomisch und intellektuell jedenfalls sehr kurz gesprungen".

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Yasmin Fahimi, unterstützte im Deutschlandfunk Vorschläge für eine Viertagewoche grundsätzlich. Sie sah darin aber keine allgemeine Lösung, sondern eine Entscheidung, die in den jeweiligen Branchen getroffen werden müsse.

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann bekräftigte, dass seine Gewerkschaft bei den im November beginnenden Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie für eine Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich einstehen will. Er rechne damit, dass mit der Viertagewoche das Arbeitsvolumen insgesamt gesteigert werde, sagte der Gewerkschaftschef der "Bild am Sonntag".

Mercedes-Vorstandschef Ola Källenius lehnte die Forderungen nach einer Viertagewoche samt Lohnausgleich strikt ab. "Wenn unsere erste Priorität ist, bei vollem Lohnausgleich weniger zu arbeiten, gewinnen wir international kein Spiel mehr", sagte Källenius der "Bild am Sonntag". "Unsere Industrie befindet sich in einer Jahrhunderttransformation - da müssen wir die Ärmel hochkrempeln."

cfm/hex