ARD-Doku deckt auf: So wird der deutsche Amateurfußball auf dem Wettmarkt ausgebeutet

Längst sind auch Amateurligen in Deutschland ins Visier der weltweiten Wettindustrie gelangt. (Bild: BR / Daniel Assmann)
Längst sind auch Amateurligen in Deutschland ins Visier der weltweiten Wettindustrie gelangt. (Bild: BR / Daniel Assmann)

Hunderttausende Euro für Spiele aus den deutschen Amateur-Fußballligen: Längst hat der internationale Wettmarkt auch Hobbysport als profitable Erlösquelle ausgemacht. Wie sich kleine Vereine dagegen zur Wehr setzen und was man beim DFB zu dem Trend sagt, offenbart nun eine aufschlussreiche ARD-Doku.

Live-Ticker mit wenigen Sekunden Verzögerung und Wetten in Echtzeit - in der Bundesliga und Champions League gehört Glücksspiel trotz vieler Gefahren mittlerweile dazu. Renommierte Vereine lassen sich von Wettanbietern sponsern, tragen teilweise sogar deren Namen auf dem Trikot. Doch wie die ARD-Doku "ARD Story: Angriff auf den Amateurfußball" offenbart, sind längst auch Amateurligen ins Visier des weltweiten Wettmarktes geraten.

"Anscheinend sitzt gerade jemand in Moskau oder China und setzt auf unser Spiel und verdient da sein Geld damit", berichtet Christian Boche in dem 45-minütigen Film frustriert. Er ist seit Jahrzehnten das Gesicht des Kirchheimer SC, eines einstigen bayerischen Fünftligisten. Die Spiele des Vereins sind quasi in Echtzeit auf einem virtuellen Platz sichtbar, gleich daneben lassen sich Wetten platzieren - teilweise bei 40 verschiedenen Anbietern pro Spiel. Mit dabei sind auch große Anbieter aus Deutschland, obwohl Glücksspiel im Amateurbereich in Deutschland verboten ist.

Ex-Torwart beichtet Spielmanipulation: "Man hat Bargeld bekommen und fertig"

Doch dank diverser Schlupflöcher im Internet und der schwierigen Verfolgbarkeit im Netz sind deutsche Amateurklassen längst zum Umschlagplatz für Hunderttausende Euro geworden. Die Folgen reichen von Beleidigungen in Social Media gegen unterklassige Vereine wie den Blumenthaler SV aus der Bremenliga bis zu unzähligen Betroffenen von Spielsucht und Fußballern, die bewusst die Spiele ihrer eigenen Mannschaften manipulieren.

Bartolomej Kuru spielte einst für die U21-Nationalmannschaft Österreichs, doch als der Karriereweg des Torwarts in immer niedrigere Ligen führte, ließ er sich von den Angeboten der Wettmafia verführen. "Das wird man erst merken, wenn man in einer Zelle sitzt, die fünf Quadratmeter hat und man schläft dort mit einem Nachbarn und 20 Kakerlaken", beschreibt er in der ARD-Doku die Konsequenzen seiner Spielmanipulationen - 99 Tage U-Haft. Nach dem Spiel habe "man sich getroffen, hat Bargeld bekommen und fertig", erklärt der Torwart. Anders als der Ex-Kicker blieben die Drahtzieher im Hintergrund im Verborgenen.

"Das entzieht sich unserer Kontrolle": DFB sieht keine Wettproblematik

Obwohl Christian Boche auf dem Kirchheimer Fußballplatz einen Live-Scout auf frischer Tat ertappt und des Geländes verweist, scheint das Aufbegehren gegen die Wettindustrie ein Kampf gegen Windmühlen. Das liegt auch daran, dass weder in den Glücksspielbehörden der Länder noch beim DFB ein Bewusstsein für die Schieflage vorhanden ist - so zumindest vermittelt es der aufschlussreiche ARD-Film.

"Man kann im Darknet Panzer kaufen und von zu Hause aus alles Mögliche machen. Das entzieht sich unserer Kontrolle", gibt Ronny Zimmermann, DFB-Vizepräsident Amateure, im Interview an. Außerdem sei er trotz hoher Präsenz auf Amateurspielplätzen in den vergangenen Jahrzehnten nie mit dem Thema illegale Wetten oder Spielmanipulation in Berührung gekommen, versichert er.

Bei der Glücksspielbehörde GGL verspricht man zwar, die recherchierten Fälle des BR-Investigativteams genau zu prüfen, findet am Ende aber keine belastbaren Informationen. Und so scheint es, als würde das Geschäft auf dem Rücken der Amateure munter weitergehen.