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ARD-Klima-Experte Sven Plöger warnt vor "zehnjährigen Dürren in Mitteleuropa"

ARD-Wetterexperte Sven Plöger sprach bei "maischberger" über die Auswirkungen der Klimakrise. (Bild: ARD)
ARD-Wetterexperte Sven Plöger sprach bei "maischberger" über die Auswirkungen der Klimakrise. (Bild: ARD)

Gas wird knapp und das Klima extremer - wie können wir den aktuellen Krisen vernünftig begegnen? Kann jeder Einzelne seinen Beitrag durch das Sparen von Energie leisten? Darüber sprach Sandra Maischberger am Dienstag in ihrer Talksendung mit Experten und Journalisten.

Ist Energiesparen Bürgerpflicht? Seine Meinung dazu machte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vor einigen Tagen in einem Interview deutlich. Wer nur spart, wenn er einen finanziellen Anreiz bekomme, dem würde er sagen: "Die kriegst du nicht, Alter!"

Ob es tatsächlich die Pflicht der Verbraucher ist, die Folgen der knappen Gasversorgung zu begrenzen, darüber diskutierten am Dienstag bei "maischberger" im Ersten unter anderem der "Let's Dance"-Juror Joachim Llambi, Dagmar Rosenfeld, Chefredakteurin der "Welt am Sonntag", sowie der Meidenjournalist Friedrich Küppersbusch. ARD-Wetterexperte Sven Plöger klärte im anschließenden Gespräch mit der Moderatorin auf, welche Rolle das Energiesparen für die Klimakrise spielt.

Ist Energiesparen Bürgerpflicht? Darüber sprachen am Dienstag (von links) Friedrich Küppersbusch, Dagmar Rosenfeld, Joachim Llambi und Sandra Maischberger. (Bild: ARD)
Ist Energiesparen Bürgerpflicht? Darüber sprachen am Dienstag (von links) Friedrich Küppersbusch, Dagmar Rosenfeld, Joachim Llambi und Sandra Maischberger. (Bild: ARD)

Dass Energiesparen Bürgerpflicht sei, dem konnte Dagmar Rosenfeld nur zustimmen und zitierte damit den ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy: "Frag nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst." Wenn Deutschland auf eine Energiekrise zuschlittere, solle man niemanden dafür belohnen, dass er kürzer dusche, das sei nicht ihr Verständnis von Solidarität. Rosenfeld glaubt an die Eigenverantwortung. "Ich traue dem Menschen tatsächlich zu, die Heizung etwas niedriger zu drehen und vielleicht kürzer zu duschen oder das Wasser zwischendrin abzustellen, ohne dass er dafür noch 50 Euro vom Staat aufs Konto überwiesen kriegt."

Joachim Llambi: Habeck wird AKW-Laufzeiten verlängern

Joachim Llambi ergänzte, dass man keine denkbare Option ausschließen dürfe, die Krise zu bewältigen. "Ich glaube, es muss möglich sein, dass wir über alle Möglichkeiten von Energie reden dürfen. Und nicht per se sagen, das schließen wir aus, das machen wir gar nicht, wir reden jetzt nur noch über diese Dinge."

Man solle überlegen, Atomkraftwerke vielleicht doch noch länger laufen zu lassen. "Fracking kam in der letzten Woche auch mal auf, das ist dann auch direkt weggebügelt worden. Es müssen alle Möglichkeiten besprochen werden", forderte der Tanzrichter und TV-Star. Sein Vorwurf an den Bundeswirtschaftsminister: Habeck schränke den Handlungsspielraum ein, was am Druck seiner Partei liegen könne, die Angst um ihre "grüne" Identität habe.

Llambi ließ sich zu einer gewagten Prognose hinreißen: "Habeck wird spätestens im August sagen, wir verlängern mit den Atomkraftwerken." Aktuell sei die AKW-Debatte noch ein parteiinternes Spiel, doch "am Ende des Tages werden wir auch die Atomkraftwerke länger laufen lassen". Darauf würde er sogar wetten.

Sven Plöger vergleicht Klimarkrise mit Katastrophen-Blockbuster

Doch was passiert, wenn das Gas tatsächlich knapp wird? Dann werde es einen Verteilungskampf geben, glaubt "Welt"-Journalistin Rosenfeld. In dem bereits vorhandenen Notfallplan der Regierung stehe zwar, dass zuerst die Industrie Energie sparen müsse, dann erst die Verbraucher, doch dem könne Rosenfeld nicht zustimmen, es müsse umgekehrt sein.

Das sieht Friedrich Küppersbusch anders, seiner Meinung nach sei es unfair, dem Verbraucher zuallererst die Last aufzuerlegen. Um das zu verdeutlichen, warf er augenzwinkernd eine hypothetische Frage auf. "Ich erfinde jetzt mal einen Fall: Wenn wir eine Klimakrise hätten, dass man sagt, die Industrie macht weiter und die Bürger sollen die Klimakrise lösen?"

Eben auf die Klimakrise kam Sandra Maischberger im Anschluss mit Sven Plöger zu sprechen. Der ARD-Wetterexperte eröffnete eine ganz besondere Art, sich diese vorzustellen. "Wenn ich heute auf die Welt gucke - das ist für mich so: Ich gucke einen beginnenden Blockbuster, das sind die dramatischen Filme, die am Anfang furchtbar seicht losgehen und der Zuschauer weiß aber, gleich kommt Dramatik, sonst bräuchte es ja den Film nicht." So schaue er im Moment in die Gesellschaft und denke immer: "Wann merken die Protagonisten, wo sie stehen?"

"Jetzt kommen plötzlich die Sorgen und der Schreck"

Dürre, Waldbrände, Starkregen, "ist das die neue Normalität?", wollte Maischberger wissen. "Das ist neue Normalität, definitiv. Das ist Klimawandel haptisch. Das muss man so klar sagen." All die Brände in den letzten Jahren sind Veränderungen, die uns die Wissenschaft bereits vor 30 bis 40 Jahren erzählt habe. "Da ist im Grunde genommen nichts neu, aber jetzt kommt die Haptik, jetzt kommt die Fühlbarkeit, und jetzt kommen plötzlich die Sorgen und der Schreck."

Der Diplom-Meteorologe machte den Ernst der Lage noch deutlicher. "Wenn wir uns die Klimaprognosen anschauen, dann würden, wenn wir den Klimaschutz nicht in einem angemessenen Maß schaffen, zehnjährige Dürren in Europa, in Mitteleuropa, gewöhnlich werden können. Und das ist schon dramatisch."

Sven Plöger: Klimaschutz muss zum Geschäftsmodell werden

Bei aller Sorge bleibt Plöger aber optimistisch, Energiesparen sei nicht nur im Hinblick auf die Energiekrise sinnvoll, sondern vor allem auch die Klimakrise betreffend. Sparen sei ein zentraler Punkt, doch der Experte ging noch weiter und äußerte ganz konkrete Vorstellungen, wie sich ein Umdenken etablieren könnte, um die Klimakrise in ausreichendem Maße in Angriff nehmen zu können.

"Ganz grundsätzlich brauchen wir politische Rahmenbedingungen, die wirklich ein Handeln zulassen. Wir brauchen ein Jahrhundertgeschäft dahinter. Wir müssen ein Geschäft machen mit den richtigen Rahmenbedingungen - Geschäfte sind nämlich etwas, wo alle mitmachen wollen." Man müsse die Marktwirtschaft auf dem ökologischen und sozialen Auge ertüchtigen. "Da ist sie blind, das sehen wir. Schönreden hilft uns nicht. Es hilft auch nicht, A sagen, B machen und staunen, dass man mit A keinen Erfolg hat."

Oft höre Plöger das Argument, die Lage sei bereits so dramatisch, da könne man nichts mehr tun. Darauf entgegne der Meteorologe: "Wir haben es in die Richtung gedrückt, wir können es noch in die andere Richtung verkehren, aber nur, wenn wir diese Dinge entschlossen tun." Egal, was gerade auf der Welt passiere, "die Klimaproblematik wird immer weiter anwachsen, der Planet interessiert sich ja nicht für uns, dem ist das egal. Wir machen das alles für uns selber und auch für die Enkel".