Im ARD-Sommerinterview - Grünen-Chef Nouripour bezeichnet Ampel nur noch als „Übergangskoalition“

Omid Nouripour, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, unterhält sich vor Beginn des ARD Sommerinterviews vor dem Reichstag mit ARD-Journalistin Anna Engelke<span class="copyright">Paul Zinken/dpa</span>
Omid Nouripour, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, unterhält sich vor Beginn des ARD Sommerinterviews vor dem Reichstag mit ARD-Journalistin Anna EngelkePaul Zinken/dpa

Als Zukunftskoalition gestartet - und jetzt? Selbst Grünen-Chef Omid Nouripour glaubt nicht mehr an eine Zukunft der Ampel über die nächste Bundestagswahl hinaus. Das Dreier-Bündnis streite einfach zu viel - und sei deshalb nur eine Übergangslösung nach der Ära Merkel.

Grünen-Chef Omid Nouripour hält die sogenannte Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP nur noch für eine „Übergangskoalition“. Er glaube nicht, dass sich am zerstrittenen Bild der Ampel noch etwas ändern werde, sagte Nouripour am Sonntag im ARD-Sommerinterview. Es gebe allerdings eine „befremdliche Lust an diesem Streit, der aber zum Streiten führt“, so der Grünen-Chef weiter. „Und deshalb werden wir einfach feststellen müssen, diese Koalition ist eine Übergangskoalition nach der Ära Merkel, und wir werden dann vorankommen müssen als Land.“

Nouripour über Kubicki: „Als hätte er sonst keine Hobbys“

Dabei war die Ampel-Regierung vor knapp drei Jahren mit dem Anspruch angetreten, eine „Zukunftskoalition“ zu bilden, die das Land nach der 16-jährigen Regierungszeit von CDU-Kanzlerin Angela Merkel nach vorne bringt. Der Koalitionsvertrag trug den Titel „Mehr Fortschritt wagen“. Tatsächlich habe die Ampel-Koalition vieles erreicht, auf das man stolz sein könne: Etwa ein höhere Mindestlohn, Fortschritte beim Klimaschutz oder ein Abkoppeln in der energiepolitischen Abhängigkeit von Russland. „Aber der Streit überlagert alles“, sagte Nouripour. Das Vertrauen sei an seine Grenzen gekommen. Deswegen gehe es nun darum, „die Unterscheidbarkeiten deutlicher zu machen“ und nach vorne zu blicken.

Als Beispiel nannte Nouripour den Haushaltsstreit zwischen SPD und FDP, „den vielleicht sinnlosesten aller Streitereien in dieser Ampel“. Solche Auseinandersetzungen seien auch schädlich für die Grünen, obwohl seine Partei an diesem Streit kaum beteiligt gewesen sei. Er sei zuversichtlich, dass das Problem mit der Zwölf-Milliarden-Euro-Lücke gelöst werden könne, so der Grünen-Chef, „das ist kein Zauberwerk“. Dafür brauche es nur Willen. Den jedoch „sehe ich an manchen Stellen mittlerweile nicht mehr“, sagte Nouripour vor allem mit Blick auf die Liberalen. Namentlich kritisierte der Grünen-Chef dabei FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der regelmäßig „den Rücktritt von irgendeinem Minister der eigenen Koalition fordert, als hätte er sonst keine Hobbys.“

Bündnis mit Wagenknecht? „Meine Leute entscheiden vor Ort“

Eine künftige Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wollte Nouripour mit Blick auf die kommenden Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zumindest auf Länderebene nicht ausschließen. „Meine Leute entscheiden vor Ort über ihre Koalition, auch über die Frage, was man mit Frau Wagenknechts Partei machen soll“, erklärte Nouripour. Die Unterschiede zwischen Grünen und BSW seien aber sehr groß. „Und die Tatsache, dass Frau Wagenknecht eine außenpolitische Frage wie die Ukraine (...) zur Bedingung erklärt hat für eine Koalition in einem Landtag, zeigt, wie unernst das alles ist.“

Bei der Frage nach einer möglichen Kanzlerkandidatur der Grünen bei der nächsten Bundestagswahl wollte sich Nouripour nicht festlegen - auch nicht auf den Namen Robert Habeck. „Die anderen Parteien hätten gerne einen wie Robert Habeck“, sagte der Grünen-Chef. „Wir haben ihn. Das ist ein Riesenprivileg.“ Über die planmäßig im kommenden Jahr anstehende Bundestagswahl: „Es ist alles noch drin.“