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Armutsgefahr steigt besonders bei Generation 65 plus

Das höchste Armutsrisiko hatten die älteren Menschen vergangenes Jahr im Saarland mit einer Quote von 18,4 Prozent, gefolgt von Rheinland-Pfalz mit 17,8 und Bayern mit 17,5 Prozent.
Das höchste Armutsrisiko hatten die älteren Menschen vergangenes Jahr im Saarland mit einer Quote von 18,4 Prozent, gefolgt von Rheinland-Pfalz mit 17,8 und Bayern mit 17,5 Prozent.

Jeder fünfte Rentner muss einem Forscher zufolge an oder unter der Armutsgrenze leben, vor allem Frauen. Die Zahl der Betroffenen werde sich weiter erhöhen. Hinzu kommt nun noch die Corona-Pandemie.

Wiesbaden (dpa) - Eine wachsende Zahl älterer Menschen in Deutschland ist von Armut bedroht. Die Armutsgefährdung sei in der Gruppe ab 65 Jahren zuletzt am meisten gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mit. Der Zuwachs seit dem Jahr 2005 betrug demnach 4,7 Punkte. Im vergangenen Jahr seien 15,7 Prozent der Menschen in der Altersgruppe betroffen gewesen. Der Anteil erreichte annähernd das Niveau der Gesamtbevölkerung, er stieg hier um 1,2 Punkte auf 15,9 Prozent.

Armut wird in der Bundesrepublik über das Haushaltseinkommen und die daraus folgenden Möglichkeiten an gesellschaftlicher Teilhabe definiert. Die Armutsgefährdungsquote gibt den Anteil der Bevölkerung an, der mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens auskommen muss. Bei einem Ein-Personen-Haushalt lag diese Grenze 2019 bei 1074 Euro im Monat.

Tatsächlich lebten weitaus mehr ältere Menschen an oder unter der Armutsgrenze, als die Prozentzahlen auf den ersten Blick vermuten ließen, sagt der Forscher Christoph Butterwegge. Denn in der Grundgesamtheit seien auch Pensionäre sowie Menschen enthalten, die sehr gut von ihren Kapitalerträgen leben könnten. Betrachte man nur die Rentner, sei aktuell bereits jeder fünfte betroffen - vor allem Frauen. Das Problem werde sich künftig verschärfen. Ein Grund sei das abgesenkte und nach dem Jahr 2025 weiter sinkende Rentenniveau. Auch der breite Niedriglohnsektor verursache immer mehr Altersarmut.

Es sei zudem davon auszugehen, dass die Pandemie die Lage verschärfe: «Die Altersarmut wird durch die Rezession deutlich ansteigen», stellt Butterwegge fest. Betroffen von Kurzarbeit und Entlassungen seien vor allem Geringverdiener. Auch aktuell verschlimmere Corona bereits die Lage: «Mehr als eine Million Kleinstrentner haben Minijobs, um über die Runden zu kommen. Davon sind viele durch die Beschränkungen weggefallen. Sie erhalten keine staatliche Leistung als Ersatz.»

Armut treffe ältere Menschen besonders hart, denn sie seien mit teils hohen Gesundheitskosten konfrontiert. Zudem drohe ihnen Einsamkeit und soziale Isolation. Die neue Grundrente sei an sich eine richtige Maßnahme, doch mit durchschnittlich 75 bis 80 Euro monatlich für 1,3 Millionen Menschen viel zu gering bemessen, kritisierte der Forscher.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts bezogen Ende vergangenes Jahres 3,2 Prozent der Menschen im Rentenalter Grundsicherung. Laut Butterwegge ist hier von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Zwei Drittel der Anspruchsberechtigten stellten aus Scham, falschem Stolz oder Unkenntnis keinen Antrag.

Das höchste Armutsrisiko hatten die älteren Menschen vergangenes Jahr im Saarland mit einer Quote von 18,4 Prozent, gefolgt von Rheinland-Pfalz mit 17,8 und Bayern mit 17,5 Prozent. Am niedrigsten war es laut dem Bundesamt in Brandenburg mit 12,5 Prozent, Schleswig-Holstein mit 13 Prozent sowie Thüringen und Sachsen mit jeweils 13,4 Prozent. Den höchsten Anstieg seit 2005 weist die Statistik für Berlin mit einem Plus von 7,4 Punkten auf 14,8 Prozent und Nordrhein-Westfalen mit 7,1 Punkten auf 16,8 Prozent aus.

In Ost- und Westdeutschland war der Anstieg ähnlich hoch, es wurde aber ein unterschiedlicher Stand erreicht: 2019 war die Quote im Osten mit 13,8 Prozent geringer als in Westdeutschland mit 16,2 Prozent. In Ostdeutschland falle der Anstieg aber stärker ins Gewicht, da die Bevölkerung stärker altere - teils durch Abwanderung, teils durch geringe Zuwanderung, erklärte das Bundesamt.