„Euer arroganter deutscher Weg ist f***ing over“ - Lufthansa schickt Brandbrief an Scholz, Ryanair-Chef schießt gegen Bundesregierung

Ryanair-Chef Michael O'Leary<span class="copyright">picture alliance / empics</span>
Ryanair-Chef Michael O'Learypicture alliance / empics

Die Luftverkehrsindustrie hat den tiefen Einbruch aus der Corona-Krise immer noch nicht verdaut. Ryanair-Boss Michael O'Leary rechnet in einem Interview mit der Bundesregierung ab. Auch die Lufthansa verfasst einen Brandbrief an Olaf Scholz und Ursula von der Leyen.

Fast nirgendwo in Europa entwickelt sich der Luftverkehr so langsam wie in Deutschland mit einem Angebot von rund 84 Prozent des Vorkrisen-Niveaus. Der innerdeutsche Flugverkehr ist auf knapp die Hälfte geschrumpft und Billigflieger wie Ryanair machen einen großen Bogen um den deutschen Markt. Die Branche macht dafür die stark gestiegenen Gebühren für Flugsicherung und Passagierkontrollen sowie die ebenfalls erhöhte Luftverkehrssteuer verantwortlich.

Ryanair-Chef: „Euer arroganter deutscher Weg ist f***ing over“

Michael O'Leary, Chef von Ryanair, rechnet nun im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ mit der deutschen Politik ab: „Ich habe Ihren Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt getroffen und einen Plan vorgelegt: Sie senken die Steuern und Gebühren, wir verdoppeln das Flugangebot in Deutschland binnen sieben Jahren.“ Eine Antwort habe er nie bekommen, sagt O'Leary.

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Überhöhte Standortkosten würden laut O'Leary dazu führen, dass Deutschland sich zu einem „Luftfahrt-Friedhof“ entwickle. Der Ryanair-Boss macht die Bundesregierung für den massiven Abzug von Flugzeugen von deutschen Flughäfen verantwortlich und kündigte an, zusätzliche Flugzeuge aus Deutschland in profitablere Märkte verlegen zu wollen. „Was wir brauchen, ist eine neue Regierung, die sich dem Wachstum verschreibt. Euer arroganter deutscher Weg ist f***ing over!“, meint O'Leary.

Fliegen in Europa ist vergleichsweise kostspielig, bedingt durch Umweltauflagen, Regulierungen und hohe Steuern. Daher verlagern immer mehr Fluggesellschaften ihre Flugzeuge und logistische Abläufe in Länder außerhalb der EU, wo der Betrieb günstiger ist und höhere Einnahmen erzielt werden können.

Lufthansa schreibt Brandbrief an Scholz und von der Leyen

Auch die Lufthansa hat einen Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verfasst, um auf die angespannte Lage des europäischen Luftverkehrs hinzuweisen. „Arbeitsplätze und Wertschöpfung werden in Gefahr geraten und drohen in Länder mit deutlich niedrigeren Umwelt- und Sozialstandards verlagert zu werden“. Der europäische Luftverkehr verliere “dramatisch an Wettbewerbsfähigkeit", heißt es in dem Schreiben, das der „ Bild “ vorliegt.

Der Brief stammt vom Aufsichtsrat der Lufthansa AG, der klare Forderungen an die Politik stellt: „Bürokratie abbauen, Klimapolitik überarbeiten, das Luftverkehrsabkommen zwischen der EU und Katar aussetzen und eine Antwort auf die Folgen der Luftraumsperren im Zuge des russischen Angriffskrieges finden, denn seit fast drei Jahren dürfen EU-Fluglinien den russischen Luftraum nicht mehr nutzen. Dies ist vor allem für Langstreckenflüge nach China, Japan und Südkorea ein Problem.“

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Weiter heißt es: „Ein fairer Wettbewerbsrahmen und die Interessen unserer Volkswirtschaften müssen bei der Ausrichtung der europäischen und nationalen Politik einen neuen Stellenwert erfahren – auch und besonders im Luftverkehr.“

Im Lufthansa-Konzern macht vor allem die deutsche Kernmarke mit hohen Personalkosten, Bürokratie und überalterter Flotte Probleme. Neue, sparsamere Flugzeuge erreichen nur mit großen Verzögerungen das Unternehmen, das bei der italienischen Airline Ita einsteigen will.

Von der neuen Bundesregierung erhoffen sich Lufthansa und Co. die Abschaffung der Ticketsteuer und den Verzicht auf den ab 2026 geplanten nationalen Alleingang beim strombasierten künstlichen Kerosin. Kommen wird hingegen ab 2025 die verpflichtende Beimischung von nachhaltigem Treibstoff (SAF) auf Bio-Basis, den die EU in steigenden Quoten verlangt. Weil dies nur für Starts innerhalb der EU gilt, sehen sich die Airlines auch hier im Nachteil mit Wettbewerbern etwa aus der Türkei und dem arabischen Raum.