Arzt aus Ruanda in Paris wegen Völkermords vor Gericht
Zwei Jahrzehnte nach dem Völkermord im ostafrikanischen Ruanda muss sich ein 65 Jahre alter Arzt aus Ruanda seit Dienstag in Paris vor Gericht verantworten. Eugène Rwamucyo steht im Verdacht, Aufrufe zum Vorgehen gegen die Volksgruppe der Tutsi weiterverbreitet zu haben. Nach Zeugenberichten soll der Arzt auch Verletzte getötet und geholfen haben, die Toten in einem Massengrab zu verscharren.
Rwamucyo ist unter anderem wegen Völkermords und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Er befindet sich derzeit unter juristischen Auflagen auf freiem Fuß. Im Fall einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.
Der Angeklagte weist die Vorwürfe zurück. Rwamucyo habe sich an dem Vergraben der Toten in seiner Funktion als Arzt beteiligt, um einen Hygiene-Notstand zu verhindern, betonte sein Anwalt Philippe Meilhac. Dies sei nötig gewesen, weil Hunderte von Leichen unter freiem Himmel lagen.
Seit seiner Ankunft in Europa hatte Rwamucyo in Belgien und Frankreich als Arzt gearbeitet. 2010 war er auf Grundlage eines internationalen Haftbefehls in Frankreich festgenommen worden, nachdem Kollegen im Krankenhaus die Polizei informiert hatten.
Es ist der achte Angeklagte aus Ruanda, der sich wegen Beteiligung am Völkermord vor einem französischen Gericht verantworten muss. Zuvor wurden bereits drei hochrangige Beamte, ein Militär, ein Gendarm, ein Fahrer und ein früherer Gynäkologe zu Haftstrafen zwischen 14 Jahren und lebenslänglich verurteilt.
Bei dem Völkermord in Ruanda waren zwischen April und Juli 1994 etwa 800.000 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen Mitglieder der Volksgruppe der Tutsi, aber auch gemäßigte Hutu.
kol/gt