Außenminister Sigmar Gabriel: „Trumps Rhetorik ist unfassbar kriegerisch“

Sigmar Gabriel über die Nordkorea-Politik der USA, Druck auf Erdogan und die Ukraine.

Herr Gabriel, die Welt scheint aus den Fugen geraten zu sein. Was heißt das für den deutschen Außenminister? Das heißt schlicht und einfach: Wir müssen Europa stärken. Als Nationalstaaten werden wir in der Welt von morgen keine Stimme haben. Asiens Dynamik ist atemberaubend, Afrika verdoppelt seine Bevölkerung, auch Lateinamerika wächst. Wir in Europa werden dagegen weniger. Deswegen müssen wir zusammen stehen. Unsere Kinder haben in Zukunft entweder eine gemeinsame europäische Stimme oder sie haben keine Stimme in der Welt. Als Außenminister haben Sie Einblicke, die andere Menschen nicht haben. Können Sie besser oder schlechter schlafen als Andere, wenn Sie an die Spannungen zwischen den USA und Nordkorea denken? Ich bin gar nicht sicher, ob ich mehr Einsicht habe, weil heute doch zum Glück alles sehr transparent ist. Gleichzeitig ist es schwer zu erklären, was sich in den USA abspielt. Außenminister und Verteidigungsminister haben bei Nordkorea sehr realistische Einschätzungen. Verteidigungsminister Mattis hat gesagt, ein Krieg auf der koreanischen Halbinsel würde eine Zahl von Todesopfern fordern, wie sie die Welt seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen hat. Deshalb hält er ein militärisches Eingreifen der USA für falsch. Aber Trump klingt ganz anders. Ja, leider. Der US-Präsident bedient sich einer unfassbar kriegerischen Rhetorik. Es ist schwer nachzuvollziehen, wer das Sagen hat. Das Schlimme daran ist die Gefahr, dass solche Eskalationen mit der Sprache beginnen und mit einem Militäreinsatz enden. In Europa wissen wir das. Wir sind vor einem Jahrhundert mit kriegerischer Rhetorik, wie schlafwandlerisch, in den Ersten Weltkrieg marschiert. Daraus haben wir in Europa gelernt: Jetzt ist die Stunde der Diplomatie und nicht des Kriegsgeschreis. Wird sich im Zweifel auch in Trumps Amerika die Vernunft durchsetzen? Die ganze Welt ist schockiert darüber, wie unberechenbar die US-Politik geworden ist. Einer von Trumps Leuten hat gerade in einem Aufsatz sinngemäß geschrieben: Bislang glaubte man, die Welt solle auf der Basis von rechtlichen Verabredungen organisiert sein. Das aber sei Unsinn. Die Welt sei eine Kampfbahn. Jeder gegen jeden, und der Stärkere setzt sich durch. Solche Leute wollen die Stärke des Rechts gegen das Recht des Stärkeren eintauschen. Das ist das Gegenteil dessen, was den Westen bislang verbunden hat – universelle Werte von Freiheit, Demokratie, Recht. Dass sich die Amerikaner davon verabschieden, macht den Westen schwächer. Deswegen müssen wir um die Amerikaner kämpfen, wir dürfen sie nicht verloren geben. Trump sagt, der Colt sei geladen und schussbereit. Was können Sie tun, damit nicht geschossen wird? Wir tun, was wir tun können – zusammen mit anderen Europäern und jenen in Amerika, die Einfluss im Kongress haben. Es gibt sie ja durchaus noch. Es ist ja auch nicht so, als ob ganz Amerika den Verstand verloren hätte....Lesen Sie den ganzen Artikel bei berliner-zeitung