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Die Aufpasserin: Bäderfachangestellte Nicole Antoni über Leben retten im Lentpark

Sie kennt die Tricks der Badegäste und achtet darauf, dass niemand ertrinkt.

Frau Antoni, eines wollen wir erst einmal richtigstellen: Sie sind keine Bademeisterin. Genau! Ich bin Fachangestellte für Bäderbetriebe. Voraussetzung dafür ist eine dreijährige Ausbildung. Anschließend kann man nach zwei Jahren Pause noch die zweijährige Ausbildung zum Meister machen. Wie gut müssen Sie selber schwimmen können? Während der Ausbildung stand ich jeden Morgen um sieben am Beckenrand, um mich für die Abschlussprüfung vorzubereiten. Bei der Ihnen was abverlangt wurde? Eine Rettungsübung, Abschleppen, Streckentauchen, 100 Meter auf Zeit und 300 Meter mit Kleidung schwimmen. Zwölf Bahnen in Klamotten ist nicht ohne, oder? Es ist so eine Art Karateanzug, den man am Ende ausziehen, auswringen und ans Ufer werfen muss. Sie sind schon immer gerne ins Wasser gegangen? Absolut. Ich habe schon als Kind gerne geschwommen, alle Stilrichtungen. Ich habe von Bronze bis Gold alles durch. Wie weit sind Sie von einer Olympia-Norm entfernt und was ist Ihre persönliche Bestzeit? Im Kraul auf 100 Metern in etwa 1,25 Minuten. Das ist für eine Frau schon ganz in Ordnung. An einem bewölkten Morgen wie heute hat ihre Tätigkeit fast etwas Meditatives. Stimmt. Man hört das Wasser rauschen, und es beruhigt einen irgendwie. Das sind die Momente, die einen die anstrengenden Tage vergessen lassen. Aber das wäre doch ein idealer Tag für echte Schwimmer, die in Ruhe ihre Bahnen ziehen möchten. Wir haben Stammgäste, die jeden Morgen kommen. Wenn nicht, ist klar, dass da was nicht stimmt. Dann entschuldigen die sich aber auch. Und abends kommen die Jüngeren nach ihren Jobs. Ansonsten ist der kölsche Schwimmbadbesucher ein wolkenscheuer Sonnenanbeter? Ja, total. Umgekehrt bedeutet das: Je mehr Sonne, desto anstrengender wird’s? Ja, wenn es richtig heiß ist, dann ist es rappelvoll, und ich muss als Schichtleiterin die Badegäste als auch meine Kollegen im Auge behalten, ob sie unruhig wirken oder auf irgendwas reagieren. Denn ich bin diejenige, die einen Einsatz koordiniert und zu Ende führt. Das heißt, Sie springen selber nicht ins Wasser? Doch, natürlich auch. Jeder, der in der Nähe ist, springt rein – ratzfatz mit allem, was wir anhaben. Außer dem Walkie-Talkie, das schmeißen wir vorher noch weg. Es ist in Ihrem Beruf also immer ratsam, Ersatzunterwäsche zu haben? (lacht) Auf jeden Fall. Wie oft kommt es denn vor, dass jemand tatsächlich ins Becken muss? In den sieben Jahren, die ich jetzt hier bin, musste ich es erst einmal. Was ist passiert? Da ist ein junger Mann vom Dreier gesprungen, auf den Rücken geknallt und hat keine Luft mehr gekriegt. Aber schlimmer war der Einsatz, als ich nicht reinspringen musste, mir dafür aber ein ohnmächtiges Kind – vielleicht ein oder zwei Jahre alt – übergeben wurde. Es war mit dem Hinterkopf auf den Beckenrand gefallen. Und wo war die Mutter? Die stand total unter Schock und war ganz ruhig. Und dann? Habe ich das Kind erstmal in die stabile Seitenlage gebracht. Plötzlich fing die Mutter laut an zu weinen, da ist das Kind wieder zu sich gekommen. Aber es ist doch beruhigend zu wissen, dass Rettungseinsätze bei Ihnen selten sind. Bei unseren Rettungsschwimmern kommen die schon öfter vor. Weniger bei uns, weil wir hier ein bisschen abseits liegen. Aber im Agrippabad passiert es fast täglich. Weshalb? Meistens sind es Flüchtlinge. Die springen einfach ins Becken und denken, sie können im Wasser stehen. Dann sind da noch die Wellen, und viele überschätzen dabei ihre Kräfte. Da kommen also Menschen in unsicheren Booten übers Meer zu uns nach Europa, die nie gelernt haben zu schwimmen? Bei vielen ist das so. Aber es gibt natürlich Ausnahmen. Wir haben zum Beispiel seit knapp drei Jahren einen Flüchtling aus Syrien als Rettungsschwimmer im Team, der ist ein klasse Schwimmer. Ist es nicht bemerkenswert, dass unsere Kinder hier zwar alle mit Computer aufwachsen aber nicht mehr lernen, mit zehn Fingern zu tippen und erst recht nicht mehr, sich über Wasser zu halten? Ja, man muss echt gucken, wer im Schwimmer- und wer im Nichtschwimmerbereich ist. Viele glauben, sie sind sicher und kriegen das mit ihren Kräften nicht hin. Werden Schwimmlehrgänge für Kinder angeboten? Ja, die sind auch immer schnell ausgebucht. Wenn es an heißen Tagen rappelvoll ist, wie viele Leute müssen Sie dann gleichzeitig im Blick haben? So 50 bis 60 sind das schon. Wir zählen ja meistens nur in Köpfen. Und kriegt man einen Blick dafür, wo sich was Gefährliches anbahnt? Eigentlich schon. Es ist immer gefährlich, wenn die zu dicht hintereinander springen oder rutschen. Pubertierende Jungs? Meistens ja. Und zu dem Gewimmel im Wasser kommt noch das Gekreische. Ja, die Akustik ist schon anstrengend. Abends gehst du hier mit Kopfschmerzen raus. Aber man gewöhnt sich auch an die Geräuschkulisse. Und wie oft sammeln Sie nach Sprüngen Badekleidung ein? Nicht so oft. Für uns ist wichtig, dass die Leute wieder hochkommen. Wenn Textilien flöten gehen, ist uns das egal. Vielen Kölnern ist nicht egal, dass mit Chorweiler ein weiteres städtisches Bad aus Personalmangel geschlossen hat. Weshalb ist es so schwer, Mitarbeiter zu finden? Weil viele den Beruf nicht kennen; nicht wissen, dass man den vernünftig lernen muss. Dabei verdienen wir nicht schlecht und sind bei der Stadt Köln angestellt. Das ist ja auch noch mal eine Sicherheit. Immer nur aufs Wasser gucken kann ja vielleicht auch eintönig sein. Das ist der Beruf auf gar keinen Fall. Ich bin ja in mehreren Bereichen unterwegs und muss viel hin- und herspringen. Aber die Köln-Bäder suchen ja auch Rettungsschwimmer. Ja, dringend. Um das zu werden, ist der zeitliche Aufwand gar nicht so hoch, das macht man relativ zügig und kann sogar ganz gut Geld verdienen. Allemal mehr als bei einem Aushilfsjob als Kellner. Und wir nehmen auch Rentner. Sie selber sind 24 Jahre alt und Kölnerin. Nein leider nicht. Ich wohne in Niederkassel, aber ich komme zum Shoppen und Leute treffen her. Köln ist atemberaubend. Auch was die Schwimmbadlandschaft betrifft? Die ist auch toll. Und Kölner sind im Großen und Ganzen Wasserratten? Auf jeden Fall. Viele nutzen jede Gelegenheit, um mal eben abzutauchen. Das Gespräch führte Susanne Hengesbach...Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta