Auswirkungen auf Cholesterinspiegel - Harvard-Forscher isst 720 Eier in einem Monat - was mit ihm passiert ist

Nick Norwitz konsumierte einen Monat lang 24 Eier pro Tag - mal als Rührei, Omelett, hart gekocht oder als Spiegelei.<span class="copyright">Youtube/Nick Norwitz/Getty Images/Photo by Cathy Scola</span>
Nick Norwitz konsumierte einen Monat lang 24 Eier pro Tag - mal als Rührei, Omelett, hart gekocht oder als Spiegelei.Youtube/Nick Norwitz/Getty Images/Photo by Cathy Scola

720 Eier in einem Monat essen – das klingt nach einer Schnapsidee. Dabei ist der Mann, der dieses Selbstexperiment durchgeführt hat, Doktorand der Medizin an der renommierten Harvard-Universität. In einem Video berichtet er.

  • Im Video: So gelingt das perfekte Frühstücks-Ei garantiert       

Nick Norwitz hat 2021 bereits an der Oxford-Universität zum Thema Stoffwechsel promoviert und geht seit Jahren Ernährungsthemen rund um Cholesterin und einer ketogenen Ernährung auf den Grund, also einer Ernährung mit wenig Kohlenhydraten, dafür einem hohen Fettanteil. Mittlerweile forscht er in Harvard. Auf seinem Youtube-Kanal hat er mehrere Experimente zum Thema Cholesterin dokumentiert. Sein neustes Video dazu lautet: „Ich habe 720 Eier in einem Monat gegessen. Das ist mit meinem Cholesterinspiegel passiert.“

Die Antwort: nichts. Die 24 Eier pro Tag und eine geschätzte Gesamtmenge von 133.200 Milligramm Cholesterin im Monat hätten seinen Cholesterinspiegel nach eigenen Angaben kein bisschen in die Höhe getrieben. „All diese Eier haben meinen Cholesterinspiegel nicht ansteigen lassen”, sagt Norwitz. „Obwohl sich die Menge an Cholesterin in meiner Nahrung mehr als verfünffacht hat.“Genau das habe er mit seinem Video auch beweisen wollen, sagt Norwitz. Eier hätten zu Unrecht den Ruf einer ungesunden Cholesterinbombe.

Eier zu Unrecht verteufelt

Doch worauf basiert dieser schlechte Ruf überhaupt? Im Grunde ist Cholesterin wichtig. Es ist Bestandteil der Zellmembran und an Stoffwechselprozessen beteiligt. Ein gesunder Mensch hat etwa 140 Gramm Cholesterin im Körper. Zu viel Cholesterin kann jedoch Arterien durch Ablagerungen verengen und somit das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, einen Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen.

Allerdings lässt sich der Cholesterinwert im Körper durch eine bestimmte Ernährung nicht so stark beeinflussen wie viele glauben. Norwitz interessierte sich im Rahmen seines Selbstversuchs vor allem für den sogenannten LDL-Cholesterinwert, häufig auch „böses“ Cholesterin genannt. Hierzu waren seine Erkenntnisse laut eigenen Angaben noch überraschender: „Mein LDL-Cholesterinwert sank sogar um zwei Prozent innerhalb der ersten beiden Wochen und dann um weitere 18 Prozent in den zwei darauffolgenden Wochen.“

Das Gesamtcholesterin eines Menschen setzt sich aus LDL und HDL zusammen. Während LDL als „schlechtes“ Cholesterin eher in Verruf steht, weil es sich an Arterienwänden ablagern kann, steht das „gute“ HDL dafür, den Körper zu unterstützen, Blutfett wieder aus den Arterien zu filtern. Allerdings hat auch LDL wichtige Eigenschaften: Es „räumt auf“, nachdem LDL seine Reparaturarbeiten abgeschlossen hat. Außerdem baut der Körper mehr Muskelmasse auf, je höher der LDL-Wert im Blut ist.

Aktuelle Forschung stützt Eier-These

Ob das extreme Eier-Experiment tatsächlich wie beschrieben stattgefunden hat und der LDL-Wert bei Norwitz wie besagt sank, lässt sich nicht unabhängig bestätigen. Beim Kochen oder Essen zeigt er sich in seinem Youtube-Video nicht. Was jedoch gewiss ist: Die aktuelle Forschung stützt Norwitz‘ These. Wissenschaftler gehen heutzutage davon aus, dass die Ernährung nur zu einem kleinen Teil für den Cholesterinspiegel verantwortlich ist. Der Rest ist Genetik. So regulieren unter anderem LDL-Rezeptoren in der Leber den Cholesterinwert im Blut.

Genetisch bedingt kann ein Mensch mehr oder weniger LDL-Rezeptoren haben – und so den Cholesterinspiegel besser oder schlechter regulieren, erklärt Ulrich Laufs, Professor und Leiter der Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig. „Bestimmte Stellschrauben im Körper haben wesentlich mehr Einfluss auf den Cholesterinspiegel als unsere Ernährung“, sagt er im Gespräch mit FOCUS online.

Auch Laufs kennt Extrembeispiele wie das von Nick Norwitz: „Es gab einen Mann, der 25 Jahre lang jeden Tag 25 Eier gegessen hat. Er wurde 85 Jahre alt, hatte einen normalen Cholesterinspiegel und keine Gefäßverkalkungen.“

Gesunde Mittelmeerküche beugt Erkrankungen vor

Dauerhaft erhöhte Cholesterinwerte können zwar eine Herzerkrankung begünstigen. Um dem vorzubeugen sollten wir aber in erster Linie auf Nikotin verzichten und uns ausreichend bewegen, sagt Laufs. Eine gesunde Ernährung, am besten nach mediterranem Vorbild, stehe erst an dritter Stelle. Die mediterrane Ernährung - auch Mittelmeerküche genannt - gilt aus wissenschaftlicher Sicht als gesündeste Ernährungsweise der Welt. Sie beinhaltet viel frisches Gemüse, Salat, Nüsse, Fisch und Olivenöl. Verzichten sollten Sie dagegen auf zu viel rotes Fleisch und fetthaltige Milchprodukte.

Entscheidend ist, was sonst noch auf dem Teller landet

Diese Ernährungsweise empfiehlt auch Helmut Gohlke von der Deutschen Herzstiftung. Entscheidend beim Ei-Konsum sei nämlich die „begleitende Ernährung“, was also sonst noch auf dem Teller landet. Wer sein Frühstücksei mit Gemüse kombiniert, lebe deutlich gesünder als jemand, der dazu Speck isst, welcher ungesunde gesättigte Fettsäuren enthält.

Norwitz ergänzte seine Ei-Diät nach eigenen Angaben täglich um Bananen, Blaubeeren und Erdbeeren. Das klingt gesund. Sie sind reich an Vitaminen, sekundären Pflanzenstoffen und Antioxidantien. Zudem stecken in Eiern bereits jede Menge wichtige Vitamine und Mineralstoffe – eben alles, was ein Küken für seine Entwicklung braucht. Die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K sowie die wasserlöslichen B-Vitamine. Außerdem Kalzium, Phosphor und Eisen im Eigelb sowie Natrium und Kalium im Eiweiß. Trotzdem ist Norwitz‘ Experiment kein Vorbild für eine dauerhafte Ernährung. Wird der Magen jeden Tag mit 24 Eiern gefüllt, passen nicht mehr viele andere Lebensmittel hinein. Dabei warnen Experten generell vor einer zu einseitigen Ernährung.