Bürgerrat als neue Front im Informationskrieg - Faesers Kampf gegen Desinformation treibt fragwürdige Früchte

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) denkt an eine Art "Wahrheitsministerium" gegen Desinformation und Fake News - doch das birgt auch Gefahren.<span class="copyright">Foto: dpa/Michael Kappeler</span>
Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) denkt an eine Art "Wahrheitsministerium" gegen Desinformation und Fake News - doch das birgt auch Gefahren.Foto: dpa/Michael Kappeler

In einer Zeit, in der die Grenzen zwischen Wahrheit und Falschinformation immer verschwommener werden, nimmt Storytelling-Profi Veit Etzold das komplexe Thema Desinformation unter die Lupe.

Wie wird entschieden, was als Desinformation gilt und wer ist für die Überprüfung zuständig?

Wie bei allen Initiativen, insbesondere denen von Innenministerin Nancy Faeser, sollte man sich die alte lateinische Frage „cui bono?“ stellen: Wem nützt es?

Falschinformation sind dabei nämlich besonders solche Informationen, die Faeser und die Bundesregierung samt der Ampelparteien, besonders die SPD und Grünen, schlecht dastehen lassen. Klar ist auch, dass die „Troll Fabriken“ in St. Petersburg das Internet mit Falschinformationen fluten und sicher gezielt in die Bundestagswahl 2025 eingreifen werden.

Dass man den Deutschen nicht zutraut, vor dem Hintergrund von Faktenchecks und einer Vielzahl von medialen Quellen sich ihre eigenen Meinung zu bilden, ist schon einmal traurig und spricht für Untertanendenken gegenüber dem eigenen Volk, das eigentlich aus der Kaiserzeit kommt. Die Bertelsmann Stiftung stand schnell bereit, um eine Anti-Fake-News-Strategie zu erarbeiten. Man darf sich hier allerdings fragen, ob dann auch bei möglichen Fake News, die über Bertelsmann Töchter wie RTL oder die Gruner & Jahr Zeitschriften Familie verbreitet werden, ebenso penibel hingeschaut wird.

Oder gilt dort dann der alte Spruch aus „Animal Farm“ von „1984“ Autor George Orwell: Alle Tier (in unserem Fall Medien) sind gleich, aber manche sind gleicher?

Warum ist es immer gefährlich, wenn Politiker die Wahrheit für sich pachten?

Da der deutsche Staat und seine Behörden was die Digitalisierung angeht, noch mit Hammer und Meißel unterwegs sind, wird die Pflicht der Berichtüberprüfung den Medienplattformen übergestülpt. Oder, und das ist noch viel einfacher: Es wird einfach bestimmt, was wahr ist. Pontius Pilatus fragte so schön „Was ist Wahrheit?“ und Obi Wan Kenobi brachte dem jungen Skywalker bei, dass „Wahrheit immer vom eigenen Standpunkt ausgeht“.

Hier ist es so: Alles, was der Regierung nicht passt, ist unwahr. Mit freier Presse, freier Meinungsäußerung und Demokratie hat das alles nichts zu tun, wohl aber mit einem zunehmend übergriffigen Staat, der die wahren Probleme nicht löst, dafür aber Nebelkerzen wirft und in bester orwellscher Manier das „Wahrheitsministerium“ für sich pachtet.

Bei den Ostdeutschen ist es noch nicht so lange her, dass die Menschen dort unter einem Regime lebten, was ihnen vorschreiben wollte, was wahr ist und was nicht. Dass den Ostdeutschen die elternhafte Bevormundung durch Frau Faeser und die SPD besonders sauer aufstoßen, zeigt sich auch in den desaströsen Ergebnissen der SPD, die, so Generalsekretär Kevin Kühnert, „froh ist, dass sie nicht aus dem Landtag geflogen ist.“ Was für ein hehres Ziel für eine Volks- und Kanzlerpartei!

Die Ostdeutschen sind 1989 gegen ein totalitäres Regime auf die Straße gegangen und haben dieses System gestürzt, vielleicht fürchtet man in der Regierung, dass sie es wieder tun, wenn sie nicht mit dem „angemessenen Untertanenwissen“ beglückt werden.

Die Deutschen sind dabei kein Volk, das von Herzen böse ist. Sie sind allerdings teilweise derart lammfromm und blöd, dass hier der alte Spruch gilt: „Der Steigbügelhalter des Bösen ist oft das Blöde.“ Indem Faeser erwägt, Medienzensur zur Bürgerpflicht zu machen, hält sie den Deutschen genau diesen Steigbügel hin.

Warum entfalten alle Storys ein Eigenleben, auch die Story über das Medien-Gütesiegel?

Jede Story hat einen Helden. Und jeder Held braucht einen Schurken. Wenn dieser Schurke oder die Bedrohung nicht klar genug kommuniziert wird, das erkläre ich auch immer meinen Kunden in Emotional Selling und Strategie-Seminaren, macht sich das Gegenüber seinen eigenen Schurken. Ist zum Beispiel das Problem, das ein Produkt löst, nicht klar oder nicht stark genug, macht sich der Kunde seinen eigenen Schurken und das ist dann meist der Preis.

Der Mensch ist ein „Schurken-suchendes“ Wesen, da eine Realität ohne Hindernis für uns keine wahre Realität ist. Das Problem ist nur: Wenn der Schurke, das Desaster oder das Hindernis, das inszeniert wird, nicht glaubhaft ist, macht sich das Gehirn des Gegenübers seinen eigenen Schurken.

Beispiel zum geplanten Wahrheitsministerium: Frau Faeser möchte, dass die bösen russischen Trolle nicht mehr in den Wahlkampf eingreifen. Der „gewollte“ Schurke sind also die Trolle in St. Petersburg. Die nicht vollständig gehirngewaschenen Deutschen durchschauen dieses plumpe Manöver aber und sehen, dass die Regierung eigentlich nur regierungskritische Medien mundtot machen will. Damit ist die freie Meinungsäußerung in Gefahr und der neue Schurke, ist die Regierung selbst! Oder, da Schurken am besten personalisiert funktionieren: Innenministerin Nancy Faeser.

Was heißt das für die Kommunikation im Unternehmen?

Ich habe es schon oft erlebt, dass im Unternehmen Strategien verkündet werden, ohne dass a) klar ist, was danach besser wird und b) was schlechter wird, wenn die Strategie nicht umgesetzt wird. Genau das wollen die Mitarbeiter aber hören um zu verstehen, warum sich die Mühe der neuen Strategie überhaupt lohnt.

Und genau diese beiden Aspekte fehlen der Desinformationskampagne komplett. Denn die inoffizielle Story, die bei den Menschen ankommt, ist die, dass es gar nicht so sehr um die Trolle aus Russland, sondern um regierungskritische Berichte geht. Wie eine Story beim Empfänger ankommt, entscheidet nicht der Sender, sondern der Empfänger. Und wenn ich als Führungskraft (oder auch Politiker) „meinen“ Schurken nicht klar genug definierte, definiert ihn ein anderer.

Hier gilt der älteste Grundsatz des Storytellings: Entweder du erzählst eine gute (und vor allem schlüssige) Story über dich oder andere erzählen eine schlechte Story über dich.