Baerbock: Lage im Nahen Osten "zum Zerreißen"
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat vor einer zunehmend gefährlichen Situation im Nahen Osten gewarnt. "Die Lage ist zum Zerreißen", sagte sie am Montag in Brüssel bei einem EU-Außenministertreffen nach ihrer dritten Reise in die Region. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, die Lage habe ein "hohes Maß an Grauen" erreicht. Er will diese Woche nach Israel und in die Palästinensergebiete reisen.
Baerbock nannte es zentral, "dass die humanitäre katastrophale Lage in Gaza eingedämmt wird und dass die Nonstop-Gefährdung Israels durch die Hamas durch die terroristischen Akteure unterbunden wird, damit Israel und seine Menschen in Sicherheit und Frieden leben können". "Die bittere Realität ist, dass wir nur in kleinsten Schritten vorankommen", räumte Baerbock ein. Sie hatte zuvor Israel, das Westjordanland, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate besucht.
Während Baerbock beim EU-Außenministertreffen für eine Politik der "kleinen Schritte" warb, forderten Frankreich und Belgien erneut einen Waffenstillstand. Die von der EU geforderten "humanitären Pausen" im Kampfgeschehen müssten schnellstmöglich greifen, sagte die französische Außenministerin Catherine Colonna. "Diese Pausen müssten sofort kommen und von langer Dauer sein", betonte sie. Die belgische Außenministerin Hadja Lahbib forderte eine "humanitäre Feuerpause" und begründete dies mit dem "unerträglichen Leid" im Gazastreifen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Forderungen nach einem sofortigen Waffenstillstand oder einer längeren Kampfpause zurückgewiesen. Unter anderem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und UN-Vertreter setzen sich dafür ein. Baerbock äußerte zwar Verständnis für die Haltung Frankreichs und der UNO. Diese lasse aber unbeantwortet, wie Israels Sicherheit gewährleistet werden könne und was mit den mehr als 200 Geiseln in der Gewalt der Hamas-Miliz geschehen solle.
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn rief Israel zur Zurückhaltung auf. "Krankenhäuser dürfen kein Schlachtfeld sein", forderte er unter Verweis auf mutmaßliche israelische Luftangriffe auf die Al-Schifa-Klinik, unter der Hamas-Stellungen vermutet werden. "Hier sind Babys die ersticken, weil kein Sauerstoff mehr da ist", sagte Asselborn.
Der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, forderte, die Feuerpausen müssten es humanitären Helfern zumindest erlauben, ihre Arbeit in Sicherheit zu tun. "Das ist bisher nicht der Fall", kritisierte er mit Blick auf Israel. Besonders dringend sei Treibstoff, damit die Krankenhäuser im Gazastreifen weiter arbeiten könnten.
lob/ju