EU-Ukrainehilfen: Baerbock ruft Ungarn zu Ende der Blockade auf

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Ungarn dazu aufgefordert, die Blockade weiterer EU-Militärhilfen für die Ukraine aufzugeben. "Europa ist stark, wenn Europa zusammensteht", sagte Baerbock. (François WALSCHAERTS)
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Ungarn dazu aufgefordert, die Blockade weiterer EU-Militärhilfen für die Ukraine aufzugeben. "Europa ist stark, wenn Europa zusammensteht", sagte Baerbock. (François WALSCHAERTS)

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Ungarn aufgerufen, die Blockade neuer EU-Militärhilfen für die Ukraine zu beenden. Sie appelliere "eindringlich an Ungarn", weitere Unterstützung für die Ukraine zu ermöglichen, sagte Baerbock am Montag am Rande des EU-Außenministertreffens in Brüssel. Auch andere Länder machten Druck auf die rechtsnationalistische Regierung von Viktor Orban, die als Russland-nah gilt. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach nach dem Treffen von einer "hitzigen Debatte".

Diplomaten zufolge liegen wegen Ungarn insgesamt mehr als neun Milliarden Euro für Kiew auf Eis. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis warf Orbans Regierung eine "systematische" Blockade vor. Nicht nur die Militärhilfen steckten fest, Budapest habe auch die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine als "Geisel" genommen.

Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto kritisierte Deutschland, Litauen, Polen und Irland seinerseits scharf. Die "Kriegsbefürworter" hätten bei dem Treffen "herumgebrüllt", schrieb er auf Facebook. Ungarn werde dem Druck aber nicht nachgeben.

Offiziell begründet Budapest seine Haltung mit einer angeblichen "Diskriminierung" ungarischer Unternehmen in der Ukraine. Diplomaten vermuten allerdings, dass Orban weitere EU-Fördergelder für sein Land freipressen will, die im jahrelangen Rechtsstaatsstreit mit Brüssel eingefroren sind.

Bei den EU-Militärhilfen handelt es sich um Mittel aus der sogenannten Europäischen Friedensfazilität (European Peace Facility, EPF) - ein Topf außerhalb des EU-Haushalts, über den sich Mitgliedsländer Waffenlieferungen an die Ukraine teilweise erstatten lassen können. Auszahlungen erfordern Einstimmigkeit bei den Mitgliedsländern, womit Ungarn eine Vetomöglichkeit hat.

Für den Zeitraum bis 2027 ist der Topf mit fünf Milliarden Euro dotiert. Zudem blockiert Ungarn laut Diplomaten drei Tranchen von je 500 Millionen Euro aus einem älteren Hilfspaket. Dazu kommen rund 2,7 Milliarden Euro aus den Zinsgewinnen eingefrorener russischer Vermögenswerte, die ab Juni ebenfalls für den Kauf von Waffen und Munition für Kiew eingesetzt werden sollten - insgesamt also 9,2 Milliarden Euro.

Wird der Streit nicht schnell gelöst, könnte er den EU-Gipfel Ende Juni überschatten. Eigentlich geht es bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs um die Vergabe der Brüsseler Spitzenposten nach den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni.

Die EU-Außenminister verhängten unterdessen neue Russland-Sanktionen im Zusammenhang mit dem Tod des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny. Sie zielen auf 20 Verantwortliche. Darunter sind Richter oder Ermittler, die für Nawalnys Strafverfolgung verantwortlich waren, sowie die russische Gefängnisverwaltung. Die EU richtete dafür einen neuen Sanktionsrahmen ein, der inoffiziell nach Nawalny benannt ist.

Der Kreml-Kritiker war im Februar mit 47 Jahren unter ungeklärten Umständen in einer Strafkolonie am Polarkreis ums Leben gekommen. "Wir werden keine Mühen scheuen, die politische Führung und die Behörden Russlands dafür zur Verantwortung zu ziehen", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

Der estnische Außenminister Margus Tsahkna warnte vor weiteren russischen "Provokationen". Er sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Russland testet unsere Grenzen aus und spielt mit unseren Ängsten." Moskau hatte nach Angaben aus Tallinn zuletzt Grenzbojen im Fluss Narva zwischen den beiden Ländern entfernen lassen.

lob/cp