Bald 19.000 Punkte - Kraftprotz Dax steigt trotz Konjunkturschwäche - das steckt dahinter

Die Kurve des deutschen Aktienindex (DAX) zeigt nach oben.<span class="copyright">dpa</span>
Die Kurve des deutschen Aktienindex (DAX) zeigt nach oben.dpa

Nur zwei Tage nach der Meldung, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal geschrumpft ist, steht der Aktienindex Dax kurz vor dem Rekord von 19.000 Punkten. Warum schlagen sich die Aktien der Großkonzerne so gut in einer Wirtschaftsflaute?

Um fast zehn Prozent ist der Dax##chartIcon allein in diesem Monat bereits gestiegen, mit 18.913 Punkten wurden am Donnerstagabend ein neuer Rekordschlusskurs erreicht. Bald wird die Grenze von 19.000 Punkten fallen, zum ersten Mal in der Geschichte des Leitindex. Gestartet war der Dax das Jahr noch mit rund 16.700 Punkten, steht jetzt also schon rund 13 Prozent im Plus.

 

Das ist auf einem Level mit anderen wichtigen Börsenindizes. Der Eurostoxx, der Leitindex der Eurozone, liegt 10 Prozent im Plus, der US-amerikanische Leitindex S&P 500##chartIcon rund 18 Prozent, der japanische Nikkei rund 16 Prozent und selbst der britische FTSE 100##chartIcon kommt auf ein Jahresplus von 9 Prozent. Doch die Börsengewinne im Dax stehen in einem krassen Missverhältnis zum Stand der deutschen Wirtschaft. Die schrumpfte im Frühjahr leicht, wie das Statistische Bundesamt diese Woche mitteilte. Im ersten Quartal hatte es zudem nur einen minimalen Anstieg von 0,2 Prozent gegeben.

Diese Diskrepanz erklärt sich hauptsächlich dadurch, dass die deutsche Wirtschaft für die im Dax vertretenen deutschen Großkonzerne kaum eine Rolle spielt. Die meisten von ihnen verdienen ihr Geld hauptsächlich in anderen Erdteilen. Über alle 40 Konzerne gerechnet liegt der durchschnittliche Anteil des im Ausland erwirtschafteten Umsatzes bei rund 80 Prozent. Die schwache Nachfrage in Deutschland beeinflusst den Aktienindex also nur zu 20 Prozent.

Die Konzerne profitieren damit davon, dass die Wirtschaftskraft in wichtigen Märkten stärker wächst als in Deutschland. Während der Internationale Währungsfonds (IWF) für Deutschland in diesem Jahr nur mit einem Mini-Wachstum des Bruttoinlandproduktes von 0,2 Prozent rechnet, sind es in der gesamten Eurozone mit 0,9 Prozent fast fünfmal so viel. Die USA sollen sogar auf 2,6 Prozent kommen, China auf 5,0 Prozent und das immer wichtiger werdende Exportland Indien sogar auf 7,0 Prozent. Selbst südamerikanische Märkte wie Brasilien florieren mit einem prognostizierten Wachstum von 2,1 Prozent.

Autokonzerne schwächeln

Das hilft allerdings nicht allen 40 Dax-Konzernen. An der Performance lässt sich aber genau ablesen, wer mehr der Welt- und wer mehr der deutschen Wirtschaft ausgesetzt ist. So liegt etwa die Aktie von Siemens Energy##chartIcon mit einem Jahresplus von 90 Prozent weit vorne im Index. Die Energiesparte machte im vergangenen Jahr rund 84 Prozent seines Umsatzes im Ausland. SAP##chartIcon kommt auf einen ähnlichen Auslandsanteil, die Aktie des IT-Riesen stieg um 55 Prozent. Auch die Deutsche ##chartIconBank (+43 Prozent), die Münchner Rück##chartIcon (+36 Prozent) und die Deutsche Telekom##chartIcon (+31 Prozent) wuchsen dank des Auslandsgeschäfts stärker als der Durchschnitt.

 

Daneben gibt es aber auch Konzerne, denen das inländische Geschäft noch zum Erfolg verhilft. An erster Stelle steht dabei der Rüstungskonzern Rheinmetall##chartIcon mit einem Jahresplus von 117 Prozent. Er profitiert vom Ukraine-Krieg und der dadurch ausgelösten massiven Investition in die Modernisierung der Bundeswehr. Auch der Immobilienriese Vonovia##chartIcon gehört mit 46 Prozent Jahresplus zu den Dax-Gewinnern. Dafür sorgen zum einen steigende Mieteinnahmen ob der Baukrise, gleichzeitig musste der Konzern aber auch viele Wohnungen aus seinem Portfolio verkaufen.

Am anderen Ende des Dax stehen die Konzerne, die besonders unter der deutschen Wirtschaftsflaute leiden. Das trifft etwa die Autobauer Porsche##chartIcon (-31 Prozent), Volkswagen##chartIcon (-15 Prozent), BMW##chartIcon (-14 Prozent) und Mercedes-Benz##chartIcon (-8 Prozent) ebenso wie Zulieferer Continental (-11 Prozent). Auch die durch hohe Energiepreise gebeutelten Chemiekonzerne Bayer##chartIcon (-45 Prozent), Sartorius (-31 Prozent), Brenntag##chartIcon (-8 Prozent) und BASF##chartIcon (-1 Prozent) stehen im roten Bereich.

Entsprechend orientiert sich der Dax mittlerweile mehr an internationalen Wirtschaftsdaten denn an deutschen. Meldungen aus den USA beeinflussen den Index damit teils stärker als inländische Nachrichten. Das bedeutet aber nicht, dass heimische Geschehnisse für den Index unbedeutend sind. Die stark gesunkenen Inflationsraten und die damit verbundenen weitere Senkung der Leitzinsen durch die EZB hilft den Dax-Konzernen, wieder mehr Geld zu investieren. Kurioserweise könnte eine schwache deutsche Wirtschaft dem Dax damit sogar noch zu höheren Rekorden verhelfen. Je stärker etwa der Konsum in Deutschland und der Eurozone sinkt, desto stärker dürfte die EZB die Leitzinsen senken, um den Konsum wieder anzukurbeln. Das verhilft Dax-Konzernen dann nicht nur zu höheren inländischen Umsätzen, sondern verbilligt auch ihre eigenen Investitionen weiter.

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