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Beauty weltweit: Kleines rumänisches Dorf kämpft gegen internationales Modelabel

Eine Vertreterin des rumänischen Labels “Bihor Couture” lässt sich mit einer Besucherin der Pariser Fashion Week fotografieren. Foto: Screenshot/Youtube BihorCouture
Eine Vertreterin des rumänischen Labels “Bihor Couture” lässt sich mit einer Besucherin der Pariser Fashion Week fotografieren. Foto: Screenshot/Youtube BihorCouture

Inspiration hat ihre Grenzen. Nicht umsonst kommen viele tot gesagte Trends einfach immer wieder, wie Schlaghosen oder Birkenstock-Sandalen. Kein Wunder also auch, dass manche Kleidungsstücke des internationalen Labels Dior sehr stark an die traditionellen Kostüme eines kleinen rumänischen Bezirks erinnern. Denn auch die Designer von Dior wissen manchmal, so der Vorwurf, einfach nicht mehr weiter. Nur – sie haben auch nicht mit Gegenwehr gerechnet.

Es ist Pariser Fashion Week und die Vertreterin des Modelabels “Bihor Couture” wird umschwärmt und betrachtet als wäre sie ein Ausstellungsstück längst vergangener Tage. Instagramer und Youtuber machen mit ihr Selfies. Sie ist ein Paradiesvogel in dieser Modewelt. Sie gehört hier nicht hin. Und doch ist sie gekommen, um eins deutlich zu machen: Das was ihr auf den Laufstegen bewundert, gibt es bei uns in Rumänien schon viel länger.

“Bihor Couture”dem Kreis Bihor in Rumänien fertigt traditionelle Kleidungsstücke. Ihr Markenzeichen sind folkloristische Muster, Stickereien und bunte Farben. Das bekannteste ihrer Fashionteile: eine Weste, die sehr an die des Hauses von Christian Dior erinnert.

Das linke Foto zeigt die Weste von Dior, die in der Pre-Fall Collection 2017 herauskam. Die rechte Seite verweist darauf, dass genau diese Westen aus Schafsfell schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts Teil der rumänischen Folklore sind.

Unter dem Hashtag #givecredit fordern nun zahlreiche Rumänen und auch Menschen aus anderen Ländern dazu auf, dass Dior die Ideengeber für ihre Mode kenntlich macht. Schließlich verkauft das Label die Weste auch nicht gerade billig. 30.000 Euro soll sie kosten, davon kommt nichts bei den rumänischen Vordenkern an.

Auch andere Designer wie Louis Vuitton, Stella McCartney oder Dolce & Gabbana mussten sich bereits vorwerfen lassen, dass sie sich am geistigen Eigentum der indigenen Völker bedienen und deren folkloristische Produktpalette intensiv in ihre eigenen Arbeiten einfließen lassen. So finden sich die bunten Kleider der Chiapas in Mexiko oder der Schmuck der Maasai in Tansania immer öfter auf den Laufstegen wieder – zahlreiche Völker sind von der kulturellen Aneignung ihrer traditionellen Mode betroffen.

Das Hauptproblem ist: Tradition hat kein Patent, keinen Markenschutz. Wie hätte sie sonst überhaupt gedeihen können? Folkloristische Kleidung entstand, weil zahlreiche Familien ähnlich arbeiteten. Sie kannten dieselben Knüpftechnicken, Stickmuster, sie hatten dieselben wichtigen Symbole in ihrem Volk, sie nutzten dieselben Materialien und mussten sich an dieselben Witterungsbedingungen mit ihren Kleidungsstücken anpassen. Hätte ein Hersteller oder Herstellerin damals gesagt: “Stopp! Das war meine Idee, niemand darf sie kopieren”, hätte die Tradition der Schafsfellwesten mit den bunten rumänischen Mustern kaum entstehen können.

Trotzdem ist das fehlende Urheberrecht kein Freibrief für Ideenklau. Deswegen wehrt sich Bihor nun. Die rumänische Modezeitschrift “Beau Monde” macht sich für die eigene Mode stark und hat ein Label gegründet. “Bihor Couture” – eben jenes, das ihre Abgesandte zur Fashion Week nach Paris geschickt hat. Mit einem eigenen Onlineshop, professionellen Werbefilmen und Plakaten wollen sie, dass diejenigen, die drauf und dran sind eine rumänisch-anmutende Weste bei Dior zu kaufen lieber in im “Bihor Couture”- Shop bestellen. Hier dauert es zwar länger, schließlich ist alles Handarbeit, es ist aber auch um das 60-fache günstiger.