Befällt Organe und ist gegen Medikamente resistent - Forscher finden Pilz, der plötzlich Menschen befällt – was dahinter steckt
Pilzerkrankungen breiten sich immer weiter aus. In China wurde nun bei Krankenhauspatienten ein Pilz entdeckt, der zuvor unbekannt war. Forscher sind alarmiert, denn durch die Wärme mutiert er und wird resistent gegen Medikamente.
Pilzinfektionen bei Menschen wie etwa Candida auris sind weltweit auf dem Vormarsch. Das Problem: Candida auris spricht auf manche Anti-Pilz-Medikamente, sogenannte Antimykotika, gar nicht an und kann schmerzhafte Ohrinfektionen, Harnwegsinfekte oder sogar eine Blutvergiftung verursachen. Gerade für geschwächte Krankenhauspatienten kann eine Infektion daher lebensgefährlich werden. Laut Auswertung des Nationalen Referenzzentrums für Invasive Pilzinfektionen wurde er 2023 bundesweit 77-mal nachgewiesen - sechsmal häufiger als in den Vorjahren.
Einen Grund warum Pilzinfektionen künftig noch ein deutlich größeres Problem werden könnten, sehen Forscher im Klimawandel. Denn auch Pilze müssen sich den steigenden Temperaturen anpassen, um zu überleben. Dadurch erhöht sich möglicherweise die Gefahr, dass auch bisher ungefährliche Pilzarten Menschen infizieren. Erst im März 2024 warnten Forscher in einer Studie , dass einige Arten möglicherweise vom Klimawandel profitieren, „indem sie sich allmählich an höhere Temperaturen anpassen und häufiger vorkommen und möglicherweise virulenter werden.“
Rhodosporidiobolus fluvialis - Neue Pilzerkrankung im Blut von Menschen entdeckt
Nun scheint eine neue Studie aus China, die im Fachmagazin „ Nature Biology “ veröffentlicht wurde, diese These zu untermauern. Denn dort haben Forscher tatsächlich einen Pilz bei Krankenhauspatienten gefunden, der bisher noch nie bei Menschen nachgewiesen wurde: Rhodosporidiobolus fluvialis (R. fluvialis). Dabei handelt es sich um eine Art Hefepilz, der beispielsweise in Meeresböden vorkommt.
Zwischen 2009 und 2019 hatten die Wissenschaftler über 27.000 Pilzproben aus 96 verschiedenen Krankenhäusern gesammelt und analysiert. Dabei entdeckten sie R. fluvialis im Blut von zwei Patienten (61 und 85 Jahre), die an schweren Erkrankungen wie Bauchspeicheldrüsen- und Lungenentzündung litten.
Laborversuchen zeigen Bildung von Resistenzen und Mutationen durch Wärme
Beide starben jeweils auf den Intensivstationen in unterschiedlichen Krankenhäusern und Jahren und hatten nichts miteinander zu tun. Zwar ist unklar, ob ihr Tod mit der Pilzerkrankung in Zusammenhang steht, doch beide wurden mit den Antimykotika Fluconazol und Caspofungin behandelt.
Das Beunruhigende: In Laborversuchen konnten die Forscher später feststellen, dass der R. fluvialis gegen beide Mittel resistent ist. Diese Resistenzen bildeten sich gerade bei höheren Temperaturen ab 37 Grad heraus – das entspricht der Körpertemperatur eines Menschen.
Noch schlimmer: Durch Wärme entstandenen zudem Mutationen, die sich in den Organen ausbreiteten und bei Labormäusen schnell zum Tod führten. Für die Forscher waren diese Ergebnisse eindeutig: Sie zeigten, dass die globale Erwärmung die Entstehung von gefährlichen Pilzpathogenen vorantreiben kann, heißt es dazu in der Studie.
Studienergebnisse beunruhigend - auch andere Forscher alarmiert
„Das ist ein bemerkenswerter und unerwarteter Befund, der nichts Gutes für die Zukunft bedeutet”, sagte etwa der Infektiologe David Denning von der Universität Manchester, der nichts mit der Studie zu tun hat, gegenüber dem Magazin „ Science ”. Denn wenn sich das Klima weiter erwärmt, könnte auch die Zahl der bedrohlichen Pilzerkrankungen zunehmen.
In den letzten Jahren seien beim Menschen mehrere völlig neue Pilzinfektionen aufgetreten, bei denen einige resistent gegen Medikamente waren, bestätigt die Mikrobiologin Aiya Gusa von der amerikanischen Duke Universität gegenüber „ Science ”: „Das ist ziemlich auffällig und beängstigend ”, so die Forscherin weiter.
Forscher mutmaßt: Patienten hatten einfach nur Pech
Als weniger bedrohlich beurteilt der Forscher Matthew Fischer vom Imperial College London die Ergebnisse der chinesischen Studie. Verwandte Arten von R. fluvialis seien bereits in der Tiefe der Ostsee sowie im Boden der Antarktis und im Toten Meer gefunden worden, sagte er ebenfalls gegenüber „ Science ”. Menschen kämen nur selten mit dem Pilz in Kontakt. „Mein erstes Gefühl ist, dass es in China unerforschte Gebiete gibt, in denen diese Hefen vorkommen, und dass diese beiden Patienten das Pech hatten, ihnen ausgesetzt zu sein“, so der Forscher.