Begleitet Rückführungen aus Deutschland - Abschiebepolizist teilt frustrierende Fälle - einer hat sich in seinem Kopf eingebrannt

Berliner Polizei im Einsatz (Symbolbild)<span class="copyright">Michael Kappeler/dpa</span>
Berliner Polizei im Einsatz (Symbolbild)Michael Kappeler/dpa

Die Bundesregierung hat angekündigt, vermehrt Abschiebungen durchzuführen. Die dadurch anfallenden Maßnahmen sind aber kostspielig und häufig komplex. Ein Bundespolizist gewährt nun ernüchternde Einblicke in die tatsächlichen Probleme bei den Rückführungen.

Ein Berliner Bundespolizist, der seine Identität schützen möchte, hat im Gespräch mit der „ Welt “ über seine Arbeit als Personenbegleiter Luft (PBL) gesprochen. Er eskortiert Personen bei ihrer Rückführung in ihr Heimatland oder das Land, in dem sie zuerst Asyl beantragt haben. Der Beamte hat bereits über 50 Abschiebungen nach Marokko, Afghanistan, Italien, Frankreich, Finnland und Pakistan begleitet und schildert seine Alltagserfahrungen.

Zunächst berichtet der Polizist von seinem ersten Abschiebeflug: „Damals sollte ich einen Mann begleiten, der nach Spanien ausgewiesen wurde. Es war ein Fall nach Dublin II, dort hatte der Mann seinen Asylantrag gestellt. Auf dem Weg zur Maschine, noch auf dem Rollfeld, klammerte er sich an der Treppe fest, die ins Flugzeug führte. Er trat nach Kollegen, wehrte sich mit aller Kraft. Der Kapitän bemerkte das und weigerte sich, den Abzuschiebenden mitzunehmen. Weil es eine Einzelmaßnahme in einer Linienmaschine war, hatten wir keine Wahl. Die Maßnahme wurde abgebrochen, der Mann blieb in Deutschland.“

Beamte berichtet über ernüchternden Fall: „Man fragt sich, ob es die Mühe wert ist“

In Schleswig-Holstein hatten zuletzt mehr Polizistinnen und Polizisten wegen ihrer Arbeitsbelastung Alarm geschlagen. Die Zahl der sogenannten Überlastungsanzeigen stieg von sechs Fällen im Jahr 2022 auf 23 Anzeigen in 2023, wie aus der Antwort der Landesregierung hervorging. Trotz einiger gescheiterter Abschiebungen zweifelt der Bundespolizist nur „selten“ an dem, was er tut.

Dann erzählt er von einem weiteren Fall. „Ich erinnere mich an einen Mann, den wir Anfang Dezember nach Rom begleitet haben. Er kündigte an, spätestens Weihnachten zurück in Deutschland zu sein. Tatsächlich wurde er im folgenden Januar erneut hier registriert. Bei Fällen wie diesem fragt man sich, ob die Mühe es wert ist“, so der Abschiebepolizist gegenüber „Welt“. Und weiter: „Wer im Dublin-Verfahren zurückgeführt wird, ist im Land der Erstaufnahme meist schnell wieder auf freiem Fuß. Ein Migrant, der morgens aus Deutschland abgeschoben wird, kann sich am Abend in einen Bus setzen und nach Köln oder Berlin zurückfahren. Das ist frustrierend.“

Ein Fall macht Abschiebepolizisten nachdenklich: „Wieso sollte er nicht in Deutschland leben dürfen?“

Der Beamte thematisiert auch ein Erlebnis, das sich in seinen Kopf eingebrannt hat. Ein Afghane sei direkt bei seiner Arbeit abgeholt und zum Flughafen gebracht worden. „Ich saß neben ihm, wir flogen nach Kabul. Den gesamten Flug über haben wir uns auf Deutsch unterhalten. Der Mann verdiente eigenes Geld, war nie straffällig geworden und hatte sich gut integriert. Wieso sollte jemand wie er nicht in Deutschland leben dürfen? Er hatte seine McDonalds-Arbeitsuniform noch an, als wir landeten.“ Das sei aber die Ausnahme, betont er. 90 Prozent der von ihm begleiteten Rückführungen könne er „vollends nachvollziehen“.

Die Bundesregierung hatte Anfang September die Kontrollen auf die Grenzen zu allen Nachbarstaaten ausgeweitet - und dies mit der Notwendigkeit eines härteren Vorgehens gegen irreguläre Migration begründet. Seit Montag ist die Maßnahme nun in Kraft. „Wichtiger wäre, die EU-Außengrenzen stärker zu schützen“, meint der Bundespolizist.

Einen Vorschlag an die Politik hat er auch: „Eine Überlegung ist auch, die Asylverfahren schon im Herkunftsland durchzuführen und so Enttäuschungen in Europa zu vermindern. Gerade die Freizügigkeit der Geflüchteten innerhalb eines Landes erschwert der Polizei die Arbeit. Menschen können abtauchen und unter Umständen sogar das Land der Erstaufnahme unbemerkt verlassen. So wie der Mann, der zu Weihnachten zurück in Deutschland sein wollte. Wer so etwas tut, muss Nachteile für sein Asylverfahren erhalten. Zu oft bleibt es ohne Konsequenzen.“