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Bei Markus Lanz: Anwalt vergleicht #metoo-Debatte mit Hexenjagd

Vergnügliche Runde mit ernsten Themen: Markus Lanz am Mittwoch. (Bild: ZDF/Screenshot)
Vergnügliche Runde mit ernsten Themen: Markus Lanz am Mittwoch. (Bild: ZDF/Screenshot)

Brüderle, Weinstein – alles das Gleiche? In der Sendung von Markus Lanz kam ein auf Sexualstrafrecht spezialisierter Anwalt zu Wort, der die aktuelle Sexismus-Debatte als bedenklich einschätzt. Zusätzlich spricht er eine Warnung aus: Unter Alkoholeinfluss sollte niemand mehr Sex haben.

Wenn es vor Gericht um Straftaten im Zusammenhang mit Sex geht, dann kommt er zum Einsatz: Alexander Stevens. Der 36-jährige Münchner ist Fachanwalt für Strafrecht mit Schwerpunkt Sexualdelikte. Am Mittwochabend war der Jurist in der Talkshow von Markus Lanz zu Gast. Dort sprach er über die aktuelle Sexismus-Debatte und präsentierte obskure Fälle aus seiner Kanzlei.

Es stehen Existenzen auf dem Spiel

Die derzeitige #metoo-Aktion auf sozialen Netzwerken wie Twitter halte er für bedenklich. Da würden nur durch die Nennung einer Phrase ganze Existenzen vernichtet, so der Anwalt. In der gesamten Justizgeschichte habe es etwas Vergleichbares noch nicht gegeben. „Das gibt es nur, wenn es um sexuelle Vorwürfe geht“, sagt der Rechtsexperte, der bereits zwei populäre Bücher zum Thema Sexualdelikte verfasst hat.

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Bei anderen Vergehen sei eine schnelle Rehabilitierung kein Problem, sagt Stevens. Als Beispiele führt er unter anderem den FC Bayern München an sowie Politiker, die diverse Straftaten begangen haben und „wieder in Amt und Würden“ seien. „Nur sobald es um Sex geht, sind ganze Existenzen vernichtet.“ Die aktuelle Sexismus-Debatte um den Hashtag #metoo erinnere ihn stark an die „Hexenjagd längst vergangener Zeiten“.

Lanz pflichtet dem Anwalt bei: „Die Unschuldsvermutung ist bei der ganzen Debatte komplett auf der Strecke geblieben.“ Und er ergänzt: „Da wird ja auch gerade alles in einen Topf gerührt, die Brüderle-Debatte, die Weinstein-Debatte – das ist alles eins plötzlich. Ich finde das hanebüchen.“ Lanz weiter: „Der zugegeben verunglückte, seltsame Satz eines älteren Politikers aus der FDP, nachts an einer Bar, zu einer jungen Journalisten-Kollegin, ist doch was anderes als eine offensichtlich vollzogene Vergewaltigung an einer jungen Schauspielerin.“ Von Anwalt Stevens gibt es vollste Zustimmung.

Anwalt Alexander Stevens hält die #metoo-Debatte für „grauenhaft“. (Bild: ZDF/Screenshot)
Anwalt Alexander Stevens hält die #metoo-Debatte für „grauenhaft“. (Bild: ZDF/Screenshot)

In Deutschland sei die Problematik im vergangenen Jahr sogar noch verschärft worden. Stevens erwähnt die im Sommer 2016 verabschiedete Novellierung des Sexualstrafrechts im Bundestag. Damals wurde der Grundsatz „Nein heißt Nein“ im Gesetz verankert. Damit sollten die Rechte der Opfer von Sexualdelikten gestärkt werden.

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Doch in dem Gesetz lauern auch Fallstricke. Stevens: „Es wurde ja nicht nur „Nein heißt Nein“ festgeschrieben, sondern sobald Alkohol im Spiel ist, wurde auch „Ja heißt Ja“ festgeschrieben. Das ist ganz, ganz gefährlich.“ Und dann erstaunt der Münchner Anwalt mit einer skurril anmutenden Warnung: „Ich kann jedem nur raten, unter dem Einfluss von Alkohol gar keinen Sex mehr zu haben“. Als würde er die irritierte Reaktion seiner Zuhörer erahnen, fügt er hinzu: „Und das meine ich ernst.“ Denn unter Alkoholeinfluss, so Stevens weiter, sei die Gesetzeslage zum Thema Sexualität mittlerweile extrem schwammig.

Aus eigener Erfahrung weiß Stevens, dass Männer, die eine Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung zur Anzeige bringen, kaum Chancen auf Erfolg haben. Im Kunstpark Ost in München habe sich vor einiger Zeit ein Partygast angetrunken auf eine Parkbank gelegt und sei eingeschlafen. Kurz darauf habe ein anderer männlicher Partygast, ebenfalls angetrunken, an dem Schlafenden „herummanipuliert“. „Die haben Geschlechtsverkehr – der eine bekommt davon überhaupt nichts mit – und irgendwann wacht der auf und denkt sich, das gibt‘s ja nicht, ich wurde ja benutzt, ich wurde missbraucht.“ Das Opfer habe den Vorfall zur Anzeige gebracht, erzählt Stevens. Doch die zuständige Staatsanwältin habe den Fall eingestellt. Und zwar mit der Begründung: „Hat Ihnen doch Spaß gemacht, Sie hatten doch eine Erektion.“

Andererseits sei ein Asylbewerber, der einer Radfahrerin an die Brust fasste, dreieinhalb Jahre ins Gefängnis gekommen, so der Anwalt. Verhältnismäßig gehe es laut Stevens im Sexualstrafrecht schon lange nicht mehr zu.

In der Sendung waren außerdem noch Stargeiger André Rieu zu Gast, der im Januar eine große Deutschland-Tour startet, Jutta Scheffzek, deren Vater im Zweiten Weltkrieg zahlreichen Juden das Leben rettete sowie der in den USA lebende Manager Martin Richenhagen, der ein Jahr nach der Wahl Donald Trumps über das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Klima in den Vereinigten Staaten sprach.

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