Beratungen zwischen Ampel, Union und Ländern - An diesen Punkten wird es beim heutigen Migrationsgipfel krachen
Beim Migrationsgipfel der Bundesregierung mit Union und Ländern am Dienstag könnte es ordentlich zur Sache gehen. Welche Vorschläge auf dem Tisch liegen und wo es richtig krachen könnte – hier der Überblick.
„Wenn am Dienstag bei diesem Migrationsgipfel nur über das gesprochen wird, was letzte Woche vorgestellt worden ist von der Ampel, dann brauchen wir uns nicht treffen.“
Diese scharfe Aussage von Unions-Fraktionsvize Jens Spahn lässt keine gute Stimmung für das Gipfeltreffen der Bundesregierung mit Union und Ländern erwarten.
Nach dem tödlichen Messeranschlag in Solingen will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über eine Verschärfung der Migrationspolitik beraten – und darf mit einigem Widerspruch aus der Opposition rechnen. Die wichtigsten Positionen lesen Sie hier im Überblick:
Positionen der Ampel-Koalition:
1. Sicherheitsmaßnahmen und Rückführungen :
Die Ampelregierung hat nach dem Anschlag in Solingen ein Maßnahmen-Paket vorgestellt, das unter anderem ein verschärftes Waffenrecht, eine Intensivierung des Kampfes gegen den Islamismus und eine verschärfte und konsequentere Ausreisepflicht für abgelehnte Asylbewerber vorsieht.
Außerdem sollen die Polizei- und Ermittlungsbehörden sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) umfassendere Befugnisse erhalten.
Der Inhalt des Sicherheitspakets wird wohl einen großen Teil der Debatte ausmachen, auch wenn Bundeskanzler Scholz bei einem Bürgerdialog im brandenburgischen Seelow versprach: „Wir diskutieren mit allen über kluge weitere Vorschläge.“
2. Bedenken innerhalb der Ampel :
Doch auch innerhalb der Ampel gibt es bereits Kritik am Maßnahmen-Paket. Die Grünen, vertreten durch Fraktionschefin Britta Haßelmann, äußerten Bedenken hinsichtlich der geplanten Kürzungen von Sozialleistungen für bestimmte Flüchtlinge.
Es gebe „sehr klare Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf das Existenzminimum für alle Menschen, auch für Geflüchtete", sagte Haßelmann den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
Die Nachwuchsorganisation der Partei, die „Grüne Jugend“, beklagte außerdem, dass mit dem Maßnahmen-Paket statt Islamismus Geflüchtete bekämpft würden: „Aus Angst vor Rechten lässt sich die Ampel mal wieder nach rechts treiben", erklärte Co-Chefin Katharina Stolla.
3. Erwartungen an die Union :
Die Ampel-Parteien erwarten von der Union eine konstruktive Zusammenarbeit. FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte gegenüber der „Tagesschau“ die Notwendigkeit der Kooperation zwischen den demokratischen Parteien auf allen staatlichen Ebenen.
Justizminister Marco Buschmann (FDP) nahm derweil auch die Bundesländer in die Pflicht: „Im Bund-Länder-Gespräch muss alles auf den Tisch: alles, was der Bund tun kann, aber auch die Rolle der Länder. Geltendes Recht wird in unzähligen Fällen von den Ausländerbehörden der Länder nicht durchgesetzt. Das muss sich schleunigst ändern“, mahnte der FDP-Politiker in der „Bild am Sonntag“ .
Positionen der Union:
1. Schärfere Maßnahmen :
Die Unionsparteien CDU und CSU drängen auf weitergehende Schritte, die über die bisherigen Vorschläge der Ampel-Koalition hinausgehen. CDU-Chef Friedrich Merz betonte in seiner aktuellen Rundmail an seine Anhänger, die „Überforderungsgrenze“ des Landes sei erreicht.
Er fordert, dass Asylsuchende künftig bereits an der Grenze abgewiesen werden. Dies sei durch das Dubliner Übereinkommen möglich, das besagt, dass der Asylantrag im ersten Land innerhalb der EU gestellt werden muss.
Laut Merz sei damit nach EU-Regeln gesichert, dass Asylsuchende bereits ein sicheres Herkunftsland durchquert hätten und damit „mindestens ein Land zu weit“ gereist seien. Sollte es Probleme mit dem EU-Recht geben, möchte Merz sich die Möglichkeit vorbehalten, eine „nationale Notlage“ auszurufen.
Auch für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder greifen die Ampel-Vorschläge zu kurz. Notwendig sei eine grundlegende Umkehr in der Migrationspolitik:
„Wir müssen das Asylrecht ändern, es ist nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen all jene an den deutschen Grenzen zurückweisen können, die klar erkennbar keinen Anspruch auf Schutz haben“, sagte Söder der „ Welt am Sonntag“. Bei der Ampel vermisse er einen „grundlegenden Richtungswechsel", vor allem bei den Grünen.
2. Rückführungen und Abschiebungen :
Die Union setzt auch auf weitere Abschiebeflüge von Straftätern nach Afghanistan. Am Freitag fand zum ersten Mal seit der Machtübernahme durch die Taliban vor drei Jahren ein solcher Flug statt. Laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser befanden sich 28 Straftäter an Bord des Flugzeugs.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte gegenüber der „ Bild am Sonntag “: „Ich erwarte von Innenministerin Faeser, dass nächste Woche der nächste Abschiebeflug nach Afghanistan stattfindet. Das darf keine Eintagsfliege gewesen sein.“
3. Skepsis gegenüber dem Dialogangebot :
Die Union zeigt sich außerdem skeptisch, ob das Angebot der Bundesregierung zum Dialog überhaupt ernst gemeint ist. „Es darf keine Placebo-Veranstaltung werden“, erklärte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in der „Bild am Sonntag“ . Es brauche jetzt konkrete Maßnahmen zur Beschränkung der illegalen Migration und nicht „andauernd neue Arbeitskreise“.
Konflikte scheinen vorprogrammiert
Es geht also darum, klarzumachen, dass „die Vorlage der Ampel vom Donnerstag nicht alles gewesen sein kann“, wie es aus der Unionsfraktion heißt. Laut „Tagesspiegel“ -Informationen wollen Ihre Vertreter zwar „offen“ in das Gespräch gehen, aber nur etwas substanziell Neuem zustimmen.
Das könnte sich schwierig gestalten. So erklärte der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz ebenfalls im „Tagesspiegel“ zwar, man würde sich „alle Vorschläge, die verfassungs- und europarechtskonform sind" anhören.
Doch steckt allein in dieser Aussage bereits eine gewisse Zurückhaltung gegenüber den von Merz und Söder so dringend geforderten Zurückweisungen an der Grenze.
Letzten Endes bleibt für die Union zu hoffen, dass sich der Druck auf die Regierung durch den katastrophalen Wahlausgang der Ampelparteien in Sachsen und Thüringen jetzt nochmals erhöht hat – so wie auch die jüngsten Attentate von Mannheim und Solingen den Handlungsdruck in Sachen Migration deutlich verschärft haben.
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