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Bergsteiger packen nach Everest-Unglück ihre Sachen

Mount Everest: der höhste Gipfel der Erde. Foto: Narendra Shrestha

Die Sherpas am Mount Everest trauern um ihre Freunde und Verwandten. Sie wollen nach dem Lawinenunglück nicht auf den Berg. Nach und nach brechen die Expeditionen ihre Vorhaben ab. Wird diese Saison noch jemand auf den Gipfel steigen?

Fünf Tage nach dem Lawinenunglück am Mount Everest mit 16 Toten haben zahlreiche internationale Expeditionen ihren Aufstieg abgebrochen. Etwa die Hälfte der Gruppen habe zusammen mit ihren lokalen Bergführern eine Entscheidung getroffen und packe zusammen, sagte der nepalesische Bergführer Karna Tamang am Mittwoch aus dem Basislager. «Eigentlich wollten alle Sherpas absteigen, aber manche Firmen wollen das nicht.» Deswegen verhandelten die anderen noch mit ihren Auftraggebern. Die nepalesischen Bergführer sind für die meisten Tourengeher unerlässlich, da sie die Routen anlegen, Sauerstoffflaschen tragen, Zelte aufbauen und kochen.

«Einige hier sagen: Wir haben jede Menge Geld gezahlt, nun wollen wir auch aufsteigen», erzählte der US-Amerikaner Ed Marzec (67). Die Situation im Lager sei angespannt, weil die Sherpas erwartet hatten, dass die Bergsteiger aus aller Welt sich rücksichtsvoll verhalten und in dieser Saison keinen Gipfelversuch mehr unternehmen. Außerdem sei es gerade viel zu gefährlich. «Große Lawinen gehen überall um uns herum ab, viel mehr als normalerweise», sagte Marzec, der bei dem Unglück am Freitag drei Bergführer verlor. Alle 16 Tote waren Nepalesen, bislang wurden 13 Leichen geborgen.

Die nepalesische Regierung, für die die großen Expeditionen aus aller Welt eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes sind, will den Rückzug aller Expeditionen noch abwenden. Der Tourismusminister und Vertreter von zahlreichen Bergsteigergruppen würden am Donnerstag ins Basislager fliegen, um die Sherpas umzustimmen, sagte Dambar Parajuli, Präsident des Verbandes der Tourenexpeditionen.

Die meisten Sherpas im Lager scheinen entschlossen. «Aus Respekt für die Toten möchten wir nicht aufsteigen», sagte Tulsi Gurung, der seinen Bruder in der Lawine verlor. Zahlreiche Zelte im Basislager würden nun abgebaut und verpackt. Helikopter fliegen, wenn es das Wetter erlaubt, das Material vom Berg. Mehrere Sherpas sagten, sie würden noch einige Tage brauchen, bis alles weggeräumt sei.

Zu den Umkehrern gehört Joby Ogwyn, der als erster Mensch mit einem Wingsuit vom höchsten Berg der Welt springen wollte. Die Expedition Adventure Consultants aus Neuseeland erklärte auf ihrer Homepage, alle Teilnehmer trauerten um die drei getöteten Teammitglieder und sagten das Vorhaben deswegen ab. Das Team von Alpine Ascents schrieb online: «Wir stimmten alle darüber ein, nicht weiter zu klettern, so dass alle den Verlust von Familienmitgliedern, Freunden und Kameraden in dieser noch nie dagewesenen Tragödie betrauern können.»

Die ethnische Gemeinde der Sherpas, die für ihre Fähigkeiten in den Bergen bekannt ist, wurde von dem Unglück tief getroffen. «Es ist, als habe ich alle Energie zum Bergsteigen verloren», sagte Chhedar Sherpa der nepalesischen Zeitung «República». Er war während des Lawinenabgangs nur kurz oberhalb der Stelle, an der Eis und Schnee die Bergsteiger aus der Spur fegten. «Noch nie war ich dem Tod so nahe. Der Vorfall hat mich im Inneren erschüttert», sagte Sherpa. Er werde nie wieder auf den Mount Everest steigen, auch weil seine Familie ihn darum bitte.

Viele Sherpas trauerten und litten, aber seien gleichzeitig auch besorgt über die Zukunft des Tourismus, sagte US-Bergsteiger Marzec. Der Bergsteigerverband Nepals erklärte dann in der Hauptstadt Kathmandu auch, während oben schon gepackt wurde, dass kein einziger Sherpa seine Expedition im Stich gelassen habe. «Es wird nur ein bisschen Zeit brauchen, bis wir zu einer normalen Situation zurückkehren», ließ Verbandspräsident Ang Tsering Sherpa erklären.

Im April und Mai ist Hauptsaison am Everest, denn dann ist das Wetter am besten für den Aufstieg geeignet. Rund 350 Bergsteiger aus aller Welt warteten vor einer der schlimmsten Tragödien in der Geschichte des Alpinismus am Everest darauf, dass sie sich akklimatisieren und die Fixseile und Leitern gelegt werden. Sie zahlen normalerweise nicht nur Tausende Euro pro Person an Gebühren, sondern oft weitere Zehntausende Euro für die Organisation der Expeditionen, Bergführer, Träger, Köche, Helfer, Ausrüstung.

Der Summit Club, die kommerzielle Tochter des Deutschen Alpenvereins, plant im kommenden Jahr ebenfalls eine Expedition auf den Everest. Allerdings werde man von Norden, von chinesischer Seite aus aufsteigen, sagte Chefbergführer Manfred Lorenz. Der Hauptgrund: Die Route durch den Khumbu-Eisbruch sei zu gefährlich.

Spendenaufruf von Ed Marzec

Bericht von Ed Marzec vom Basislager

Absage der Everest-Tour von Alpine Ascents International

Absage der Tour von Adventure Consultants

Artikel in «República»

Absage der Tour von Peak Freaks