Koalition einigt sich auf flexibles Entlastungsbudget für pflegende Angehörige

Vor den Beratungen im Bundestag über die Pflegereform haben sich die Ampel-Fraktionen auf ein flexibles Entlastungsbudget für pflegende Angehörige verständigt. An anderer Stelle soll es im Gegenzug aber Abstriche geben.
Vor den Beratungen im Bundestag über die Pflegereform haben sich die Ampel-Fraktionen auf ein flexibles Entlastungsbudget für pflegende Angehörige verständigt. An anderer Stelle soll es im Gegenzug aber Abstriche geben.

Vor den Beratungen im Bundestag über die Pflegereform haben sich die Ampel-Fraktionen auf ein flexibles Entlastungsbudget für pflegende Angehörige verständigt. Damit sollen Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege kombiniert werden können, erklärte Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink am Dienstag. So könnten pflegende Angehörige eine Auszeit nehmen, in der die Pflege sichergestellt sei. Vom GKV-Spitzenverband und Patientenschützern kam Kritik daran, dass zur Gegenfinanzierung die Leistungen für die ambulante Pflege Anfang 2024 nicht um fünf, sondern nur um 4,5 Prozent erhöht werden sollen.

Zunächst soll dieses Entlastungsbudget Klein-Schmeink zufolge ab Januar 2024 in Höhe von 3386 Euro Eltern pflegebedürftiger Kinder zu Verfügung stehen. Ab Juli 2025 soll das Entlastungsbudget dann für alle Anspruchsberechtigten gelten und 3539 Euro betragen.

Die Einführung eines flexibel nutzbaren Budgets war bereits im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Das Vorhaben war jedoch kurz vor der Beschlussfassung des Gesetzentwurfs im Kabinett wieder gekippt worden. Die FDP widersprach am Dienstag Darstellungen, dies sei auf ihren Druck hin geschehen.

"Dass es kurzzeitig aus dem Gesetzentwurf gefallen ist, ist Sache des Bundesgesundheitsministeriums", erklärte die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Nicole Westig. "Wir haben lediglich auf die angespannte Finanzlage der sozialen Pflegeversicherung hingewiesen und zur Vorsicht bei Leistungsausweitungen aufgerufen." Das Entlastungsbudget hingegen sei Teil des FDP-Wahlprogramms und im Koalitionsvertrag vereinbart. Wichtig sei, dass es nun komme, betonte Westig.

Zur Gegenfinanzierung der jährlichen Kosten von rund 500 Millionen Euro sollen nach RND-Informationen die Leistungen für die ambulante Pflege Anfang 2024 nicht um fünf Prozent erhöht werden, sondern nur um 4,5 Prozent.

Patientenschützer lobten zwar das flexible Budget, kritisierten aber die geplante Gegenfinanzierung. Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), schon die ursprünglich geplante Anhebung um fünf Prozent ab 2024 sei ein Bruch politischer Versprechen gewesen. Schließlich habe die Regierung der Bevölkerung die Zusage gegeben, die Leistungen regelhaft an die Preissteigerung anzupassen. Brysch appellierte an die Abgeordneten, "diese Reform so nicht zu beschließen".

Brysch kritisierte zudem, dass das gemeinsame Entlastungspaket erst Mitte Juli komme. "Nach sechs Jahren Stillstand liegt die häusliche Pflege der vier Millionen betroffenen Menschen am Boden", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nannte die Regelung zum Entlastungsbudget "erstmal begrüßenswert". Für die Pflegebedürftigen bringe ein gemeinsames Budget die nötige Flexibilität und sei damit lebensnäher. "Gleichzeitig jedoch die Anhebung der Leistungsbeträge in der ambulanten Pflege zu kürzen, ist nicht nachvollziehbar", erklärte der stellvertretende Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbands, Gernot Kiefer. "Hier fehlt jeglicher Bezug zur Realität und das offenbart erneut, wie sehr die Finanzen der Pflege auf Kante genäht sind."

Der Bund schulde den Versicherten über fünf Milliarden Euro, weil er nicht vollumfänglich für die pandemiebedingten Kosten aufkomme. Stattdessen müssten die Versicherten und Arbeitgeber mit höheren Beiträgen die Leistungsfähigkeit der Pflegeversicherung sicherstellen. "Wenn der Bund endlich seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung nachkommen würde, dann müsste man an dieser Stelle nicht die dringend benötigte Erhöhung des Pflegegeldes beschneiden", kritisierte Kiefer.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verwies darauf, dass mit dem Gesetzentwurf Verbesserungen für pflegebedürftige Kinder und die Kurzzeitpflege erreicht würden. "Wir wären gern noch etwas weitergegangen, das war aus finanziellen gründen nicht möglich", sagte Mützenich am Dienstag in Berlin. Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird am Mittwoch im Bundestag erstmals beraten; die Schlussabstimmung soll bereits am Freitag sein.

cha/bk