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Berlin sieht in Siemens Energy Unternehmen mit strategischer Bedeutung

(Bloomberg) -- Die Siemens Energy AG ist aus Sicht des Bundeswirtschaftsministeriums von strategischer Bedeutung für die deutsche Energieversorgung. Vor allem deshalb sei der Grünen-Vizekanzler Robert Habeck bereit, den angeschlagenen Windkraftanlagenhersteller zu stützen, heißt es aus gut informierten Kreisen.

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Als mahnendes Beispiel gilt der Niedergang der deutschen Solarindustrie vor rund einem Jahrzehnt. Die damals gemachten Fehler will man bei der Windenergie unbedingt vermeiden, heißt es bei den Insidern. Diese Analyse steht hinter den Gesprächen über mögliche Bürgschaften in Höhe von 16 Milliarden Euro, mit denen vermieden werden soll, dass die Probleme von Siemens Energy mit defekten Onshore-Windturbinen sich auf andere Konzernsparten ausweiten.

Allerdings besteht die Bundesregierung darauf, dass zunächst der Großaktionär und einstige Mutterkonzern Siemens AG einspringt. Siemens reduzierte seinen Anteil, als die Verluste bei den Windturbinen zunahmen, und hat signalisiert, keine weitere finanzielle Unterstützung leisten zu wollen.

Das Ministerium sieht die Bürgschaften nur als geringes Risiko an, heißt es weiter. Sie bräuchten jedoch auch das Plazet des Finanzministeriums, das unter Führung der FDP bei Staatsbeihilfen grundsätzlich eher auf der Bremse steht. Die beiden Ministerien verhandeln gemeinsam mit Siemens Energy.

Siemens Energy produziert und entwickelt Schlüsseltechnologien für die Energiewende. Ungeachtet der Probleme mit den Onshore-Windturbinen ist das Unternehmen ein führender Hersteller von hocheffizienten Gasturbinen, Offshore-Windplattformen und Netztechnik für den Transport erneuerbarer Energien zum Verbraucher. Das Wirtschaftsministerium sieht den Konzern als Kernelement der deutschen Energiepolitik.

„Industriepolitisch stehen wir an einer Weiche und es wäre falsch zu glauben, dass man als Volkswirtschaft profitiert, wenn man sich einem Wettbewerb nicht stellt”, sagte Habeck am Freitag bei einer Veranstaltung in Ankara. “Diese Technologien werden ohnehin produziert werden, und die Frage ist, ob Europa sie importieren wird müssen.“

Die Sorge in Berlin ist groß, dass sich die Erfahrungen der deutschen Solarindustrie wiederholen könnten. Die Photovoltaikunternehmen des Landes waren in den frühen 2000er Jahren dank strategischer staatlicher Maßnahmen und Finanzierung weltweit führend und beschäftigten 2011 mehr als 150.000 Mitarbeiter. Doch als sich die Energiepolitik änderte und die Subventionen drastisch gekürzt wurden, sanken die jährlichen Zubauzahlen im Solarbereich drastisch und vernichteten eine Reihe von Neugründungen und rund 100.000 Arbeitsplätze.

Seitdem haben chinesische Wettbewerber die weltweite Führung übernommen: Heute kommen rund 90% der europäischen Solarkomponenten aus China. Die Bundesregierung versucht nun, wieder eine Photovoltaik-Industrie in Deutschland aufzubauen und hat eine Strategie für den Sektor vorgelegt.

Die EU hat in den letzten Monaten eine offensivere Haltung gegenüber der chinesischen Konkurrenz eingenommen und etwa eine Untersuchung zu Subventionen für dort hergestellte Elektrofahrzeuge eingeleitet. Trotz der Befürchtungen in verschiedenen Sektoren, dass Peking Vergeltungsmaßnahmen ergreifen könnte, will die EU angesichts des Präzedenzfalls in anderen subventionierten Branchen wie der Solarindustrie jetzt handeln.

In der Windkraftindustrie sind neun der 15 größten Turbinenhersteller der Welt in China ansässig. Die Turbinen kosten nach Branchenangaben etwa die Hälfte der europäischen, was zum Teil auf die großzügige Unterstützung der chinesischen Regierung zurückzuführen ist.

Bei Siemens Energy sind die Probleme zum Teil hausgemacht. Ein Defekt an Tausenden von Windkraftanlagen hat Reparaturkosten in Höhe von mindestens 1,6 Milliarden Euro verursacht und damit wohl einen Nettoverlust von 4,5 Milliarden Euro im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr produziert. Siemens kündigte seine finanzielle Unterstützung auf und zwang Siemens Energy, Hilfe in Berlin zu suchen. Die Investoren reagierten schockiert und warfen die Aktien von Siemens Energy in Scharen auf den Markt. Zum zweiten Mal in diesem Jahr verlor das Unternehmen an einem einzigen Tag mehr als ein Drittel seines Börsenwertes.

Die Windenergie, die zweitwichtigste Energiequelle für Deutschland nach der Kohle, muss ihren Anteil fast verdoppeln, um das Ziel der Regierung von 80% sauberer Stromerzeugung bis 2030 zu erreichen. Für die Erzeugung an Land bedeutet das etwa 27 neue Anlagen pro Woche, doch in Deutschland sind in der ersten Jahreshälfte nur etwa fünf Windräder pro Woche hinzugekommen. Der Fortschritt ist ins Stocken geraten, weil Flächenausweisungen und Genehmigungen nur schleppend vorankommen und der lokale Widerstand gegen Windparks das Problem noch verschärft.

“Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass es sich bei Siemens Energy um ein für die Transformation relevantes Unternehmen am Wirtschaftsstandort Deutschland handelt”, sagte ein Regierungssprecher am Freitag. Er wollte sich nicht weiter zu den Gesprächen äußern.

Siemens Energy lehnte eine Stellungnahme ab, und Siemens war nicht sofort zu erreichen.

Überschrift des Artikels im Original:German Officials Ready to Help Siemens Energy as Strategic Asset

--Mit Hilfe von Wilfried Eckl-Dorna.

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