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Berlusconi muss Sozialarbeit leisten

Urteil wegen Steuerbetrugs

Berlusconi muss Sozialarbeit leisten

Zweieinhalb Jahre nach seinem Rücktritt als italienischer Regierungschef landet Silvio Berlusconi im Altenheim: Nach seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs muss der 77-Jährige in einer Einrichtung für Behinderte und Alte in Mailand einmal pro Woche mindestens vier Stunden Sozialdienst leisten, wie ein Gericht entschied. Ein Hausarrest, der sein politisches Engagement gänzlich verhindert hätte, bleibt Berlusconi damit erspart.

Der Unternehmer und dreimalige Ministerpräsident war im vergangenen August wegen Steuerbetrugs bei seinem Medienkonzern Mediaset zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Drei Jahre wurden ihm wegen einer Amnestieregelung erlassen. Wegen seines Alters bleibt Berlusconi zudem die Haft erspart. Der konservative Politiker hatte sich nach der Verurteilung gewünscht, statt Hausarrest Sozialdienst ableisten zu können.

"Einen Tag pro Woche für mindestens vier Stunden" müsse Berlusconi in der kirchlichen Fondazione Sacra Famiglia arbeiten, entschied der Richter Pasquale Nobile De Santis nun in Mailand. Bei der Einrichtung handelt es sich um eine kirchliche Einrichtung für Behinderte und Alte mit rund 2000 Patienten in einem Vorort von Mailand. Laut dem "Corriere della Sera" wird Berlusconi in einem Tagespflegezentrum der Einrichtung arbeiten, das sich um Alzheimer-Patienten kümmert. Berlusconi hat nun zehn Tage Zeit, sich bei der zuständigen Behörde in Mailand zu melden. Wann sein Sozialdienst losgeht, war zunächst unklar.

Laut der Gerichtsentscheidung muss sich Berlusconi hauptsächlich in der Mailänder Region aufhalten und darf nur von Dienstag bis Donnerstag zu politischen Terminen nach Rom reisen. Zum Urteil gehört auch, dass der Vorsitzende der konservativen Forza Italia für ein Jahr keine anderen verurteilten Straftäter treffen darf - womit er mindestens einen seiner engen Verbündeten nicht mehr sehen darf, den wegen Bestechung verurteilten Ex-Verteidigungsminister Cesare Previti. Außerdem hat er zwischen 11.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens Ausgangssperre.

Berlusconis Anwälte reagierten erleichtert auf die Entscheidung, da ein Hausarrest das Aus für Berlusconis Europawahlkampf bedeutet hätte. "Angesichts seiner politischen Verantwortungen ist das Urteil ausgewogen und zufriedenstellend", erklärten Niccolo Ghedini und Franco Coppi. Der Abgeordnete Daniele Capezzone von Berlusconis Forza Italia sprach gleichwohl von einem "Schlag für die Demokratie".

Das Gericht sah zwar bei Berlusconi die Bereitschaft zur Besserung, bewertete ihn aber weiter als "sozial gefährliche Person". Sollte er seine "beleidigende" Kritik an der Justiz erneuern, könnte doch noch Hausarrest verhängt werden, warnte das Gericht. Berlusconi betont in allen gegen ihn laufenden Verfahren seine Unschuld und wirft der Justiz regelmäßig eine Verschwörung vor, um ihn von der Politik auszuschließen.

Mit dem Sozialdienst könnte für Berlusconi noch nicht der Tiefpunkt erreicht sein. Nach seiner rechtskräftigen Verurteilung wurde er aus dem Senat ausgeschlossen und verlor damit seine parlamentarische Immunität. Zudem wurde ihm für sechs Jahre das passive Wahlrecht entzogen. Es sind derzeit zwei weitere Verfahren gegen ihn sind anhängig. Am 20. Juni beginnt ein Berufungsprozess gegen seine Verurteilung zu sieben Jahren Haft wegen Sex mit einer Minderjährigen und Amtsmissbrauch. Zudem ist Berlusconi wegen der Bestechung eines Senators angeklagt, den er mit drei Millionen Euro in sein politisches Lager geholt haben soll, um somit den Sturz der Regierung zu erreichen.