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"Das Beste, was uns passieren konnte": So funktioniert das Geschäft mit dem Wunschkind aus der Ukraine

Baby Laura wird an die deutschen Eltern Jens und Denise Walzner übergeben. Das Paar hat fünf gescheiterte künstliche Befruchtungen hinter sich. Eine ukrainische Leihmutter war ihre letzte Hoffnung. (Bild: MDR)
Baby Laura wird an die deutschen Eltern Jens und Denise Walzner übergeben. Das Paar hat fünf gescheiterte künstliche Befruchtungen hinter sich. Eine ukrainische Leihmutter war ihre letzte Hoffnung. (Bild: MDR)

In der Ukraine ist Leihmutterschaft legal - und günstiger als zum Beispiel in den USA. Eine am Montagabend ausgestrahlte Doku begleitete ein ungewollt kinderloses deutsches Paar auf seiner Reise zum Wunschkind. Ukrainische Leihmütter, aber auch das deutsche Paar ließen den Zuschauer erstaunlich dicht an sich heran.

15 Prozent der deutschen Paare sind ungewollt kinderlos. Adoption oder ein Pflegekind sind eine Möglichkeit, doch sie kommt nicht für jeden infrage. Etwa 15.000 Paare, das hat MDR-Autorin Bettina Wobst herausgefunden, reisen aus Deutschland pro Jahr ins Ausland, um sich über eine Leihmutterschaft den Traum vom "leiblichen Kind" zu erfüllen. In der Ukraine ist dies legal und bezahlbar. Ja, es ist ein Geschäftsmodell, bei dem sich beide Seiten in einer "rechtlichen Grauzone" bewegen. Nicht wenigen armen Frauen und Familien sichert es das Überleben, aber logischerweise verdienen auch Vermittler und Agenturen mit. Für den Film "Die Story im Ersten: Wunschkind aus Kiew" hat sich ein deutsches Paar auf diesem Weg zum Wunschkind begleiten lassen: beim Abflug in die Ukraine, dem Treff mit der Leihmutter und Warten auf das Kind, schließlich bei der "Übergabe" und zurück im deutschen Alltag.

Darüber hinaus wurden in dem am späten Montagabend ausgestrahlten Beitrag andere Geschichten rund um Leihmutterschaft erzählt - etwa beim Besuch einer Reproduktionsklinik in Kiew, auch Interviews mit unterschiedlichen ukrainischen Leihmüttern und einem kritischen Anwalt gab es. Wie funktioniert das Geschäft mit dem Babyglück? Und wer sind die Leihmütter, die selbstbewusst darüber sprechen, warum sie ihren Körper verkaufen?

Die Titelheldin dieser Dokumentation: Baby Laura, das Wunschkind aus Kiew. (Bild: MDR)
Die Titelheldin dieser Dokumentation: Baby Laura, das Wunschkind aus Kiew. (Bild: MDR)

"Die Frau, die ihnen geholfen hat, ein Kind zu bekommen"

In Charkov traf das Film-Team eine Leihmutter und deren Familie in einer kleinen Plattenbauwohnung. Autorin Bettina Wobst gegenüber der Agentur teleschau: "Die junge Frau hat schon viermal ein fremdes Kind zur Welt gebracht und hält damit ihre eigene Familie über Wasser." 15.000 Euro habe sie pro Schwangerschaft erhalten, heißt es im Film, in dem die Frauen allesamt sehr offen und mit nüchternem Blick ihre Situation einordnen. Auch Leihmutter Olena in Kiew spricht selbstbewusst über die Wege, wie sie im Internet andere Frauen findet und dann an Kliniken vermittelt.

Besonders nahe kam man im Film Julia, der Leihmutter, die das Kind der Deutschen Denise und Jens auf die Welt gebracht hat. "Wir besuchen sie in ihrem kleinen Dorf", erinnert sich Autorin Bettina Wobst im Gespräch. "Dort erzählt sie offen über ihre finanziellen Probleme, zeigt uns das kleine Haus, in dem sie beengt mit den Eltern lebt. Wir erfahren von ihrem Traum, für die eigene Tochter und den Mann ein schöneres eigenes Zuhause aufbauen zu können."

Wie immer bei den juristisch und ethisch komplexen Fragen rund um Reproduktionsmedizin gibt es kein Schwarz oder Weiß, mit dem man die Segnungen und Gefahren der neuen Möglichkeiten einordnen kann - dass er alle Fakten zur Sprache bringt, aber moralisch nicht wertet, darf man als große Qualität dieses Films bezeichnen. "Das Verhältnis der Wunscheltern und der Leihmutter haben wir als respektvoll von beiden Seiten wahrgenommen", erzählt Wobst.

Die Wunscheltern sprechen im Film offen über ihre Verzweiflung der letzten Jahre. "Für sie scheint Julia nicht nur eine Geschäftspartnerin zu sein, sondern die Frau, die ihnen geholfen hat, ein Kind zu bekommen", berichtet die Autorin. "Sie vermitteln den Wunsch, auch weiter mit Julia in Kontakt zu bleiben. Julia scheint dafür ebenfalls offen." Gegen Ende des Beitrags wurde - als dramaturigischer Höhepunkt gewissermaßen - Baby Laura an die deutschen Eltern Jens und Denise Walzner übergeben.

Das Paar hat fünf gescheiterte künstliche Befruchtungen hinter sich. Eine ukrainische Leihmutter war ihre letzte Hoffnung. Alles gut soweit. Doch es bleiben für die Wunscheltern viele offene Fragen - und auch auf gesellschaftlicher Ebene, das kam im Film deutlich zur Sprache, sind die Rahmenbedingungen längst noch nicht vollständig geklärt. Jens und Denise gehen dennoch offen damit um, dass ihr Kind im Bauch einer ukrainischen Leihmutter ausgetragen wurde. Deutschland, sagen sie, hätte ihnen dazu nie die Chance gegeben. "Wir finden es einfach nur traurig, dass in einem Land wie Deutschland nicht die ganzen Möglichkeiten ausgeschöpft werden", sagen sie in dem Film, der noch in der ARD-Mediathek zu sehen ist. "Es war letztendlich das Beste, was uns passieren konnte."

Leihmutter Julia ist zurück aus der Geburtsklinik. Sie hat Laura zur Welt gebracht. Zuvor war schon zweimal Leihmutter. (Bild: MDR)
Leihmutter Julia ist zurück aus der Geburtsklinik. Sie hat Laura zur Welt gebracht. Zuvor war schon zweimal Leihmutter. (Bild: MDR)