„Bewegung wirkt wie Medizin“ - Diese Sport-Kombination bremst den Hirnverfall bei Demenz-Betroffenen
Demenz lässt sich nicht heilen. Aber sie lässt sich bremsen, verlangsamen. Wie, das verrät Physiotherapeut und Sportwissenschaftler Tim Fleiner. Er nennt drei Tipps.
1,8 Millionen Deutsche sind dement. Tendenz steigend. Der Großteil von ihnen leidet an Alzheimer, der häufigsten Demenzform. Das Tragische: Bislang gibt es keine Heilungschancen. Was es aber gibt, sind Methoden, um das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Dazu sind nicht unbedingt Medikamente nötig, erklärt Physiotherapeut und Sportwissenschaftler Tim Fleiner auf dem Portal der Deutschen Alzheimer Forscher .
Bewegung ist für Demenzkranke wie Medizin
„Für Menschen mit Demenzerkrankungen wie Alzheimer ist Bewegung wie Medizin“, heißt es dort. Die Symptome könnten gelindert, das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt und die Lebensqualität verbessert werden – und das ganz ohne Nebenwirkungen.
„Durch körperliches Training werden nicht nur die Muskeln, sondern auch das Gehirn in Schwung gebracht“, betont Fleiner. Die Durchblutung des Gehirns verbessere sich. Dadurch werden mehr Sauerstoff und Nährstoffe transportiert. Außerdem werden die Nervenzellen besser versorgt und die Verbindungen zwischen den Nervenzellen gestärkt und neu gebildet. „Insgesamt wirkt körperliche Aktivität entzündungshemmend, stimmungsaufhellend und kognitiv anregend“, betont der Experte.
„Ähnlich wie beim Schlaf gibt es Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass demenzbedingte Abfallstoffe in den Zellen besser abtransportiert werden, wenn sich die Patienten mehr bewegen“.
Kombination aus Kraft- und Ausdauersport
Aber welcher Sport ist der Richtige? Eine pauschale Empfehlung gebe es nicht, so Fleiner. Die Patienten brächten unterschiedliche Voraussetzungen mit. Je nach Alter, Grundfitness und kognitiven Fähigkeiten seien unterschiedliche Sportarten passend. Fleiner empfiehlt eine Kombination aus Krafftraining und Ausdauersport, etwa
Laufen
Walken
Schwimmen oder
Radfahren.
„Kraft- und Ausdauertraining scheint in allen Krankheitsstadien möglich und effektiv zu sein“, erklärt Fleiner. Aber auch neue Ansätze wie Exergaming, also spielerisches Training an Computern oder Trainingsgeräten, hätten einen hohen Aufforderungscharakter und seien deshalb ebenfalls geeignet. „Auch ganz einfache Methoden wie das Sitzergometer direkt auf dem Flur sind praktikabel und effektiv!“
Für die körperliche wie für die geistige Fitness gleichermaßen förderlich seien gemäß offiziellen Leitlinien außerdem sogenannte „Mind-Body-Übungen“. Dabei handelt es sich um Trainingsformen, die körperliche Bewegung mit geistiger Konzentration und auch Atemübungen verbinden, wie Yoga, Tai-Chi oder Qi Gong.
Wie Fleiner betont, bewegen sich Demenzkranke häufig zu wenig. Er nennt deshalb drei Tipps, mit denen es Betroffenen und Angehörigen gelingt, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren:
1. An alte Bewegungen anknüpfen
Fleiner rät Menschen, die einen Demenzfall in der Familie haben: „Knüpfen Sie an die Bewegungsbiografie des Angehörigen an und lassen Sie Bekanntes wiederaufleben.“ Etwa, wenn der Vater früher gerne gewandert ist. Oder die Oma gerne getanzt hat. „Dann schauen Sie, welche sportlichen Aktivitäten jetzt noch möglich sind.“ Gerade im Frühstadium der Krankheit ließe sich häufig an alte Erfahrungen anknüpfen.
2. Gemeinsam aktiv sein
„Gemeinsame körperliche Aktivität hilft, am Ball zu bleiben“, erklärt der Experte weiter. „Versuchen Sie, Routinen zu schaffen, indem Sie Verabredungen mit Familie und Freunden auch aktiv gestalten, beispielsweise durch Wanderungen oder Spaziergänge“
3. Es sich einfach machen
Der Experte rät außerdem dazu, es sich möglichst einfach zu machen. „Versuchen Sie, körperliche Aktivität möglichst niederschwellig in den Alltag einzubauen.“ Damit meint er, etwa die richtigen Schuhe oder die passende Kleidung bereits bereitstellen.
„Dann braucht es nicht viel mehr, um loszulegen.“ Wenn das Training geschafft ist, können Sie sich zum Beispiel mit einem gesunden, leckeren Essen belohnen.