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Warum Sie bei Bezahldiensten genau hinschauen sollten

Gemütlich einkaufen vom Sofa aus: Olineshops haben rund um die Uhr geöffnet. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
Gemütlich einkaufen vom Sofa aus: Olineshops haben rund um die Uhr geöffnet. Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Wer einen Bezahldienst beim Einkaufen im Netz nutzt, erhält häufig automatisch einen Zusatzschutz. Doch kann man sich voll und ganz auf diese Käuferschutzprogramme verlassen oder gibt es Haken?

Berlin (dpa/tmn) - Onlineshopping boomt: Soll der Umsatz in den klassischen Geschäften 2019 nur um 1,2 Prozent steigen, zeigt das erwartete Wachstum beim Onlinehandel mit 9,1 Prozent deutlich stärker nach oben, prognostiziert des Einzelhandelsverbandes HDE.

Doch die Krux mit Onlinekäufen ist: Mal kommen sie nicht an, mal sind sie anders als beschrieben. Dann erstatten Zahlungsdienstleister wie Amazon Pay, Barzahlen, Klarna, Paypal oder Paydirekt unter Umständen das Geld zurück, wenn über sie bezahlt worden ist. «Solche Käuferschutzprogramme helfen Verbrauchern durchaus, doch der Schutz hat Lücken», sagt Michael Sittig von der Stiftung Warentest. «Letztendlich sind diese Programme ein Marketinginstrument der Anbieter.»

Paypal ist der meist genutzte Dienst

Beispiel Paypal, nach Zahlen des EHI Retail Institute der in Deutschland mit Abstand am häufigsten genutzte Zahlungsdienst: «Wenn es mit dem Käuferschutz von Paypal Probleme gibt, liegt das oft daran, dass den Kunden nicht klar ist, was genau unter den Schutz fällt und wann er wirklich greift», berichtet Kirsti Dautzenberg vom Marktwächter Digitale Welt beim Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Ein Blick in die Bedingungen zeigt: Paypal erstattet das Geld für Ware und Versandkosten, sofern ein Verkäufer den gekauften Artikel nicht liefert, nach einer Retoure die Zahlung nicht erstattet oder der Artikel «erheblich» von der Produktbeschreibung des Händlers abweicht. Was «erheblich» ist, entscheidet im Zweifel Paypal.

Schwammig formulierte Klausel

Und auch bei Problemen, die nicht ganz offensichtlich sind, kommt es letztlich auf die Einschätzung des Zahlungsdienstleisters an. «Die Bedingung trifft keine abschließende Aussage, daher bleibt es letztlich immer eine Einzelfallentscheidung durch Paypal. Das Unternehmen hat hier großen Spielraum», sagt Dautzenberg.

Amazon nutzt in den Bedingungen der sogenannten A-bis-Z-Garantie eine ähnlich schwammige Klausel wie Paypal. Wer auf dem Amazon-Marktplatz einkauft oder bei einem anderen Händler mit Amazon Pay bezahlt, kann sich auf die Garantie berufen. Amazon erstattet das Geld, wenn der der Artikel «wesentlich» von der Beschreibung abweicht, wenn die Ware kaputt oder beschädigt ist, nicht geliefert wurde oder falls ein Händler das Geld nach einer Retoure nicht erstattet.

Käuferschutzprogramme geben Sicherheit

Bei Klarnas Sofortüberweisung kann der Kunde sein Geld behalten oder zurückfordern, wenn die Ware nicht ankommt oder fehlerhaft ist. Wer per Paydirekt zahlt, dem Zahlungsdienstleister einiger deutscher Banken und Sparkassen, erhält sein Geld zurück, sofern die gekaufte Ware nicht ankommt. Und Barzahlen schützt, «falls ein gekaufter Artikel nicht versandt wurde oder der gelieferte Artikel erheblich von der Artikelbeschreibung des Verkäufers abweicht».

«Solche Dienste ergeben vor allem Sinn bei kleineren Onlineshops, mit denen Kunden noch keine Erfahrungen gemacht haben. Dort geben Käuferschutzprogramme Sicherheit», sagt Warentester Sittig. Er weist aber darauf hin, dass die Programme längst nicht für alle Produkte gelten. So schließt Paypal etwa Fahrzeuge, Geschenkkarten oder speziell angefertigte Produkte aus. Bei Paydirekt fallen Gutscheine, Tabakwaren, Flug- oder Bahntickets nicht unter den Käuferschutz.

Vom Kauf zurückgetreten

Außerdem sind Entscheidungen von Käuferschutzprogrammen rechtlich nicht bindend, wenn Verkäufer sich diesen nicht aus freien Stücken unterwerfen. So urteilte der Bundesgerichtshof 2018, dass Verkäufer weiterhin von Kunden das Geld für einen Kauf fordern dürfen (Az.: VIII ZR 83/16 und VIII ZR 213/16.) «Das Gericht hat mit dem Urteil bekräftigt, dass das Bürgerliche Gesetzbuch durch ein Käuferschutzprogramm nicht ausgehebelt werden darf», erklärt Sittig.

Laut Gesetz hat ein Verkäufer das Recht, nach einer Reklamation die Ware zu reparieren oder Neuware zu stellen. Erst nach zwei erfolglosen Versuchen darf der Kunde vom Kauf zurücktreten. Doch liefert der Verkäufer, hat dieser einen Anspruch auf den Kaufpreis. Paypal hatte in dem Fall entschieden, den Betrag zu erstatten.

Bei Problemem sorgfältig die AGBs lesen

«Somit bietet der Käuferschutz grundsätzlich einen Vorteil für den Kunden, da er das Geld wieder auf seinem Konto hat und nicht mehr aktiv werden muss, um die Ware zu bekommen. Der Verkäufer ist dagegen unter Zugzwang, den Kaufpreis vom Kunden wiederzuholen, wenn er einen Anspruch darauf hat», sagt Dautzenberg. Gibt es mit dem Händler Streit um einen Kauf, sollten Verbraucher unbedingt die AGB des Käuferschutzprogramms lesen, empfiehlt sie. «Käufer sollten sich schon damit auseinandersetzen, wann der Schutz greift und was davon ausgeschlossen ist.»

Fristen und Belege sind wichtig

Die Käuferschutzprogramme der Zahlungsdienstleister setzen Fristen, innerhalb derer Probleme gemeldet werden müssen, meist sind es 30 bis 180 Tage. Teils müssen Kunden auch zuerst über ihr Kundenkonto beim Zahlungsdienstleister mit dem Verkäufer Kontakt aufnehmen und versuchen, eine Lösung zu finden. Und hat der Händler noch Nachfragen oder fordert Fotos, müssen Kunden zeitnah binnen weniger Tage antworten. Sonst hat sich der Fall für den Zahlungsdienstleister oft erledigt.

«Wer eine Ware an den Händler zurückschickt, braucht auch einen Beleg dafür. Nur damit greift beispielsweise der Käuferschutz von Paypal, falls der Händler das Geld nicht erstattet», warnt Michael Sittig von der Stiftung Warentest. Was genau als Beleg anerkannt wird, steht in den Bedingungen.

Wer sich nicht durch die Bedingungen der Anbieter kämpfen möchte, kann auch einfach auf Rechnung kaufen, sofern es der Onlinehändler anbietet, rät Sittig: «Das ist der allerbeste Käuferschutz. Denn der Verbraucher bezahlt die Ware erst, wenn er sieht, dass alles in Ordnung ist und er sie behalten möchte.»