Bezirksvertreter: Veedelspolitiker sollen mehr Einfluss haben

Zuständigkeiten von Rat und Bezirksvertretung sollen anders geregelt werden.

Unter dem Titel „Stärkung der Bezirke“ diskutieren zurzeit alle neun Bezirksvertretungen eine Verwaltungsvorlage, die ihnen mehr Entscheidungsbefugnisse, zugleich aber auch mehr Einfluss und Verantwortung verschaffen wird. Die Bezirksvertretung Lindenthal hat bereits zugestimmt, dass die Zuständigkeiten von Rat und Bezirksvertretungen neu geregelt werden sollen. In Ehrenfeld steht das Thema am 12. Juni auf der Tagesordnung. Der Rat trifft die endgültige Entscheidung. Ob das in der Sitzung am 11. Juli vor der Sommerpause geschieht, ist noch unklar. Fest steht, dass die Bezirksvertretung Ehrenfeld – wie andere Bezirksvertretungen auch – einige Ergänzungen eingefügt haben möchte. Die wichtigsten Fragen im Überblick: Um was geht es in der Zuständigkeitsordnung? Es soll eine klarere Abgrenzung geben, welche Entscheidungskompetenzen über öffentliche Ausgaben der Rat und seine Ausschüsse haben und welche die Bezirksvertretungen. Eine der wichtigsten Änderungen ist das Rückholrecht. Damit können Angelegenheiten, die aufgrund vergleichsweise geringer Kosten eigentlich von der Verwaltung erledigt werden, ohne dass die Politik beteiligt ist – beispielsweise Markierungen auf Straßen – in politischen Gremien behandelt werden. Wollen die Bezirksvertretungen nur mehr Geld zum Ausgeben? Es gibt bereits den Etat „Bezirksorientierte Mittel“, mit dem die Stadtteilpolitiker über rund 100 000 Euro pro Jahr frei verfügen können. Davon werden meist soziale, kulturelle und sportliche Veranstaltungen gefördert. Den Stadtteilpolitikern geht es nicht um eine Erhöhung dieser Mittel. Mit der Neufassung der Zuständigkeitsordnung wollen die Bezirksvertreter eigenständig über Geldausgaben entscheiden – etwa die Sanierung eines Platzes oder einer Straße, die nur Bedeutung für den Bezirk hat. Sie werden künftig aber auch entscheiden können, ob zu bestimmten Projekten Bürgerbeteiligungen durchgeführt werden sollen. Warum ist eine Neufassung notwendig? Sie wird schon seit 2012 von den Bezirksvertretungen gefordert. „Es geht um die Umsetzung geltenden Rechts“, betont in diesem Zusammenhang der Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges immer wieder. Laut Gemeindeordnung ist eine Bezirksvertretung in allen Angelegenheiten zuständig, deren Bedeutung nicht wesentlich über den Bezirk hinaus geht. In Köln ist es dagegen bislang üblich, dass die Zuständigkeit abhängig davon gemacht wird, wie teuer die Angelegenheit ist, über die entschieden werden soll. Diese sogenannte Wertgrenze soll künftig entfallen. Wer hat den neuen Entwurf zur Zuständigkeitsordnung verfasst? Dazu hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker eine Kommission einberufen. Ihr gehören die Geschäftsführer der im Hauptausschuss stimmberechtigten Ratsfraktionen an, die Sprecher der Bezirksbürgermeister, fünf Vertreter aus den Bezirksvertretungen und Vertreter der Verwaltung. Gegenüber der alten Fassung wurden an vielen Stellen redaktionelle Änderungen vorgenommen. Es sind aber auch mehrere neue bezirkliche Kompetenzen aufgenommen worden. Wer entscheidet, welche Straße oder welche öffentliche Einrichtung nur bezirkliche Bedeutung hat? Das ist eine der ganz brisanten Fragen. Dazu hat die Kommission einen Abgrenzungskatalog erarbeite, der im Entwurf vorliegt. Bundes- Landes und Kreisstraßen sollen zum Beispiel laut der Vorlage der Verwaltung nicht in die alleinige Zuständigkeit einer Bezirksvertretung fallen. Im Falle der Venloer Straße (Bundesstraße 59) sieht der Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges das jedoch anders. Er will, dass künftig die Ehrenfelder Bezirksvertreter über die Venloer Straße im Abschnitt zwischen Militärringstraße und Innere Kanalstraße allein entscheiden dürfen. Lediglich der Inneren Kanalstraße, dem Gürtel und der Militärringstraße gesteht Wirges eine über den Bezirk hinausgehende Bedeutung zu. Auch die Lindenthaler pochen darauf, künftig selbst über Straßen entscheiden zu können, die eindeutig zum Bezirk gehören, wie beispielsweise die Sülzburgstraße. Sie erhoffen sich dadurch schnellere Umsetzungen, wenn der Umweg über den Verkehrsausschuss des Rates entfällt. So könnte zum Beispiel schneller und unkomplizierter Tempo-30-Zonen oder Fahrradstraßen eingerichtet werden. Geht es nur um die Gestaltung von Straßen und Plätzen? Nein. Auch in der Frage, ab wann eine Schule in ihrer Bedeutung wesentlich über den Bezirk hinaus geht und welche nicht, vertritt der Ehrenfelder Wirges eine abweichende Meinung. Er möchte bei Gymnasien und Gesamtschulen mit mindestens der Hälfte an Schülern aus dem Stadtbezirk ein Entscheidungsrecht für die Bezirksvertretung haben. Ähnliche Auffassungen vertritt die Lindenthaler Bezirksvertretung. „Es wäre schön, wenn wir auch darüber entscheiden könnten, wo eine neue Schule entstehen soll“, sagt Lindenthals Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker. „Da uns selbst aber keine Grundstücke gehören, müssen wir das immer mit dem Liegenschaftsamt abstimmen.“ Was geschieht mit den Wünschen und Ergänzungsvorschlägen aus den einzelnen Beuzirksvertretungen zum Abgrenzungskatalog? Sie sollen nach und nach als Ergänzungen hinzugefügt werden. Die Verwaltung sowie die Kommission wollen die Liste aber ebenfalls noch abstimmen, bevor sie zusammen mit der Zuständigkeitsordnung auf den Internetseiten der Stadt veröffentlicht wird. Wann wird der Prozess abgeschlossen sein? Das wird noch mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen. Ob der Rat tatsächlich vor der Sommerpause beschließt, ist noch offen, Sobald seine Entscheidung feststeht und die neue Zuständigkeitsordnung in Kraft ist, beginnt eine einjährige Evaluierungsphase. Es soll ein Erfahrungsbericht über die Auswirkungen der neuen Zuständigkeitsordnung erstellt werden. Unter anderem soll dabei berücksichtigt werden, ob und wieviel zusätzlichen Aufwand sie für die Verwaltung bringt, ob sich Entscheidungen dadurch verzögern und ob in den Bezirksvertretungen länger und mehr diskutiert wird. Was sagen die Bezirksbürgermeister dazu, das künftig mehr Arbeit aus sie zukommen würde? Helga Blömer-Frerker (CDU) sieht zunächst nur „einen ersten Schritt in die richtige Richtung“. Es warte noch viel Arbeit bis zur endgültigen Fassung. Darauf freue sie sich, denn es sei lohnenswert. Ihr Ehrenfelder Kollege Josef Wirges (SPD) sieht mehr Verantwortung und auch mehr Arbeit auf jeden einzelnen Bezirksvertreter zukommen. Das politische Amt üben sie nebenberuflich aus. Als Aufwandsentschädigung gibt es nur ein geringes Sitzungsentgelt. „Das muss dann auch jedem klar sein.“ Aber es sei der richtige Weg, auch im Hinblick auf den Prozess für eine bessere Beteiligungskultur für den Bürger. Nach wie vor ist Wirges jedoch überzeugt, dass ein hauptamtlicher Bezirksbürgermeister samt persönlichem Referenten die logische Konsequenz sein müsse. Immerhin liege die Einwohnerzahl in nahezu allen Bezirken jeweils deutlich über 100 000 Bürgerinnen und Bürger....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta