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Biedermann hofft auf «das bestmögliche Rennen»

Die Weltmeisterschaft in Kasan ist die fünfte Langbahn-WM für Paul Biedermann. Fhoto: Martin Schutt Foto: Martin Schutt

Medaillenprognosen sind weiter nichts für Paul Biedermann. Er will «versuchen, das bestmögliche Rennen zu schwimmen», sagte der Weltjahresbeste über 200 Meter Freistil vor dem Beginn der Beckenwettbewerbe bei der Schwimm-WM in Kasan am 2. August.

Der 28-Jährige spricht im Interview der Deutschen Presse-Agentur über seine Anfänge, den Neubeginn im deutschen Schwimmen und berufliche Perspektiven im heimischen Halle/Saale nach dem olympischen Schlusspunkt in Rio 2016.

Kasan wird Ihre fünfte Langbahn-WM sein. Wie ist Ihnen Ihr erster WM-Moment 2005 in Montreal in Erinnerung geblieben?

Paul Biedermann:Ich war eigentlich sehr aufgeregt. Montreal war doch ziemlich weit weg. Mein Vater war da und mein Opa. Ich hatte noch viel zu lernen, meine ersten Einsätze waren nicht ganz so berauschend (Plätze 18, 20 und 21, Anmerkung). Aber insgesamt war es ein sehr schönes erstes Erlebnis mit der Nationalmannschaft.

Wenn Sie jeder WM eine Überschrift geben müssen, was wäre die für 2005 in Montreal?

Biedermann:Erfahrung sammeln.

2007 in Melbourne?

Biedermann:Schon die ersten Schritte machen, weil ich ins Finale über 200 Meter Kraul kam und Peter van den Hoogenband schwimmen sah.

2009 dann Doppel-Weltmeister mit Weltrekord in Rom...

Biedermann:Unerwartet, aber schön. Ich würde es die besonders schöne WM nennen.

2011 in Schanghai?

Biedermann:Das bronzene Zeitalter, weil ich dreimal Dritter geworden bin. Im Nachhinein konnte ich schon zufrieden sein, auch wenn ich es ersten Moment nicht richtig zeigen konnte. Mit der WM vorher wurde ich mit anderen Maßstäben gemessen. Rückblickend waren diese dritten Plätze 2011 genau richtig.

Und welche Überschrift könnte Kazan bekommen?

Biedermann:Das werde ich erst danach erfahren. (lacht)

Was sind denn die Ziele für die WM in Kasan?

Biedermann:Das bestmögliche Rennen zu schwimmen. (grinst)

Und etwas konkreter? Lassen Sie sich diesmal auf eine Medaillenprognose festnageln?

Biedermann:Soweit ich weiß, habe ich so etwas noch nie gemacht. Ich will dorthin fahren, versuchen, das bestmögliche Rennen zu schwimmen und dann hoffentlich zufrieden sein mit dem, was ich geleistet habe. Und wenn nicht, dann werde ich es sagen.

Bei der DM im April haben Sie die weiterhin gültige Weltjahresbestzeit über 200 Meter Freistil aufgestellt. Was bedeutet das, als Schnellster nach Kasan zu reisen?

Biedermann:Persönlich gar nichts, da gebe ich nichts drauf. Ich bin einfach nur gespannt auf die WM-Rennen. Alles andere vorher ist Standortbestimmung für den Moment.

Ist es tatsächlich die letzte WM oder könnte es nach Olympia 2016 in Rio doch noch weitergehen?

Biedermann:Man soll ja eigentlich niemals nie sagen, aber momentan ist der Plan klar, dass ich nach den Olympischen Spielen meine Karriere beenden möchte.

Wie geht’s danach weiter? Haben sich die beruflichen Perspektiven konkretisiert?

Biedermann:Momentan hab ich Angebote, im Sport zu bleiben, eine Funktionärsstelle, auch wenn ich das Wort nicht so gerne höre. Etwas, bei dem ich dem Sport in Halle und Umgebung mit eigenen Ideen unter die Arme greifen kann und versuchen kann, die Bedingungen noch zu verbessern. Die Möglichkeiten im Sport zu bleiben sind schon da. Das freut mich. Es ist eine Entlastung zu wissen, man steht danach nicht vor dem Nichts.

Wäre eine Funktionärs-Karriere im Deutschen Schwimm-Verband nichts für Sie?

Biedermann:: (lacht) Man soll ja niemals nie sagen, aber das ist eher unwahrscheinlich.

Einige Ihrer Gegner, wie die Weltmeister Park aus Südkorea oder Sun Yang aus China wurden positiv getestet. Im WM-Gastgeberland Russland häuften sich Dopingfälle. Macht das wütend, gegen solche Konkurrenz zu schwimmen?

Biedermann:Ich kann es nicht beeinflussen, ich kann nur mich selbst beeinflussen und auf mich achtgeben. Ich werde im Monat mindestens einmal bis zweimal kontrolliert, halte mich an die Anti-Doping-Richtlinien. Bei solchen Sachen muss man erstmal auf sich selber gucken. Ich bin keiner, der über andere urteilt. Natürlich ist es nicht schön, so etwas zu lesen, aber deswegen werde ich keinen vorverurteilen.

Ein Jahr vor Olympia, wo steht das deutsche Schwimmen?

Biedermann:Ich denke, wir befinden uns wieder auf einem guten Weg. Wir haben auch im Nachwuchs einige Talente, die noch etwas Zeit brauchen. Ich denke wir sind vorangekommen. Letztendlich kann man das erst nach den Olympischen Spielen beurteilen.

Ist Marco Koch der deutsche WM-Medaillenkandidat Nummer eins?

Biedermann:Marco sollte man natürlich auf jeden Fall auf der Rechnung haben. Welch konstante Leistung er bei Wettkämpfen auf Weltniveau bringt, das ist schon beachtlich, da ziehe ich meinen Hut vor. Auch Franziska Hentke, das ist superbeachtlich. Ein bisschen habe ich das bei ihr erhofft, man wusste sie ist absolut trainingsfleißig. Jetzt hat sie sich belohnt, das freut mich sehr.

Was war die Motivation als kleines Kind, mit dem Schwimmen zu beginnen?

Biedermann:Es hat einfach Spaß gemacht, mit Freunden nach dem Seepferdchen ist man nach der Grundschule einfach schwimmen gegangen und ist dabei geblieben. Mit dem Wechsel zur Sportschule habe ich mich für Schwimmen als Leistungssport entschieden.

Wer wird in Kasan dabei sein? Familie, die Freundin Britta Steffen?

Biedermann:Es wird diesmal niemand dabei sein.

Paul also quasi allein gegen den Rest der Welt?

Biedermann:: (lacht) Naja, mein Trainer ist ja auch dabei. Es ist natürlich immer schön, wenn die Familie dabei ist, aber diesmal hat es eben leider nicht geklappt. Das ist aber auch nicht so schlimm.

ZUR PERSON:Paul Biedermann (28) ist seit Jahren einer der wenigen deutschen Weltklasseschwimmer. 2009 gelangen ihm im Wunderanzug Weltrekorde und der Sieg über Michael Phelps bei der WM in Rom. Es folgten EM-Titel, nur eine Olympia-Medaille fehlt. Seit 2010 ist Biedermann mit Olympiasiegerin Britta Steffen liiert. Das Paar lebt in Halle/Saale.

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