Werbung

Bild-Reporter ärgert sich über Journalistenverband: "Sie fallen uns in den Rücken"

Viele westliche Medien haben sich entschlossen, nicht mehr aus Russland zu berichten. Ein Bild-Chefreporter ist noch dort und kritisiert den Journalistenverband.

Es wird leerer im Moskauer Presseraum: Viele Medien ziehen ihre Korrespondenten aus Russland ab.
Es wird leerer im Moskauer Presseraum: Viele Medien ziehen ihre Korrespondenten aus Russland ab. (Bild: REUTERS/Maxim Shemetov)

Nach und nach haben in den letzten zwei Wochen seit Beginn des Ukraine-Krieges deutsche Medien ihre Journalisten aus Russland zurück geholt. Es ist ein Zeichen des Protests gegen die Einschränkungen der Pressefreiheit und dient auch dem Schutz der Reporter, denen unter einem neuen Gesetz sogar Haft droht. Zuletzt zogen auch ARD und ZDF ihre KorrespondentInnen aus Moskau ab. Doch es gibt auch Kritik an diesen Entscheidungen und die kommt vor allem von denen, die noch aus Russland berichten.

Russland-Berichterstattung erheblich eingeschränkt

Bild-Chefreporter Peter Tiede ist nach wie vor in der russischen Hauptstadt Moskau. In einem Live-Video berichtete er von den Auswirkungen der internationalen Sanktionen in Moskau und machte auch seinem Ärger Luft. "Wir können berichten, aber stark eingeschränkt", so Tiede. Es werde genau beobachtet, was gesendet werde. Hintergrund ist das kürzlich erlassene russische Gesetz gegen die Verbreitung von sogenannten "Fake News" in Bezug auf die russische Armee und insbesondere den Ukraine-Krieg. So darf der Konflikt zum Beispiel nicht als Invasion oder Krieg bezeichnet werden, sondern lediglich als "militärische Sonderoperation".

Lesen Sie auch: Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Deshalb sei es auch unmöglich, über die Situation in der Ukraine aus russischer Perspektive zu berichten. Tiede hält es dennoch für richtig, weiter aus Russland zu arbeiten. "Wir können über die politische Lage im Land berichten, wir können uns frei im Land bewegen, außerhalb der militärischen Sperrbezirke. Ich bin der Meinung, dies ist ein historischer Moment," stellte Tiede klar. Den müsse man beobachten und deshalb habe er mit seinem Kameramann, wie auch einige andere Journalistenkollegen, entschieden, vor Ort zu bleiben.

"Schlag ins Gesicht"

Dann aber schickte der Chefreporter ein paar scharfe kritische Worte in Richtung Deutschland. Er habe sich sehr über den Deutschen Journalistenverband (DJV) geärgert. Der Verband hatte alle deutschen Journalisten aufgefordert, Russland zu verlassen. Das sei für ihn "ein absolutes Unding", so Tiede. Auch auf Twitter reagierte Tiede auf den Post des DJV. "Sie fallen uns in Moskau in den Rücken", schrieb der Reporter dort. Der Aufruf sei ein "Schlag ins Gesicht derer, die wie ich, nach Abwägung beschlossen zu bleiben."

Gegenüber der Moderatorin im Studio sagte Tiede bei Bild-Live, so würden er und andere Kollegen als Hasardeure dargestellt, die unkalkulierbare Risiken eingehen. "Das ist ausdrücklich nicht der Fall", betonte der Bild-Reporter. Die Entscheidung, weiter aus Russland zu berichten, sei nach sorgsamer Abwägung gefallen. "Wir haben eine Berichtspflicht und wollen aus eigenem Augenschein berichten", sagte Tiede zum Abschluss der Live-Schalte. Auch wenn er einräumte, die äußeren vom Kreml vorgegebenen Einschränkungen hätten mit Pressefreiheit nicht mehr viel zu tun.

Warnung des Auswärtigen Amtes

Neben dem DJV hatte auch das Auswärtige Amt Journalisten ausdrücklich zur Vorsicht geraten. "Auch private Äußerungen in sozialen Medien können nach diesem neuen Gesetz in der Russischen Föderation mit unberechenbaren persönlichen Risiken verbunden sein", warnt die Bundesregierung in nach dem neuen Mediengesetz aktualisierten Sicherheitshinweisen von Samstag. "Es wird zu äußerster Zurückhaltung oder alternativ zur Ausreise geraten." Am Wochenende verkündeten dann die öffentlich rechtlichen Sender, dass sie die Berichterstattung aus Moskau vorübergehend ausgesetzt hätten. Auch andere renommierte internationale Medien wie die britische BBC, der US-Sender CNN oder die spanische Zeitung El País berichteten nach dem neuen Gesetz vorerst nicht mehr aus Russland. Bei der BBC scheint man aber umzudenken. Der Sender verkündete, nun doch weiter Journalisten in Russland für die Berichterstattung zu behalten.

Im Video: EU verschärft wegen Ukraine-Kriegs Sanktionen gegen Russland und Belarus