Bizarr, böse, komisch: Warum Sie Staffel zwei der Krimiserie "Professor T." nicht verpassen sollten

Professor T. (Matthias Matschke), Daniel Winter (Andreas Helgi Schmid) und Anneliese Deckert (Lucie Heinze) Foto: ZDF/ Martin Rottenkolber
Professor T. (Matthias Matschke), Daniel Winter (Andreas Helgi Schmid) und Anneliese Deckert (Lucie Heinze) Foto: ZDF/ Martin Rottenkolber

Normalerweise läuft am Freitagabend im Zweiten Dutzendware aus der ZDF-Krimi-Fließbandproduktion. Serien, wie „Der Alte” oder „Letzte Spur Berlin” – lieblos inszenierte Stoffe, die dem kategorischen Imperativ öffentlich-rechtlicher Fernsehunterhaltung folgen: Überfordere nie deine Zuschauer!

Dabei sind die Hauptdarsteller richtig gut. Die Langeweile resultiert aus lieblosen Drehbüchern, die meist nach Schema “F” funktionieren und zwar so, dass erfahrene Krimigucker in der Regel nach einer viertel Stunde den Täter kennen. Deshalb war es ein großer Schritt für das ZDF die zweite Staffel der sympathisch-schrägen Krimireihe „Professor T.” (in der Hauptrolle Matthias Matschke) in die bislang ebenso langweilige, wie prestigeträchtige Primetime am Beginn des Wochenendes zu legen. Gestern flimmerte Folge drei der vierteiligen Serie über die Mattscheibe: „Die Blutspur”.

Die Story

Der als vermisst gemeldete Brauereibesitzer Lothar Pilhau wird erhängt aufgefunden. Professor T. hält die Entführung für eine Inszenierung des Egozentrikers. Dafür sprechen Unmengen von Pilhaus Blut, die nach seinem Verschwinden sichergestellt wurden, obwohl der Leichnam keine Wunden aufweist. Zudem hatte Pilhau erst kürzlich die Brauerei an seine beiden Söhne überschrieben.

T. lernt eine Familie kennen, die von unfassbarem Hass auf ihr Familienoberhaupt erfüllt ist, genährt durch den letzten Clou des Alten: das Hinterlassen einer bankrotten Firma. Doch so verhasst er bei seinen engsten Verwandten war, so geschätzt war der Brauereibesitzer bei seinen Angestellten. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, als T. im Aufzug des Polizeipräsidiums steckenbleibt. Abgeschirmt von der Außenwelt und mithilfe der mit ihm festsitzenden Psychologin Josephine Delius “seziert” er das Umfeld des Toten und nähert sich durch analytische Präzision peu à peu dem Täter. Das ist kein großes Kino, aber ein packendes Kammerspiel, das vor allem von der Hauptfigur lebt.

Die Hauptfigur

Schauspieler Matthias Matschke – unter anderem bekannt als Satiriker in der „heute show” – verkörpert perfekt den schwer misanthropischen Professor Jasper Thalheim mit einer feinen Komik, die nie ins Lächerliche abdriftet. In der gestrigen Folge zwingt Thalheim seine Studenten in der Vorlesung das von ihm verfasste Lehrbuch in hohem Bogen nach vorne zu werfen. Die Studis sollen ihren Verstand benutzen und nicht sklavisch an seinen Lehrsätzen hängen.

Das versucht er auch den Kommissaren Anneliese Deckert (Lucie Heinze) und Daniel Winter (Helgi Schmid) zu vermitteln. Die beiden tapsen sympathisch-hilflos durch ihren Fall, während Jasper Thalheim seine Umgebung mit bösartigen Beleidigungen traktiert. „Ich habe mir sein Verhalten aus vielen, teilweise bis in die Schulzeit zurückliegenden Begegnungen mit ähnlichen Menschen ‘zusammengeklaut'”, zitiert das ZDF Hauptdarsteller Matschke. „In Professor T. stecken drei Personen aus meinen wirklichen Leben. Ich will nur so viel verraten: Auch Lehrer können absolute Autoritätspersonen sein – gehässig, die eigene Macht ausnutzend.”

Sicher: Mit Blick auf Dramaturgie, Komplexität und Bildsprache ist „Professor T.” noch meilenweit entfernt von vergleichbaren US-Krimiserien, wie dem derzeit auf Amazon Prime ausgestrahlten Mehrteiler „Bosch”, in dem ebenfalls ein schrullig-schweigsamer Einzelgänger Morde aufklärt. Aber seien wir froh, dass sich das ZDF traut, uns zumindest zeitweise etwas anderes, als den üblichen Krimi-Einheitsbrei zu servieren. Selbst wenn „Professor T.” – auch das muss man wissen – kein Ergebnis einheimischer Kreativität, sondern die Adaption einer belgischen Serie ist.

Kommenden Freitag läuft 20.15 Uhr die vorerst letzte Folge von „Professor T.” Wer die ersten drei Episoden verpasst hat, kann diese in der ZDF-Mediathek anschauen.