Bizarrer Streit zwischen Polizei und “Kartoffelotto” – und was Jan Böhmermann damit zu tun hat
Auf Twitter ist ein absurder Streit entbrannt. Die Beteiligten: die Dortmunder Polizei, Jan Böhmermann und der Twitter-Nutzer Kartoffelotto. Erst eine üppige Kartoffelspende konnte die Gemüter beruhigen.
Das war passiert: Ende September waren etwa 100 Neonazis und Rechtsextreme skandierend durch die Straßen Dortmunds gezogen. Der Polizei wurde nach dem Aufmarsch unter anderem vorgeworfen, mit zu wenig Einsatzkräften vor Ort gewesen zu sein. Der Twitter-User Kartoffelotto hat das einige Tage später zum Anlass genommen, sich bei der Polizei zu beschweren. Der Grund: Im Vergleich zur rechtsextremen Demonstration waren beim Bundesligaspiel von Borussia Dortmund gegen den 1. FC Nürnberg seiner Meinung nach zu viele Einsatzkräfte eingeteilt.
Hallo @polizei_nrw_do heute sind dann wieder Kapazitäten frei? Denkt denn niemand an die Überstunden? Ihr seid ein absolut lachhafter Haufen…. #BVBFCN
— Kartoffelotto (@erdapfelotto) September 26, 2018
Der Überstunden-Tweet blieb für Kartoffelotto aber nicht ohne Folgen: Denn den Kommentar fanden die Beamten gar nicht lustig und drohten mit Strafverfolgung.
Sehr geehrter Herr @erdapfelotto,
Ihren Kommentar werden wir auf strafrechtliche Relevanz durch die Staatsanwaltschaft #Dortmund überprüfen lassen. Vielleicht sollten Sie Ihre Veröffentlichung überdenken.— Polizei NRW DO (@polizei_nrw_do) September 26, 2018
Nach dem Spiel hakte Kartoffelotto bei der Dortmunder Polizei noch einmal nach und wollte wissen, ob sie mit ihren Strafermittlungen schon weitergekommen seien. Den Beamten schien es durchaus ernst zu sein, wie ihre Antwort zeigt.
Lieber Herr @erdapfelotto
das formelle Verfahren wird sich so gestalten, dass wir heute eine schriftliche Anzeige vorlegen und diese zur Bearbeitung an die zuständige Dienststelle weitergeben. Danach wird die STA den Vorgang erhalten.— Polizei NRW DO (@polizei_nrw_do) September 26, 2018
Jan Böhmermann stellt sich hinter Kartoffelotto
Später schaltete sich dann auch Satiriker Jan Böhmermann mit diversen Tweets in die Diskussion ein, stellte sich hinter Kartoffelotto und brachte unter anderem das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ins Spiel.
Oh Gott: Was, wenn Herr Erdapfelotto, die Polizei Dortmund in Ausübung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung einen "lachhaften Haufen" genannt hat? Weil er evtl. den Eindruck hat, die Polizei Dortmund setze ihre Strafverfolgungsprioritäten auf geradezu irrwitzige Art?
— Jan Böhmermann 🤨🇪🇺 (@janboehm) September 27, 2018
Polizei macht ein Friedensangebot
Am nächsten Tag lenkte die Dortmunder Polizei ein: Sie luden Kartoffelotto zu einem klärenden Gespräch bei einer Tasse Kaffee ein.
Guten Morgen @erdapfelotto! Ihre Formulierung finden wir immer noch unangemessen / herabwürdigend. Aber wir haben eine Nacht darüber geschlafen. Angebot: Sie kommen auf einen Kaffee zu uns + wir reden miteinander. Auf menschlicher Ebene können wir bestimmt einiges (er-) klären.
— Polizei NRW DO (@polizei_nrw_do) September 27, 2018
Über dieses Angebot war Kartoffelotto sichtlich erleichtert.
Einen wunderschönen guten Morgen. Na wenigstens konnten Sie schlafen. Ich mache mir hier Sorgen ohne Ende….🙄 das mit dem Kaffee ist auch ne prima Idee, ich darf allerdings noch kein Auto bewegen. Können wir das auf einen anderen Tag verschieben?
— Kartoffelotto (@erdapfelotto) September 27, 2018
Nachdem sich die Beteiligten auf einen späteren Termin geeinigt hatten, kehrte scheinbar etwas Ruhe ein. Bis zum vergangenen Montag, als Kartoffelotto aus dem Urlaub zurückkam und im Briefkasten eine Vorladung der Polizei fand.
Da kommste vom Städtetrip aus London zurück und was liegt im Briefkasten? Genau, eine Vorladung der Polizei wegen Verdachts der Beleidigung…. was willste da noch zu sagen…🤷♂️
— Kartoffelotto (@erdapfelotto) October 15, 2018
Was war denn nun passiert? Hatte die Polizei plötzlich kein Interesse mehr an der Einladung zu einer Tasse Kaffee? Am Mittwoch stellten die Beamten dann klar, dass sie keinen Strafantrag gestellt hätten und das auch nicht tun würden.
Klarstellung:
Hiermit möchten wir mitteilen, dass die #Polizei #Dortmund explizit keinen Strafantrag bezüglich @erdapfelotto gestellt hat und darauf auch im Weiteren verzichten wird. (1/2)— Polizei NRW DO (@polizei_nrw_do) October 17, 2018
Herr @erdapfelotto, die Einladung zum klärenden Gespräch beim #Kaffee besteht übrigens immer noch. Wir würden uns über eine positive Rückmeldung freuen. (2/2)
— Polizei NRW DO (@polizei_nrw_do) October 17, 2018
300 Kilo Kartoffeln sollen den Streit beenden
Kartoffelotto willigte ein und machte ein ungewöhnliches Friedensangebot:
Hallo @polizei_nrw_do folgender Vorschlag: im komme vorbei und wir klären das bei nem Kaffee. Zudem bringe ich 100 kg Kartoffeln für ne gemeinnützige Einrichtung mit. Wenn ihr auch 100 gebt (nur dann), gibt Kollege @janboehm auch noch 100 (ernsthaft!) macht 300(!). Deal? https://t.co/3zRZrHTsEI
— Kartoffelotto (@erdapfelotto) October 17, 2018
Für Böhmermann eine super Idee – allerdings unter einer Bedingung:
Okay für mich. 🥔🥔🥔 Aber nur, wenn ALLE 100 Kilo stiften und danach der Quatsch zuende ist bitte. https://t.co/LwbKGzFmkv
— Jan Böhmermann 🤨🇪🇺 (@janboehm) October 17, 2018
Kartoffelspende: Mission erfüllt
Auch die Dortmunder Polizei hat den Deal angenommen. Am Donnerstag lieferten die Beamten wie versprochen 100 Kilo Kartoffeln an die Tafel Dortmund.
Mission erfüllt!
Die Dortmunder #Tafel hat gerade unsere Lieferung mit 100 Kilogramm Heidekartoffeln erhalten. Wir haben für unseren Einkauf einen Hofladen aus #Dortmund gewählt 👍 und selbstverständlich #auseigenerTasche bezahlt! @erdapfelotto @janboehm pic.twitter.com/nRU62qBv5V— Polizei NRW DO (@polizei_nrw_do) October 18, 2018
Auch Böhmermann hat sein Versprechen eingelöst und spendete eine Kartoffellieferung an die Tafel Gelsenkirchen.
Meine 100 Kilogramm aus eigener Tasche bezahlten festkochenden Bio-Kartoffeln 🥔🥔🥔 kommen per Kartoffelkurier aus dem Rheinland und erreichen am MONTAG per Kurier die Tafel Gelsenkirchen. @erdapfelotto @polizei_nrw_do
— Jan Böhmermann 🤨🇪🇺 (@janboehm) October 18, 2018
Und was ist mit Kartoffelotto? Der BVB-Fan spendete seine Kartoffeln an die Tafel Meschede. Ende gut, alles gut!
Auslieferung 100 kg feinster Sauerländer Kartoffeln an die #Tafel Meschede soeben erfolgt. Außerdem: für jeden Platz, den der @BVB am Ende der Saison vor dem @s04 landet gibts jeweils 50 kg on Top (aktuell wären es also 700 kg)😉😉 @janboehm @polizei_nrw_do pic.twitter.com/SHkoe1E4KY
— Kartoffelotto (@erdapfelotto) October 19, 2018