Augen auf! Die größten Mythen rund ums Sehen

Wer im schummrigen Licht unter der Bettdecke liest, bekommt schlechte Augen und beim Schielen bleiben die Augen stecken - wer hat diese Klassiker als Kind nicht zu hören bekommen? Über unser Sehorgan existieren unzählige Mythen und Weisheiten - manche halten sich hartnäckig und sind dabei wissenschaftlich nicht bewiesen. Andere wiederum haben ihre medizinische Berechtigung. Was ist dran an den bekannten Mythen rund ums Auge? Yahoo! Nachrichten bringt Licht ins Dunkel.

Mythos I: "Lesen im Dunkeln schadet den Augen."

Stimmt nicht pauschal. Egal ob Harry Potter, Die Drei Fragezeichen oder Der kleine Hobbit – jede Generation hat ihre Helden, die uns selbst in der Nacht unter die Bettdecke begleitet haben. Die Romane waren einfach zu spannend - da halfen auch keine Warnungen der Eltern: „Nicht mit der Taschenlampe unter der Bettdecke lesen, das schadet doch den Augen!“ Aber stimmt das überhaupt?

Fakt ist: Lesen bei schlechten Lichtverhältnissen strengt die Augen stärker an und führt zu Ermüdungserscheinungen. Nach einiger Zeit sieht man womöglich nicht mehr klar und die Buchstaben verschwimmen weil die Pupillen weiter werden. Eventuell stellt sich sogar Kopfschmerz ein. Gerötete Augen sind dabei nicht etwa ein Zeichen einer schweren Beeinträchtigung der Sehorgane sondern nur darauf zurückzuführen, dass man bei dämmrigen Licht weniger zwinkert und die Augen nicht ausreichend befeuchtet werden. Die beste Heilung für diese vorübergehenden Symptome ist Schlaf. Eine bleibende negative Auswirkung auf die Sehkraft hat Lesen im Dämmerlicht nicht.

Nur in äußerst seltenen Fällen können kleine Kinder eine Kurzsichtigkeit erleiden, wenn sie über lange Zeit hinweg die Augen in der Dunkelheit stark anstrengen. Dabei handelt es sich jedoch um absolute Ausnahmen.

Mythos II: "An den Augen kann man Sonnenbrand bekommen"

Stimmt. Dies passiert aber nicht etwa in erster Linie nach einem Tag am Strand ohne Sonnenbrille. Gefährdet sind vielmehr Wintersportler mit mangelndem Sonnenschutz. Der Grund: Das starke UV-Licht in der Höhe der Berge wird direkt vom Schnee reflektiert und gelangt ohne Schutz direkt in die Augen von Skifahrern und Snowboardern. Bei einer solchen Überdosis an UV-Licht kann es dann wirklich unangenehm werden: Die Oberfläche der Hornhaut löst sich unter starken Schmerzen ab. Zwar regeneriert sich das Auge in der Regel unter medikamentöser Behandlung nach zwei bis drei Tagen wieder, aber bleibende Schäden sind nicht ausgeschlossen.

Deshalb am Strand UND gerade beim Wintersport auf geeignete Brillen mit UV-Schutz achten. Besonders leichsinnig ist übrigens der direkte Blick in die Sonne. Hier kommt es durch die Brennkraft zu bleibenden Sehschäden an der Netzhaut!

Mythos III: "Beim Schielen bleiben die Augen stehen."

Mamas Klassiker - und falsch! Wer absichtlich schielt dreht mit den Augenmuskeln das Auge zur Seite. Die einzige Erklärung dafür, dass dabei ein Auge „stehen bleibt“, wäre das Verkrampfen eines solchen Augenmuskels. Dies ist bisher aber noch nie dokumentiert worden - auch dann nicht, wenn man beim Schielen erschreckt wird.

Schielen an sich, in der Fachsprache „Strabismus“ genannt, muss jedoch sehr ernst genommen werden. Eine solche Augenfehlstellung, die meistens auf Veranlagungen beruht, zeigt sich oft schon vor Ende des zweiten Lebensjahrs. Wichtig ist, dass Schielen früh behandelt wird, denn es ist nicht nur ein ästhetisches Problem. Ein schielendes Augen kann nämlich vom Gehirn „abgeschaltet“ werden und lernt dann nicht richtig zu sehen. Die Folge: Das Auge wird schwachsichtig.

Mythos IV: "Langes Arbeiten am PC beeinträchtigt die Augen."

Stimmt. Mehr als die Hälfte aller Deutschen arbeitet täglich am Computer und auch privat starren immer mehr Menschen über längere Zeit auf einen Computerbildschirm – sei es beim Surfen im Internet oder Spielen am PC. Die Augen werden dabei stark beansprucht. Es kommt zum sogenannten „Büroaugen-Syndrom", an dem in den letzten Jahren immer mehr Menschen erkranken.

Durch konzentriertes „Starren" auf den Monitor wird der Lidschlag, der für die Erneuerung des Tränenfilms wichtig ist, deutlich seltener. Die Folge: Die Augenoberfläche trocknet aus und es kommt zu Juckreiz, Brennen und erhöhter Lichtempfindlichkeit. Zu wenig Tränenflüssigkeit kann zudem auch die natürliche Widerstandskraft des Auges gegen Krankheitserreger herabsetzen. Im Extremfall raut sich sogar die Hornhaut auf, was oft zu längerfristigen Sehstörungen führt.

Aus diesem Grund ist seit 2008 ist die Vorsorgeuntersuchung der Augen durch eine „Bildschirmarbeitsverordnung“ zur arbeitsmedizinischen Vorsorge gesetzlich geregelt. Der Arbeitgeber ist demnach verpflichtet, seinen Beschäftigten die Vorsorgeuntersuchung bei Tätigkeiten an Bildschirmgeräten anzubieten.

Mythos V: "Das Auge isst mit"

Stimmt. Natürlich ist das Auge nicht Teil des Verdauungstraktes und kann auch keine Nahrung verwerten. Trotzdem spielt es bei der Nahrungsaufnahme eine wichtige Rolle. Sprichwörter wie „Das Auge isst mit“ oder „Die Augen waren größer als der Magen“ haben deswegen ihre Berechtigung. Grund dafür ist ein appetitanregendes Hormon namens „Ghrelin“.

Das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München hat in einer Versuchsreihe gezeigt, dass das Hormon Ghrelin durch optische Reize verstärkt ausgeschüttet wird. Alleine schon Bilder von Speisen genügen, um eine Versuchung zum Schlemmen zu erzeugen – auch dann, wenn man eigentlich gar keinen Hunger hat.

Autor: Felix Gussone