Kranke Zähne, kranker Mensch: Wenn Parodontitis das Herz erreicht

Mehr als 600 verschiedene Bakterienarten leben in unserem Mund. Auch wenn die meisten von ihnen harmlos und sogar nützlich sind, gibt es einige, die bei mangelnder Mundhygiene äußerst aggressiv werden können. Die Keime greifen den Zahnhalteapparat an und sorgen für die Entstehung der „Parodontitis". Und die ist nicht nur auf den Mund beschränkt, sondern erhöht auch das Risiko für einen Herzinfarkt, Schlaganfall und Frühgeburten. Kranke Zähne, kranker Mensch? Yahoo! Nachrichten klärt die wichtigsten Zusammenhänge

Die Parodontitis ist eine bakterielle Entzündung des Zahnhalteapparats. Was viele nicht wissen: Parodontitis ist, wie auch Karies, eine Infektionskrankheit. Das heißt, die Parodontitis-Bakterien werden auch von Mensch zu Mensch übertragen. Bei zusätzlich schlechter Mundhygiene können sich die Keime dann ungebremst vermehren - auf Zahnbelägen, Zahnstein und vor allem in Zahnfleischtaschen. Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie sagt daher: „Ohne Zahnbelag keine Erkrankung!"

So können Sie Parodontitis erkennen

Oft beginnt es schleichend: Beim Zähneputzen oder Beißen in einen harten Apfel blutet das Zahnfleisch, es ist verdickt oder gerötet. Schmerzen fühlt man anfangs fast nie. Wenn Sie dann auch noch dauerhaften Mundgeruch, einen Rückgang des Zahnfleisches oder sogar lockere Zähne bemerken, dann deutet viel auf eine Parodontitis hin.

Kranke Zähne, kranker Mensch

Die Parodontitis ist neben Karies die häufigste Ursache für frühzeitigen Zahnverlust. Das ist schlimm genug. Besonders tückisch sind aber die negativen Auswirkungen auf den gesamten Körper: Parodontitisbakterien können nämlich über das entzündete Zahnfleisch in den Blutkreislauf gelangen und so an anderen Stellen des Körpers schweren Schaden anrichten!

Parodontitis geht auf's Herz

Der Zusammenhang zwischen Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist wissenschaftlich belegt. Die Wissenschaftlerin Emily Zu-Yin Chen aus Taipeh berichtete auf einem Kongress der American Heart Association, dass Parodontitis das Risiko für Herzinfarkte erhöht. Eine besondere Rolle spielt dabei der Zahnstein, der die Parodontitis stark begünstig. Die Studie der Wissenschaftlerin machte dies deutlich : Je regelmäßiger die Zahnstein-Entfernung, desto seltener erkrankten die Teilnehmer an einem Herzinfarkt. Das Risiko für einen Hirnschlag sank bei jährlicher Zahnstein-Entfernung um 13 Prozent und das für einen Herzinfarkt sogar um 24 Prozent.

Und das Schlaganfallrisiko?

Auch beim Schlaganfall scheint Parodontitis eine Rolle zu spielen. Der Parodontologe Prof. James Deschner aus Bonn hat in seiner Studie Indizien dafür gefunden, dass Parodontitis-Patienten ein 2,8-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko haben als andere. Vor allem bei Männern unter 60 Jahren ist die Parodontitis offenbar mögliche Ursache für einen Schlaganfall.

Von den Zähnen zum Herzen - wie kann das sein?

Wie kann sich eine Entzündung in einem eng begrenzten Gebiet wie dem Mund auf den weit entfernten Herzmuskel auswirken? Dafür gibt es zwei Erklärungen: Erstens können die Bakterien über kleine Verletzungen im entzündeten Zahnfleisch (z.B. beim Zähneputzen) in die Blutwege und dadurch auch in andere Bereichen des Körpers gelangen. Parodontitis-Keime wurden bereits in Plaques der Hals- und Herzarterien und in der Hauptschlagader nachgewiesen.

Zweitens schüttet der Körper bei einer Parodontitis Entzündungsstoffe aus, die im Körper (z.B. in Herzarterien) eine Immun- und Entzündungsreaktion auslösen. Parodontitis bringt also das Immunsystem des Körpers dazu, sich selbst zu schaden.

Vorsicht in der Schwangerschaft!

Die Deutsche Parodontose-Hilfe e.V. fordert schon bei der Familienplanung an die Zahngesundheit zu denken — aus gutem Grund: Parodontitis steigert das Risiko von Frühgeburten!

Mediziner von der University of Pennsylvania haben in einer Studie gezeigt, dass Frauen mit Parodontitis drei mal häufiger Frühgeburten erleiden als zahngesunde Schwangere. Auch hier erklärt man sich dies durch Bakterienwanderung und Entzündungsbotenstoffe, die in der Gebärmutter möglicherweise eine Reaktion auslösen. Die Folge: Vorzeitige Wehentätigkeit und Platzen der Fruchtblase.

Der Zahnarzt hilft weiter

Am besten ist es, man lässt es durch ausreichende Mundhygiene gar nicht erst zur Parodontitis kommen. Aber auch eine bestehende Parodontitis kann durch eine professionelle Behandlung oft zum Stillstand gebracht werden. Grundlage ist zunächst die Beseitigung der verursachenden bakteriellen Plaque. Weitere Informationen gibt Ihnen gerne der behandelnde Zahnarzt.