Florian Langenscheidt - "Das Leben ist eine Ausmalvorlage"

Florian Langenscheidt ist gerade viel unterwegs. Lesung, Pressetermin, Interview: Sein neues Buch „Langenscheidts Handbuch zum Glück“ will promotet werden. Aber nicht einmal dieser Stress kann dem 57-Jährigen, der sich schon seit der Studienzeit mit dem Thema Lebenszufriedenheit auseinandersetzte, die Laune vermiesen: „Alles, was geschieht, hat das Potential, sowohl zu Glück als auch zu Unglück zu führen. Das gilt auch für Stress – und mich beflügelt er.“ Im Gespräch mit Yahoo! Nachrichten verriet der Autor und Verleger aber noch mehr Geheimnisse seiner guten Laune.


Herr Langenscheidt, sind Sie glücklich?



Florian Langenscheidt: Auf einer Glücksskala von 1 bis 10 würde ich mich bei 9,8 einordnen. Ich habe gerade geheiratet, wundervolle Kinder, einen spannenden Beruf. Das alles macht mich zu einem rundum zufriedenen Menschen. 

Das Glück ist das Thema ihres Lebens. Wie kam es dazu?

Es beschäftigt mich zumindest seit 35 Jahren. Angefangen hat alles während meines Philosophiestudiums in München. Damals habe ich so ziemlich alles dazu gelesen, von Platon bis Aristoteles und von Mill bis Marcuse. Wirklich befriedigt hat mich die Lektüre aber nicht: Sie kam mir so ungeerdet, so unemotional vor. Das hatte so gar nichts mit dem magischen Moment zu tun, den wir „Glück“ nennen. Deshalb habe ich mit einem Freund auch das „Institut für angewandte Glücksforschung“ gegründet: Wir haben uns z.B. in Fußgängerzonen aufgestellt und die Leute gefragt, was sie zufrieden macht.

Was haben Sie so übers Glück herausgefunden?

Dass es vor allem die kleinen, besonderen Momente sind, die glücklich machen: ein Spaziergang mit Freunden, Spielen mit den Kindern, gutes Essen. Eher unglücklich ist, wer zu hohe und unrealistische Erwartungen an sich selbst hat. Neid ist auch ein sehr zuverlässiger Glückskiller, genau wie nachtragendes Verhalten. Wer sich selbst und anderen verzeihen kann, lebt glücklicher. Oder anders gesagt: Wollen Sie lieber Recht haben oder einen schönen Tag?

Kann man so etwas Individuelles wie Glück eigentlich mit einem allgemeinen Masterplan erreichen?

Es gibt tatsächlich so viele Vorstellungen von einem glücklichen Leben wie es Menschen gibt. Bestimmte Parameter sind aber immer gleich: im Hier und Jetzt zu leben, positive Grundeinstellung, Liebe und Freundschaft.

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Können Sie sich vorstellen, dass es Menschen gibt, die nicht glücklich sein können?


Ich glaube nicht an ein Glücks-Gen, aber durchaus daran, dass es manche Menschen aufgrund ihrer Disposition schwerer haben als andere, glücklich zu werden. Und der eine oder andere kultiviert seine Melancholie oder seinen Grant ja auch. Dabei kann schon eine einfache Veränderung der eigenen Perspektive dabei helfen, das Jammertal zu verlassen. Dazu bedarf es nur Mut: Man muss seinen eigenen Weg gehen, darf sich nicht immer um Konventionen kümmern.

Laut dem jüngst wieder von der Deutschen Post veröffentlichten Glücksatlas 2012 sind die Hamburger am glücklichsten, die Essener am unglücklichsten. Was machen die Essener denn nur falsch“?

Diese regionalen Abweichungen sagen meiner Meinung nach nicht allzu viel aus. Ob nun in Essen oder Hamburg: Das Glück kann überall wohnen. Die Essener sollten sich den Umzug sparen, und das Leben lieber als Ausmalvorlage begreifen, die sie nach Lust und Laune selbst kolorieren können.

In Ihrem „Handbuch zum Glück“ kommen unter anderem Mario Adorf, Franziska van Almsick oder Veronica Ferres zu Wort. Welche prominente Einsicht zum Glück hat Sie am meisten überrascht?

Erstaunt hat mich eigentlich besonders, dass sich die Prominenten in ihren Antworten so ähnelten. Fast alle berichteten davon, dass sie besonders die Zeit mit ihren Kindern schätzen oder gern anderen Menschen helfen, so wie der Schauspieler Karlheinz Böhm, der sich für Notleidende in Äthiopien stark macht.

Waren Sie in Ihrem Leben je wirklich unglücklich?

Oh ja, während meiner Pubertät vor allem. Ich fand mich extrem unattraktiv und habe das hinter Arroganz verborgen. In solchen Momenten muss man sich wieder fangen, versuchen, trotzdem den Kopf nicht hängen zu lassen. Darin – im Trotzdem-Glücklichsein – ist der Mensch Weltmeister. Weil wir es verstehen, uns immer wieder neue Inseln des Glücks zu schaffen.

„Langenscheidts Handbuch zum Glück“, erschienen im Heyne Verlag, 19,99 Euro