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Warum es in der GroKo bald laut knallen wird

<b>Gro&szlig;e Koalition</b><br />Die Parteivorsitzenden von SPD, Sigmar Gabriel (r.), CDU, Angela Merkel, und CSU, Horst Seehofer 2013 nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages (Bild: dpa)
Große Koalition
Die Parteivorsitzenden von SPD, Sigmar Gabriel (r.), CDU, Angela Merkel, und CSU, Horst Seehofer 2013 nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages (Bild: dpa)

Nach außen hin scheint in der Großen Koalition alles ruhig zu sein. Doch der Schein trügt. Hinter den Kulissen werden gerade die Messer zum großen Showdown gewetzt.

Eine Analyse von Jan Rübel

Die Bilder sind zum Einschlafen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wandert in Südtirol, ihr Vize Sigmar Gabriel (SPD) radelt auf Usedom. Der Sturm tobt weit weg, in Griechenland oder im syrisch-türkischen Niemandsland. In Deutschland dagegen herrscht eitel Sonnenschein. Nachrichten aus der Bundesregierung ? Fehlanzeige.

Doch der Schein trügt. In Wirklichkeit durchlaufen gleich mehrere Bruchlinien das Bündnis aus CDU, CSU und SPD. Die Koalition ist fragil. Brennen gleich mehrere Lunten ab, könnte die Regierung schnell Vergangenheit sein.

Persönliche Enttäuschungen allerorten

Wo läuft es quer? SPD und CSU sind angeschlagen und innerlich von Krisen geplagt. Die CU kann zwar vor Kraft kaum laufen, muss aber auch interne Nicklichkeiten mühsam ersticken. Und dann sind da noch inhaltliche Positionen, die wie Ozeane voneinander wegliegen.

Bei der SPD will niemand den nächsten Kanzlerkandidaten stellen. Mittlerweile kommt die Einsicht: Diese Regierung mag noch so viel SPD-Programmpolitik verabschieden, alles von den SPD-Ministern im Maschinendeck des Kabinetts beackert – die Lorbeeren in den Umfragen heimst dennoch Merkel ein. Gabriel dräut, dass er bald seine eigene Spitzenkandidatur erklären muss, einfach um Verantwortung zu übernehmen. Dabei hat er gerade im Mittelbau seiner Partei wegen seiner Zickzackpolitik in Sachen Energiewende und Grexit viel an Rückhalt verloren.

Persönlich hat er mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) noch etwas auszufechten: Dieser meinte, seine Gedanken zu einem Grexit mit dem SPD-Chef abgesprochen zu haben – was dieser verneint. Schäuble selbst droht aber auch Ungemach von der CSU.

Denn die Christsozialen stören sich am Kompromiss, den Schäuble mit der SPD in Sachen Erbschaftssteuerreform ausgehandelt hat. Die CSU will noch weniger Abgaben. Da sie sich gerade fühlt wie ein angeschossenes Wild, wird sie noch mehr in Beißstimmung sein; ob Straßenmaut oder Betreuungsgeld – mit keinem Herzensanliegen kann die CSU punkten und wirkt nur noch wie der ungeliebte ferne Vetter, der am Kabinettskatzentisch Platz nimmt und sich aufs Nörgeln versteift.

Das wird bald auch Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) zu spüren kriegen. Die frei werdenden Summen aus dem vom Bundesverfassungsgericht gekippten Betreuungsgeld würde sie am liebsten in den Ausbau der Kitas und in mehr sowie besser bezahltes Personal stecken – doch die Christsozialen beharren, dass nun der Bund für ihre Mätzchen aufkommt, also Schwesig mit ihrem Etat.

Und immer wieder Schäuble. Der zeigt sich in Rauflaune. In der Griechenlandkrise konnte Merkel ihn kaum kontrollieren. Es ist nicht auszuschließen, dass er die Machtprobe mit seiner Chefin doch final suchen wird; er wird nicht vergessen haben, wie Merkel in der Spendenaffäre Anfang der Nullerjahre an ihm vorbeizog. Altersweise jedenfalls wirken seine jüngsten Auftritte nicht.

Rebellen sind wieder en Vogue

Schließlich ist die Stimmung in der CDU-Parteizentrale nicht gerade rosarot. Der Innenpolitiker Wolfgang Bosbach inszeniert sich als Gewissen der Fraktion und unterstellt dem Rest unausgesprochen, sich in Duckmäusertum gegenüber Merkel zu ergehen. Das hört mancher auch nicht gern. Die Griechenland-Krise, der Umgang mit Homosexualität und die Energiewende – in der Union gibt es gleich mehrere Baustellen, wo die Kräfte zuweilen mehr gegen- als miteinander agieren.

Und nun mal alles zusammengenommen: Kann die GroKo das alles aushalten? Sie kann. Aber wer sagt, dass alle treibenden Akteure das auch wollen? Oder dass allen bewusst sein wird, was sie gerade tun, wenn sie in ihrem Zorn die eine oder andere Lunte anzünden?

Die nahe Zukunft dieser Bundesregierung ist durchaus ungewiss. Es fehlt der Kitt. Und der Teamgeist, plötzliche Feuer gemeinsam auszutreten. Deutschland steht vor einem neuen heißen Herbst.

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