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Die AfD hat den Gipfel erreicht – nun geht es nur noch runter

Die AfD ist der Sieger der Landtagswahlenin Thüringen und Brandenburg. (Bild: dpa)

Mit Angstparolen hat die AfD bei den Landtagswahlen starke Ergebnisse erzielt. Doch der Erfolg hat keinen langen Atem – die heiße Luft wird schnell abkühlen.

Eine Wahlanalyse von Jan Rübel

Einen verräterischen Satz ließ Alexander Gauland gestern im Fernsehen los. Mit ihm offenbarte der Spitzenkandidat der AfD in Brandenburg das Repertoire seiner „Alternative für Deutschland“: Die anderen Parteien, besonders die CDU, hätten zu den Themen geschwiegen. Welche Themen? Für Gauland sind die Themen des Bundeslandes: Grenzkriminalität, Zuwanderung, Asylpolitik. Er offenbart damit das Brett vor seinem Kopf.

Die AfD ist der Sieger der Landtagswahlen vom vergangenen Sonntag. In Brandenburg haben über zwölf Prozent und in Thüringen über zehn Prozent der Wähler für die „Neu-Partei“ gestimmt. Das ist ein Erdrutschergebnis und wird die Bundespolitik ordentlich durcheinander rütteln. Vielleicht ist auch dies das Hauptmotiv der Leute, die ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben.

Mit Gedöns regiert man kein Land

Eines vorneweg: Der Wahlkampf der AfD war von Vereinfachungen und Populismen geprägt. Die Parteispitze verortet sich selbst – ein wenig abgehoben – in einer akademisch geprägten Elite des konservativ geprägten Bürgertums. Das hat mit Stammtischen und Bierdunst wenig zu tun, aber mit kaltem Kalkül haben die Herren diese Klientel mit ihren Sprüchen geprägt: Natürlich hatte die CDU recht, dass sie Zuwanderung und Asylpolitik, Islam und alte Familientraditionen im Wahlkampf nicht als „die Themen“ ausgemacht hatte, also dazu „geschwiegen“ hatte, wie Gauland es sagte. Denn schließlich verspürt sie eine Verantwortung für das Land, weiß, was wirklich bewegt: Wirtschaft, das soziale Miteinander und Umwelt. Mit Gedöns regiert man kein Land.

Dass die AfD Zuwanderung in Brandenburg und Thüringen als die Top-Themen der Agenda ausmachte, hat wenig mit der Realität zu tun. Wohl aber mit Ängsten. Die wurden bedient. Nur werden all jene, die sich diesmal für die AfD entschieden haben, auch konkrete Antworten hören wollen – und zwar bei Themen, die tatsächlich ihren Alltag berühren. Man will ja regiert werden. Und da steht die AfD vor einer neuen Aufgabe.

Nun beginnt in den Landtagen für die Protestpartei die Kärrnerarbeit. Man wird sich in Ausschüsse setzen, Akten wälzen. Krawall geht da nicht, das ist auch nicht der Stil dieser Herren. Und so wird sich die Partei einem inneren Zersetzungsprozess aussetzen: Einerseits wollen die Herren auf die feinen Sitze der Macht, denn sie sehen diese wie für sich gemacht. Andererseits kamen sie nur mit Schmuddelthemen in die Landtage – und die werden nun draußen bleiben. Was folgen wird, ist ein Spagat. Eine schlichte Entzauberung.

Der Kaiser hat keine Kleider an

Vorerst wird der Höhenflug der AfD weitergehen. Die Choreographie des politischen Systems meint es derzeit gut mit ihr: Die nächsten Landtagswahlen stehen in Bremen und in Hamburg an – dort gibt es traditionell Anfälligkeiten für rechtspopulistische und schrille Töne. Dass die AfD diese Wähler für sich gewinnen wird, ist gewiss. Aber irgendwann werden Wahlen in den großen Flächenländern folgen. Und dort ist die Leidenschaft für sachliche Wahlkämpfe größer; und damit auch das Problem für die AfD, mit ihrem recht dünnen Programm zu punkten.

Angetreten war die „Alternative für Deutschland“ als Anti-Euro-Partei. Das Thema ging ihnen von Bord. Nun retteten sie sich mit anderen Angst-Parolen. Und in Zukunft? Die übrigen Parteien sollten sich mit ihnen hinsetzen, mit ihnen reden. Man sollte sie fragen, wie sie in Deutschland Verantwortung übernehmen würden. Und der Kaiser stünde recht schnell ohne Kleider da.