Dirk Niebel leistet Entwicklungshilfe – für sich selbst

 

Vom Bundesentwicklungshilfeminister zum Lobbyisten: Dirk Niebel hat gut lachen. (Bild: dpa/Archiv)
Vom Bundesentwicklungshilfeminister zum Lobbyisten: Dirk Niebel hat gut lachen. (Bild: dpa/Archiv)


Er kletterte unaufhaltsam die Leiter der Macht nach oben. Nichts anderes will Dirk Niebel. Der FDP-Politiker wird nun Rüstungslobbyist. Irgendwie folgerichtig – und trotzdem ein Skandal.


Manche Ex-Minister werden Regierungsberater, so wie Daniel Bahr. Der FDP-Politiker erklärt im Weißen Haus in Washington D.C. europäisches Krankenversicherungswesen. Gerhart Baum, auch ein Liberaler, sorgt sich um die Verfassung und zieht zuweilen dafür vors Gericht. Andere gründen Stiftungen oder halten schlaue Vorträge.

Für Dirk Niebel ist das alles nichts. Er ist angekommen, wofür er sich womöglich am besten qualifiziert hält – der ehemalige FDP-Generalsekretär und Ex-Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung heuert beim Rüstungskonzern Rheinmetall als Lobbyist an. Für seine Mitstreiter in der FDP, die gerade mühsam an einer Renaissance der liberalen Partei werkeln, ist das ein Nackenschlag; erfüllt Niebel mit seinem Karriereschritt die Vorurteile gegenüber der unternehmerfreundlichen FDP bis in die Haarspitzen.

Ein Bulldozer wird Lobbyist

Die neue Personalie sollte indes nicht überraschen. Niebel ging es nie um politische Gestaltungsfähigkeit, es geht ihm um Macht. Sieht er sie für sich in Gefahr, wird er zum Bulldozer. Ein Lobbyist sollte zwar auf leisen Sohlen daherkommen können. Der ehemalige Zeitsoldat und Fallschirmjäger dagegen ist mehr ein Freund derber Klänge. Und er wird ja auch keine Wollsocken verkaufen, sondern Waffen. Da kann er sich jetzt austoben.

Ich erinnere mich gut an unser letztes Telefongespräch. Das war vor neun Jahren, danach hatten wir uns nicht mehr viel zu sagen. Ich hatte brisantes Material ausgewertet, welches seine Vergangenheit als Arbeitsvermittler bei der Agentur für Arbeit beleuchtete. Wir sprachen nur kurz miteinander. Nach wenigen Fragen reagierte Niebel ungehalten und legte auf. Ein Rückruf scheiterte. Niebel, damals FDP-Generalsekretär, war für mich nicht mehr zu sprechen, hieß es. Ich solle mich für eine Weile aus seinen Kreisen fern halten, bis sich sein Zorn verfliegt.

Den Blick stets auf die Zukunft gerichtet

Bezeichnend auch die Zeit danach: Niebel polterte für die Auflösung der Bundesagentur für Arbeit – und kam selbst von dort. Er forderte später die Auflösung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – bis er im Zuge des Koalitionspokers 2009 das Amt selbst übernahm und davon nicht mehr sprach. Und nun ist er angekommen. Bis vor kurzem bereiste er als Minister Länder, um sich dort für Entwicklung und Wohlstand einzusetzen. Bald wirbt er für einen Konzern, der seine Waffen in die Welt setzt; ob dies immer Entwicklung und Wohlstand beschert, darf bezweifelt werden. Aber was gehen Niebel seine Worte von gestern an? Entwicklungshilfe ist für Niebel wohl vor allem Hilfe für sich selbst.