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Ebola-Verdacht in Berlin

Polizeibeamte mit Mundschutz besprechen sich vor dem Jobcenter in Berlin. (Bild: dpa)
Polizeibeamte mit Mundschutz besprechen sich vor dem Jobcenter in Berlin. (Bild: dpa)


Ein Jobcenter in Berlin wird abgeriegelt – Verdacht auf das gefürchtete Ebola-Virus.  Ein
Großeinsatz von Feuerwehr und Polizei folgt.

Eine Reportage von Jan Rübel

In ihren Gesichtern steht die Angst geschrieben, aber auch Erleichterung. In kleinen Gruppen verlassen Menschen das Jobcenter in der Storkower Straße in Berlin-Pankow. Drei Stunden hatten sie festgesessen und gewartet – nicht auf ihren Termin beim Berufsberater, sondern darauf, dass sie dort raus können; und dass ihnen nichts Schlimmeres passiert ist. Frauen haben ihre Köpfe mit Tüchern umwickelt, Männer halten Zeitungen vors Gesicht. Um sie herum Feuerwehr und Polizei.

Um 10:46 Uhr wurde Alarm geschlagen. Eine Frau, 30, war im ersten Stock des Jobcenters zusammengebrochen, lag bewusstlos auf dem Boden. Die eintreffenden Rettungskräfte hatten sie wiederbelebt. Sie erfuhren, dass die Frau vor kurzem aus Afrika eingereist war, dass sie Schmerzen im Kopf und im Bauch hatte, an Fieber litt. Erster Verdacht: Malaria. Doch der eintreffende Notarzt konnte, wegen der ähnlichen Symptome, den Ebola-Verdacht nicht ausschließen.

Seitdem ist der achtstöckige weiße Bau, versteckt in einem Gewerbegebiet, mit rot-weißen Bändern weiträumig abgesperrt. Polizisten patrouillieren mit Atemschutzmasken aus Stoff die Straßen. Keiner kommt in den Bau.

Das Virus ist auf dem Vormarsch

Ebola ist gefährlich. Das Virus ist gerade in Westafrika auf dem Vormarsch. Die aktuelle Epidemie hat rund 1200 Menschen getötet. Am schwersten betroffen ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit hunderten Toten Liberia. Das Virus tauchte zunächst zu Jahresbeginn in Guinea, im Grenzgebiet zwischen Sierra Leone und Liberia, auf. Es hat sich inzwischen in mehreren Nachbarstaaten ausgebreitet. Der Erreger führt in vielen Fällen zum Tod. Medikamente gibt es nicht, doch steigert eine frühzeitige Behandlung die Überlebenschancen. Die WHO erklärte die Epidemie inzwischen zum Gesundheitsnotfall und ließ den Einsatz noch nicht erprobter Medikamente und Impfstoffe in den betroffenen Ländern zu. Um eine weitere Ausbreitung durch Reisende zu verhindern, bildete sie inzwischen auch eine gemeinsame Taskforce mit Luftfahrt- und Tourismusverbänden.

Ein Notarzt der Feuerwehr im Gespräch mit Kollegen der Polizei. (Bild: dpa)
Ein Notarzt der Feuerwehr im Gespräch mit Kollegen der Polizei. (Bild: dpa)


„Ich will nur noch nachhause“, sagt Sonett Gliga. Die Frau wollte im Jobcenter ein Beratergespräch führen. „Doch dann wurden alle aus den Zimmern in die Flure gerufen. Wir durften nicht umherlaufen.“ Ein Mann, sagt sie, habe versucht aus dem ersten Stock zu springen, wurde aber zurückgehalten. „Ich will schnell meine Klamotten ausziehen und duschen“, sagt sie und eilt weiter. „Ich hatte große Angst“, sagt eine Frau, die ihren Namen nicht nennen möchte. „Wir warteten und warteten. Überall die Rettungskräfte mit ihren Masken. Ich fühlte mich wie in einem Horrorfilm.“ 600 Menschen waren beim Alarm im Haus. Nur wer seine Personalien aufnehmen und sich von einem Amtsarzt untersuchen ließ, durfte schließlich heraus.

„Ein Verdachtsfall wird nicht ausgeschlossen.“

Dann tritt ein Mann aus dem Haus. Er trägt eine blaue Weste über dem weißen Hemd, auf dem Kopf etwas schief ein Helm. Stefan Poloczek, der Leitende Notarzt des Einsatzes, muss abrupt zum Tatort geeilt sein. „Die Patientin wurde in einem Krankenwagen isoliert“, sagt er. „Mittlerweile haben wir sie ins Behandlungszentrum der Charité gebracht, zusammen mit anderen Kontaktpersonen.“ Dort sollen die Checks beginnen. Denn Ebola kann nur mit einem Bluttest nachgewiesen werden. „Wir müssen jetzt klären, ob es sich um einen Verdachtsfall handelt.“ Bisher gilt: „Das kann bis jetzt nicht ausgeschlossen werden.“ Stefan Poloczek geht zu seinem Einsatzwagen. „Nun hat das Gesundheitsamt übernommen.“ Drinnen würden die Beamten noch einige Menschen untersuchen, die möglicherweise auch Kontaktpersonen der Frau sein könnten.

Der Einsatzwagen fährt los. Die Polizisten und das Absperrband bleiben. Keine 200 Meter entfernt legen sich Teenager auf ihren Skateboards in die Kurven, lachen. Und Berlin hat vielleicht gerade seinen ersten Ebola-Fall erlebt.

Eine Polizistin begleitet ein Mädchen vor die Tür des Job-Centers. (Bild: dpa)
Eine Polizistin begleitet ein Mädchen vor die Tür des Job-Centers. (Bild: dpa)