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Hans-Peter Friedrich ist reif für die Apo

Was will eigentlich Hans-Peter Friedrich? (Bild: dpa)

Der Ex-Bundesinnenminister ärgert sich über eine „Willkommenskultur“ in den Medien für Flüchtlinge. Sein Ausbruch erklärt, warum er kein Minister mehr ist.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Da hat er kräftig ausgeteilt. Eigentlich sollte sich Hans-Peter Friedrich bei einer Diskussion des Lebensmittelverbandes zur Medienberichterstattung über Lebensmittel äußern. Aber der CSU-Politiker und Unionsfraktionsvizechef im Bundestag nutzte die Gelegenheit zu einem Rundumschlag.

„Die Medien machen auf Willkommenskultur“, sagte er. Die Meinung auf der Straße, die er in Bürgergesprächen mitbekomme, weiche davon fundamental ab. „Die veröffentlichte Meinung und die öffentliche Meinungen sind 180 Grad auseinander“, fuhr er fort. „Die Presse ist dabei, bestimmte Fakten auszublenden“, warnte der frühere Bundesinnenminister. Damit machten sich die deutschen Medien unglaubwürdig. „Die Leute wollen informiert werden. Sie wollen nicht die politische Meinung eines Redakteurs, der Stimmung macht – zum Beispiel in der aktuellen Diskussion.“

Friedrich träumt von genehmeren Medien

Ein paar Fragen ergeben sich da schon. Wünscht sich Friedrich statt der „Willkommenskultur“ eine „Unwillkommenskultur“? Ich dachte immer, Journalismus als eine Art Chronistenpflicht für die Gesellschaft teilt sich in Berichterstattung und Einordnung dieser Berichte – also durch Kommentare. Beides sollte streng getrennt werden. Dieser Blog hier zum Beispiel ist ein persönlicher Kommentarplatz, an ihm schreibe ich meine subjektive Meinung. Wer sich allein durch diesen Blog informieren möchte, ist arg mangelhaft informiert.

Wenn Friedrich also nun meint, „die Presse“ sei dabei, „bestimmte Fakten auszublenden“, dann möchte er bitte konkreter werden: Was wird konkret ausgeblendet? Und von wem? Dass es viele Menschen gibt, die Bedenken gegen die Einwanderung von Flüchtlingen haben? Meines Erachtens wird darüber ausgiebig berichtet. Platz zur Meinungsäußerung gibt es auch, zum Beispiel zur Genüge in der Kommentarfunktion dieses Blogs hier unten.

Was will eigentlich Friedrich? Sollen Medien einer gewissen Meinung hinterher eilen und sie sich zu eigen machen? Als CSU-Politiker macht er es nicht anders. Die Christsozialen sehen sich als Meister darin, Volkesmeinung zu erfassen und ihre Fahnen entsprechend in den Wind zu hängen. Journalismus aber funktioniert anders. Äußern Journalisten ihre „Meinung“, sollten sie darin völlig frei sein – ohne jeglichen redaktionellen Einfluss. Nur dem eigenen Gewissen gegenüber sollten sie verpflichtet sein. Und sie sollten auf Argumente eingehen, die in der Öffentlichkeit zirkulieren.

Seine Taktik: Nebulös kritisieren und sich als Versteher stilisieren

Friedrich offenbart ein merkwürdiges Bild von Medien. Sie scheinen ihm nützlich sein zu sollen. Er sollte benennen, wo es die von ihm beklagten Informationsdefizite gibt. Ansonsten schüttet er nur Wasser auf die Mühlen jener, die meinen: Medien sind interessegesteuert. Es gibt Großkopferte, die alles vorgeben. Wichtige Wahrheiten werden unterdrückt.

Zugegeben, Friedrich hatte schon mal bessere Tage. Als CSU-Landesgruppenchef konnte er unabhängig schalten und walten. Im Amt des Bundesinnenministers agierte er unglücklich und überfordert, wurde ausgemustert. In der Edathy-Affäre musste er als Bauernopfer herhalten. Das frustiert. Vielleicht versucht er auf den Pfaden seines Chefs zu wandeln: Als Horst Seehofer 2005/2006 hinschmiss und in die innere Emigration der CSU ging, sammelte er neue Unterstützer bei den Sozialverbänden. Das Comeback geriet beachtlich. Friedrich dagegen sucht wohl die Stimmen der Unzufriedenen, der Nörgler und der Verängstigten – sieht er sich als eine Robin Hood der „Asyl-Kritiker“?

Zwar räumte er bei den Lebensmittelverbandsleuten ein, es sei Aufgabe der Gesellschaft, eine Willkommenskultur zu gewährleisten. „Doch die Politik muss Probleme aufzeigen“, forderte er. Dieser Aufgabe komme sie derzeit nicht nach. „Die Politik ist verflacht: Wir sind alle gegen Atomkraft, gegen das G36 und für offene Grenzen“, sagte er. Soso. Weil die Politik anders entscheidet als er sich wünschte, ist sie blöd. Die Politik erörtert gerade zuhauf die Probleme, welche sich durch die Flüchtlingseinwanderung ergeben. Da malt keiner rosarot drauflos.

Führt der CSUler nun die FEP ein, die Friedrichsche Einheitspartei ein? „Es könnte sein, dass in dieser Situation mal wieder eine außerparlamentarische Opposition entsteht. Dann hätten wir eine veränderte Ausgangslage“, sagte Friedrich noch. Viel Spaß dann noch, Herr Friedrich, mit Ihren neuen Freunden.

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